Circuit Bending - Die Invasion der Alien-Instrumente
Vorwort der Redaktion
Der nun folgende Beitrag von „george“ wurde ursprünglich als „Leserstory“ eingereicht, da er allerdings das Thema CIRCUIT BENDING so hervorragend zusammenfasst und beleuchtet, haben wir ihm einen Platz in der Redaktionsstrecke freigemacht. Vielen Dank „george“ für diesen Artikel.
An dieser Stelle möchten wir noch auf ein Interview mit Circuit-Bending Experten Andreas Noa verweisen, der uns 2008 Rede und Antwort stand und z. B. diesen Korg DDD5 für die Redaktion modifiziert hat.
Wer sich mal im Detail ansehen möchte, wie ein Bend Schritt für Schritt, Bild für Bild durchgeführt wird, der sieht sich unseren Workshop zum Bending einer Roland TR-606 an. HIER KLICKEN
Wir übergeben:
Alien Instrumente
Schon die Futuristen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hegten den Wunsch nach neuen Instrumenten. Mit dem Aufkommen der elektronischen Musik gab es sie zwar, die Zahl der in Serie gefertigten Geräte war jedoch überschaubar; manche wiesen auch Mängel auf – ganz zu schweigen vom hohen Anschaffungspreis. Als Ausweg galt es, selbst welche zu entwickeln oder schon vorhandene zu modifizieren.
So fing es zumindest an! Mehr als 50 Jahre später lebt die Idee immer noch. Eine stetig wachsende Gemeinde nutzt das Verbiegen von Stromkreisen zur Erlangung neuer Instrumente – dem sogenannten:
Circuit Bending
Das Circuit Bending gilt als eine aleatorische, also zufallsbasierte Kunstform, welche durch experimentelles Vorgehen zu unvorhersehbaren Resultaten führt. Als Grundlage gilt das kreative Kurzschließen von elektronischen (Musik-) Geräten, mit dem Ziel neue Klangerzeuger, sogenannte Bend Instruments zu entwerfen.
Im Gegensatz zur Entwicklung der hierzu verwendeten Ausgangsinstrumente lebt das Circuit-Bending ausschließlich vom experimentellen Verändern dieser Geräte, bedient sich also dem Trial-and-error- oder DIY- (Do-It-Yourself) Prinzip. Es gibt demnach kein festes Schaltungskonzept, wie es sonst in der Elektronik üblich ist.
Man holt aus den Geräten raus, was sich einem während des Experimentierens anbietet. Kurzgeschlossen wird mittels Drähten und Bauteilen. Letztlich werden diese dann verlötet und möglichst hübsch angebracht. Am Ende entsteht auf diese Weise z. B. aus einem Kinderkeyboard ein quietschender Synthesizer – oder vielmehr ein Bend-Instrument.
Es war einmal …
Obwohl bereits in den 1950ern ähnliche Methoden wie das Circuit Bending von Musikern und Instrumentenbauern praktiziert wurden, war es der Amerikaner Qubais Reed Ghazala, der durch seine zahlreichen Anwendungen und Veröffentlichungen diese Kunstform prägte und popularisierte. Er gilt heute allgemein als der Kultvater dieser Bewegung, gleichwohl er nicht den Anspruch erhebt, der Begründer des Circuit Bending zu sein.
Als Ghazala Ende der 1960er im Alter von 15 Jahren in seiner Schublade ein kleines defektes Transistorradio mit eingebautem Verstärker entdeckte, schraubte er dies auf, bestaunte – ohne weitere technische Kenntnisse – die simple Elektroschaltung und legte es zurück in die Schublade. Wahrscheinlich rutschte dabei zufällig ein Metallgegenstand auf die Leiterplatte des Gerätes, verursachte einen Kurzschluss und erzeugte plötzlich ungewöhnliche Klänge. Zu diesem Zeitpunkt waren Synthesizer noch sehr teuer und Reed Ghazala kannte diese nur aus Radiosendungen. Und so verstand er diesen Zufall als Gelegenheit, durch weitere Experimente mit Radioempfängern, günstigen Keyboards oder Spielzeugen selbst elektronische experimentelle Musik erzeugen zu können.
Doch diese Begeisterung teilten nicht alle. Als Ghazala in einer Kirche auftrat, um seine neue Kunstform zu präsentieren, überforderten die elektronischen Geräusche das eher konservative Publikum so sehr, dass Ghazala und seine Musikerkollegen hinausgeprügelt wurden. Sein erstes Instrument wurde hierbei vollkommen zerstört.
Ghazala war ein Autodidakt und hatte überhaupt keine Ahnung von Elektronik. Doch dies hinderte ihn nicht daran, seine sogenannten Alien-Instruments zu entwerfen. Manche dieser Instrumente werden mit Schaltern und Reglern, andere mit bloßen Händen oder gar nur dem Schatten bewegter Hände gespielt. Obwohl keines dem anderen gleicht, werden sie durch ihr gemeinsames Ziel vereint: Töne hervorzubringen, die vielleicht noch niemand gehört hat. Ghazala sagt, dass jeder Stromkreis eine Goldmine unentdeckter Klänge sei und das Betreten dieser Welt dem Besuch eines fremden Planeten gleiche (*1).
Ghazala produzierte mehrere Platten, schrieb das Buch Circuit Bending – Make your own Alien Instruments, verfasste Artikel für Magazine und schuf die Homepage www.anti-theory.com. Durch all sein Bemühen und die Eroberung des Internets wuchs das Circuit Bending in seiner Bekanntheit und ebenso die daraus entstandene Fangemeinde.
Einige seiner Instrumente sind heute in bekannten Museen, wie dem Guggenheim Museum oder Museum of Modern Art in New York zu betrachten.
Neben der Musik, Fotografie, Malerei und Softwarekunst widmet sich der Medienkünstler auch der Platzierung von Objekten in der Wildnis – Kunst, welche eher der Natur und ihren Geschöpfen als dem Menschen dient.
Kreativer Kurzschluss im DIY-Prinzip
Wie schon anfangs erwähnt, geht es beim Circuit Bending darum, elektronische Schaltkreise zu modifizieren. Als Ausgangsgerät lassen sich verschiedenste elektronische Gerätegruppen verwenden: Spielzeuge, Spielekonsolen wie z. B. ein Gameboy, Radios, Keyboards, Drumcomputer u.v.m. Hauptsache die Geräte können über Batterien betrieben werden (maximal 12 Volt), denn Sicherheit geht vor. Zudem sollten die Geräte zumindest anfänglich preiswert sein, denn ein Verlust während des Experimentierens ist nicht auszuschließen. Meist eignen sich ältere Geräte (vorwiegend aus den 1980ern), da bei modernen Geräten die Bauteile immer kleiner ausfallen, häufig weniger zugänglich sind oder auf Chips zusammengefasst werden. Auch die Digitalisierung spielt hierbei eine Rolle. Dennoch muss man sich davon nicht abschrecken lassen. Meist lässt sich in moderne Geräte einfach weniger eingreifen, womit sich die gewünschten Resultate reduzieren.
Man sollte einigermaßen mit einem Lötkolben umgehen können und simple Elektronik-Kenntnisse besitzen; gleichwohl man sich diese auch beim Experimentieren aneignen kann. Außerdem lassen sich defekte Geräte nutzen, um Lötvorgänge zu üben oder um Elektronik-Komponenten zur späteren Nutzung zu entfernen (entlöten). Demnach ist das Circuit Bending auch eine umweltfreundliche Sache, da das Prinzip entgegen der hiesigen „Wegwerfmentalität“ wirkt.
Grundsätzlich öffnet man von einem der in Frage kommenden Geräte das Gehäuse. Im Innern wird die Platine mit ihren Lötstellen und Baugruppen sichtbar. Mit Hilfe von Kabeln, Klemmen oder per Körperkontakt verbindet man spontan Lötpunkte miteinander und schaut, ob dies zu klanglichen Veränderungen führt. Gefällt einem das Ergebnis des Kurzschlusses, so kann man die Punkte miteinander verlöten und andere Bauteile, wie Schalter, Regler, Drucksensoren, Fotozellen oder ähnliches zwischenschließen, welche die Klangveränderungen dann ausführen oder regeln.
Auch wenn die Ergebnisse ohne Anleitungen, die je nach Gerät durchaus in Foren zu finden sind, nicht vorhersehbar sind, so sind sie für erfahrene Anwender generell lenkbar. Wenn mehrere solcher kreativer Schaltungsmodifikationen ausgeführt wurden, entsteht auf diese Weise aus einem klanglich eingeschränkten Gerät ein neues, individuelles Instrument. Häufig wird diesem noch ein einzigartiges Design geschenkt, sei es eine farbenprächtige Lackierung, alternative Gehäuse oder Holzseitenteile. Die ursprünglichen Funktionen der Geräte bleiben in der Regel erhalten, auch wenn der Schaltkreis verändert bzw. verbogen wurde. Wahrscheinlich würde Reed Ghazala nun sagen, man habe den Geist der Maschine befreit.
„Analoge“ Philosophie
Auch ein Schaltkreis lässt sich losgelöst, also abstrakt betrachten. Trotz zu Grunde liegender Theorien, die ihn zu dem machen, was er ist, kann er als Eingebung dienen, ähnlich wie es die Klaviatur eines Pianos tut. Obwohl wir in Schulen häufig nur lernen, die Dinge hinzunehmen und nachzuahmen, lebt Neu-Entdecktes doch meist vom Pioniergeist. Und was wäre dieser ohne das Unvorhergesehene, ohne die Unschuld kindlicher Neugier? Es bedarf eines Spielraums als Nährboden daraus erfolgender Kreativität.
Der amerikanische Komponist und DIY-Verfechter Nickolas Collins, bekannt durch seine Workshops und sein Buch Handmade Electronic Music, sagte mal, dass seine Kursteilnehmer die Dinge oft so „falsch“ machen, dass ein Ingenieur nie auf deren Ideen kommen würde (*2). Der Schweizer Musiker Norbert Möslang drückt sich ähnlich aus: „Viele Ideen kommen einem technisch versierten Menschen nicht in den Sinn, weil sie zu absurd sind“ (*2).Wie auch in der Philosophie gibt es beim Circuit Bending zunächst kein Richtig und Falsch.
So verstehen manche das Circuit Bending als spirituellen Vorgang. Im Film What is Circuit Bending? sprechen Künstler von in Schaltkreisen vorhandenen parallelen Welten, die eigentlich nicht da sein dürften. Circuit Bending – betrachtet als chaotisches Konzept, oder kontrolliertem Wahnsinn. Es verlangt eine experimentelle Vorgehensweise, um die Möglichkeiten aufzubrechen und diese zu enträtseln.
In vielen Bereichen verlagert sich heute die Kreativität überwiegend in die Software, welche mit ihren scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten häufig die Gefahr birgt, sich zu verlieren. Denn Eingrenzung schafft manchmal erst Freiräume in der Kunst, auch wenn es zunächst widersprüchlich erscheinen mag. Letztlich findet dies bei Software auf einem anderen Level statt. Gleichwohl man auch Quantität als eingrenzend empfinden kann und es letztlich vom Betrachtungswinkel abhängt.
Der momentan anhaltende Trend analoger Geräte könnte eine Antwort dieser Umstände sein. Ein aktives Eingreifen in die Schaltkreise ist wieder gefordert.
Genres und Musiker
Überall dort, wo es Gerätschaften gibt, die Klänge oder Geräusche von sich geben, werden diese natürlich auch verwendet, um Musik zu erzeugen. So auch beim Circuit Bending. Die wohl passendste Schublade für solch entstandene Musik wären die (Sub-) Genres Noise und Glitch. Aber auch im Industrial finden diese Instrumente Anwendung. Die Ursprünge des Circuit Bending sind in der sog. Chancemusic (aleatorische Musik) zu hören.
Im Genre Noise (engl. für Geräusch) wird nicht nur auf Strukturen wie Melodien oder gar dem Rhythmus verzichtet, sondern auch möglichst auf reine Töne oder Klänge und diese durch Geräusche ausgetauscht. Typische Klänge und ihre Herkunft sollen zum Verschwinden gebracht werden. Demnach unterscheidet sich Noise auch von der Musique concrete (1943/49), bei der es um den Zusammenschnitt echter und erkennbarer Geräusche (z. B. Maschinen) meist in Kombination mit klassischen Instrumenten ging (ein Artikel über die Musique Concrete wird von mir hier auf AMAZONA.de folgen). Für Noise wurden anfangs klassische Rock-Instrumente verwendet, die stark verfremdet wurden. Mit dem Wunsch der Verfremdung war es auch naheliegend, defekte und übersteuerte Instrumente zu nutzen. Darauf folgten dann Synthesizer und Computer. Viele Noise-Musiker entsprangen jedoch der DIY-Szene, in der laut DIY-Ethos ausschließlich selbstgebaute, umgebaute oder weiterentwickelte Instrumente genutzt werden. Eben diese Musiker sind es, die sich dem Circuit Bending widmen. Noise mit musikalischen Begrifflichkeiten zu umschreiben, ist schier unmöglich. Noise folgt auch keinen klassischen kompositorischen Regeln. Man muss sich diese Musikkunst viel mehr als eine Art Klangbildhauerei vorstellen. Die frühe japanische Noise-Band Hijokaidan beschreibt das Genre folgend: Die Geräusche sollen nicht nur das Ohr, sondern den ganzen Körper angreifen und den Hörer traumatisieren(*3).
Das Subgenre Glitch, dessen Begrifflichkeit in der Elektronik „Fehler in Schaltkreisen“ bedeutet, befolgt ebenso die Idee der Aleatorik. Als Basis dienen Störgeräusche und zufällige Klangereignisse. Der Begriff Glitch steht dem des Circuit Bending recht nah. Und so finden sich auch hier umgebaute oder gewollt defekte Instrumente in der Anwendung, obwohl ebenso das Geräusch einer nicht lesbaren, springenden CD als Hauptthema einer Komposition dienen kann.
Die dem Circuit Bending entsprungenen Instrumente sind jedoch nicht nur zu Existenzen im Underground verbannt. Auch herkömmliche Musiker nutzen solch unkonventionelle Instrumente für ihre Kunst. Einige ließen sich sogar welche vom Meister persönlich herstellen, um deren Klänge in ihren Produktionen zu verewigen. Zu den Kunden Reed Ghazalas zählten Musiker und Gruppen wie die Rolling Stones, die Nine Inch Nails, Tom Waits, Peter Gabriel, King Crimson (u. a.).
Zwar ist es in der Szene eher verpönt, sich Instrumente bauen zu lassen oder diese käuflich zu erwerben, da dies nicht der Idee entspricht, doch andererseits verhalfen bedeutende Nutzer dem Circuit Bending stets zu mehr Bekanntheit.
Geräusche und Kunst
Während in der Malerei alle Arten von Farben als Ausdrucksform und Anwendungsmittel akzeptiert sind, so ist der durchschnittliche Betrachter oder besser gesagt Zuhörer in der musikalischen Kunst weniger zufriedenzustellen. Je mehr die Musik durch (Stör-) Geräusche, Dissonanz, Atonalität und springende oder undefinierte Rhythmen geprägt wird, desto mehr wird sie als Krach und nicht-musikalisch, also etwas Fremdes, empfunden. Dabei sind Farben ebenso Wellenphänomene wie Klänge. Obwohl jede Art von Klang Gefühlsregungen hervorruft, benötigen wir oft eine tiefere Erfahrung, um gewisse Geräusche oder Klänge nicht als unangenehm zu empfinden. Häufig verknüpfen wir solche Klänge und Geräusche mit evolutionsbedingten Erinnerungen oder früheren Lebenserfahrungen. So denken wir bei piependen, quietschenden oder pfeifenden Klängen eher daran, wie jemand ein wissenschaftliches Gerät bedient oder bei ungewohnten, befremdlichen Klängen an eine Gefahr, denn das Gehör gilt immer noch als funktionierendes und altbewährtes Warnsystem.
So assoziieren einige Hörer, die in den 90ern eine Begegnung mit der Ravemusik-Szene hatten, einen Fliegeralarm nicht zwingend mit einem Kriegsereignis (also negativem Gefühl), da sie diesen Klang auch als musikalisches Erlebnis oder Partyeffekt (also einem positivem Gefühl) verinnerlicht haben. Hierbei wird deutlich, wie wichtig die Erfahrungswerte bei unseren Hörempfindungen sind. Demnach muss man zunächst die Fähigkeit besitzen, solchen Künsten offen gegenüberzustehen, um daraufhin neue Hörerfahrungen erleben zu können, sodass die Kunst den Erwartungen entspricht und für Zufriedenheit und Akzeptanz sorgt. Dieses Phänomen kennen auch häufig Leute, die sich intensiv mit Synthesizern auseinandersetzen. Über die Jahre hinweg gewöhnt man sich durch das Experimentieren an Klangereignisse, die in ihrer Rohfassung und ohne einen bekannten Rahmen andere Menschen in die Flucht schlagen würden, während man sich selbst solch geräuschhaften Sequenzen Stunden lang aussetzen kann. Witzig hieran ist, dass auch eben solche zunächst ungewöhnlichen Klangpassagen (nach Anpassung) häufig ihren Weg in „bewährte“ Genres finden und somit wieder gewöhnlich werden. Der Sprung ist also nicht weit und das Wissen darum sollte bei uns eigentlich für mehr Offenheit in der Wahrnehmung von Klängen und Geräuschen sorgen. Letztlich böte dies auch Fläche für die Entstehung neuer, außergewöhnlicher Instrumente.
„Alien-Instrumente“ für Aliens?
Nach all dem wird jedenfalls klar, dass auch jemand, der diese Instrumente bedienen will, eine gewisse Offenheit gegenüber dem Unbekannten besitzen muss. Denn mitunter bedarf es eines Verstandes, der fähig ist, die Töne fern unserer Vorstellungen wahrzunehmen. Häufig wird beim Tastendruck eines solchen Instrumentes nicht der erwartete Ton folgen, sondern eine Zahl fremd wirkender Zufallsklänge.
Und so könnte man glauben, dass die sogenannten Alien-Instruments eines Reed Ghazala am besten von Wesen gespielt werden sollten, deren Denkweisen noch offen steht, was eigentlich Musik ist.
Fragt man den Meister persönlich, so nennt er die dafür in Frage kommenden Personen BEAsape, was für „Bio-Electronic-Audio-Sapiens“ steht. Auch wenn dieser Begriff zunächst witzig erscheint, so steckt dennoch ein ernsthafter Gedanke dahinter. Viele solcher Bend-Instrumente haben sogenannte Trigger-Kontakte, die bei der Berührung mit dem Körper einen Effekt auslösen. Und weil auch durch den menschlichen Körper ein Strom fließt und dieser letztlich das Instrument bedient und mit ihm eins wird, kann man von einem wechselwirkenden Stromkreislauf zwischen Mensch und Maschine sprechen. Laut der Aussage Reed Ghazalas wird in solchen Fällen ein neues Geschöpf geschaffen: Der BEAsape.
Auch diese Aussage lädt wieder zur Philosophie ein und zeigt, wie sehr der Mensch die Kunst und die Kunst den Menschen benötigt.
Quellverweise:
- *1 TAZ, Ausgabe 7934 (2006) von Ariel Magnus
- *2 Dominik Landwehr Homemade Soundelectronics (Seite 5)
- *3 Allen S. Weiss: Experimental Sound & Radio, Cambridge, Massachusetts: MIT Press 1996, S. 169
Noch mal meinen ausdrücklichen Dank an User Physical Evidence aus dem Sequencer.de Forum für die phantastischen Fotos seiner wunderbaren „Alien-Instrumente“, ohne die der Artikel nicht wäre, was er ist :)))
Auch von meiner Seite aus herzlichen Dank für den Artikel! Leider gilt viel zu oft „Too much gear not enough time“ und noch weniger Zeit es zu Benden. :)
Schöner und kurzweiliger Bericht! Über die Ursprünge von Circuit Bending wusste ich bisher nichts, das hat sich nun geändert. ;)
Schöner Artikel. So ganz philosophisch nehme ich die Sache nicht, hab aber schon viel mit klingenden Grußkarten und Elektronikspielzeug rumgebastelt. An richtige Instrumente traue ich mich nicht ran, da kann nicht nur beim Soundfindungsprozeß was schiefgehen, sondern auch später noch, viele Kisten halten die Benderei auf Dauer nicht aus.
Die Ergebnisse meiner Verbiegereien hab ich dann gesampled, so sind ganze Soundbänke mit reichlich Glitsch und Gilb entstanden, die ich immer wieder einsetze.
Ich finde auch den Ansatz gut, altem Elektronikzeugs durch Circuit Bending ein zweites Leben zu geben und es dadurch vor der Mülltonne zu bewahren. Vieles, was die Leute so wegschmeißen, ist ja noch nicht mal kaputt, sondern einfach nur nicht mehr interessant, eigentlich schade drum und der Müllberg wird dadurch nur noch größer.
Danke fürs Lob :)))
Ich kann übrigens das deutschsprachige Buch „Home Made Sound Electronics“ von Dominik Landwehr jedem zur Inspiration empfehlen. Dort geht es ums Hardware Hacking und mehr. Mit wenig Text, vielen Bildern und einfachen Anleitungen zum Basteln. das kostet nur 12€ oder so (mit DVD). Habe das Teil schon zig mal verschenkt :D
@lightman:
Du hast recht, viele Kisten halten die Benderei auf Dauer nicht aus. Es gibt bewährte Eingriffe und dafür gibt es auch Anleitungen im Netz. Natürlich ist es aber schöner, einfach drauf los zu experimentieren. Es ist die falsche Lehre, wenn man immer auf Nummer sicher gehen will. Es gibt quasi keine Fehler! Wie in der Musik / Kunst. Nachmachen kann jeder.
ich habe mal ein Dübreq Stylophone-Beatbox gebendet. Abgefahrenes Teil. All zu viel ging da nicht zu benden (da es sich um zu kleine und zusammengefasste Bauteile handelt), aber ein paar Schalter, zwei Poti und ein Triggerpoint genügten um mit den Samples krach zu machen. Doch das Gerät gab dann nach zwei Jahren einfach so den Geist auf :( RIP –> Doch es lebe die Reinkarnation: Einfach dann wieder ausschlachten für das nächste Tool :D
@GioGio Ich habe eine TR-626, das Ding kann man verbiegen bis der Arzt kommt, aber ich möchte nicht riskieren, sie durch zuviel Gebastel zu verlieren, da hole ich mir lieber Elektrospielzeug vom Flohmarkt für ein paar Euro.
Das beste Bending hab ich bisher mit einem dieser My First Sony-Teile hingekriegt. Das war ein Miniverstärker mit Mikrofon und einer Reihe von eingebauten Soundeffekten wie Delay, Ringmod, usw. Hat hinterher geklungen wie aus der Hölle, einfach nur geil. Nach ein paar Wochen ist es dann buchstäblich abgeraucht, da war auch nix mehr mit Ausschlachten.
Ich würde gern mal probieren, ein Navi-System aus einem Auto zu verbiegen, das stelle ich mir mit den unendlich vielen gespeicherten Straßennamen und sonstigem Gebabbel sehr lustig vor.
oder ein Tipp Toy :-D
Dickes Lob. Spitzenartikel. Vor allem der Umfang und die Backgroundinfos ist schon sehr beachtlich.
Schöner Bericht.. ich bin kurz davor mir ein Lötkolben-Set zu bestellen – kein Witz!!!
@SimonChiChi Tu es, den brauchst du öfter als du denkst. Ich löte so 2-3 mal im Jahr n paar Stunden. Und wenn du n paar Geräte vor dem Müll retest ist das n schönes Gefühl.
Das ist so durchgeknallt, dass es schon wieder cool ist ^^
Schöner Artikel – Danke : )
Circuit Bending an sich ist ja bekannt, sollte aber ruhig öfter praktiziert werden.
Habs selbst auch noch nicht probiert.
Herzlichen Dank Leute :))) das freut mich ungemein!
@Simonchichi (was für n cooler Name): Ja, tu das. Ich werde demnächst glaube ich auch mal wieder ein chaotisches Hardware-Hacking wagen XD Schön wäre es das als Gruppe zu machen. habe unheimlich oft durch oben genanntes Buch etc. Leute im Umkreis zu inspirieren, aber bisher nie gelungen. Wenn man nicht alles selbst tut… XD
@Coin: Stell Dir vor, es könnte sogar das Gegenteil von Durchgeknallt sein…das würde heißen alles was Dir nicht durchgeknallt vorkommt wäre durchgeknallt XD Muahaha :)
@GioGio Hehehe GioGio, ja, Alles ist Relativ : )
Ich dachte immer, ich mache alles falsch.
Aber Circuit Bending hat mich gelehrt:
„Es gibt kein Richtig und Falsch“
@Coin Das freut mich :D So weit zumindest die Philosophie. Laut „Zombie-Richtlinie“ mache ich nämlich auch ständig was falsch. Aber denen zeige ich es noch :) Muahaha XD
informativ und unterhaltsam – so etwas lese ich gern :-)
Super Artikel! Vielen Dank!
Fangt einfach mit elektronischen Grußkarten an, das ist am billigsten und führt auch zu lustigen Ergebnissen.
Nehmt zwei Uhrmacher-Schraubenzieher, verbindet die mit einem blanken Kupferdraht, und stochert an den diversen Lötstellen der Quäkeplatine rum. Statt des Lautsprechers kann man dann ein Miniklinkenkabel anlöten oder sonstwie dranfummeln (z. B. quick and dirty mit Klebeband) und die Ergüsse aufnehmen oder gleich samplen.
Kost‘ fast nix und macht Spaß.
Werd ich mal beherzigen. Das mit den Grußkarten hatte ich jetzt durch Physical Evidence gesehen :)
Beim letzten Versuch ein Klinkenkabel zu verbauen ging allerdings plötzlich gar nix mehr :D
Wenn ich mal Fragen habe, kann ich Dich ja vielleicht anschreiben?
Samplen ist ein guter Tipp. Bevor das Zeug den Geist aufgibt. Machen glaube ich die meisten so. Hab ich wohl damals verpasst (typisch).
Du ähnelst übrigens auf deinem Bild John Malcovich (als der noch jünger war), wenn ich das bemerken darf :D
@GioGio Der Typ auf meinem Bild ist übrigens Hunter S. Thompson :)
Das mit dem Kabel funktioniert nicht immer, man kann die Klänge aber auch direkt mit einem Mikro aufnehmen, damit sind dann auch noch weitere kreative Möglichkeiten gegeben.
Ach, Hunter S.Thompson. Wie konnte ich ihn nur nicht erkennen. Naja, in Büchern ist ja auch nicht die Fresse zu sehen :D Vielleicht n Bro von Malcovich XD
Ist irgendwie krass, sich mit seinem Bild zu präsentieren…Du Gesichts-Dieb, haha (erinnert noch mehr an Malcovich –> „Being John Malcovich“).
Stimmt, mit Mikro ist manchmal anders möglich. Kennt man ja aus der Tontechnik. Aber ist halt dann nicht mehr natural Sound.
@GioGio Ich mach‘ Gonzo-Musik, da paßt Hunter als Avatar gut dazu. :)
Gonzo-Musik –> Herrlich! Du bist echt ein cooler Typ! Ich werde noch zum Fan :)
Danke für die Inspiration! Mein Profilbild ziert nun die Gonzofaust. ;)
Jau, der Kampf geht weiter! :)
Wirklich intertessantes Thema und ein sehr schöner Artikel!
Ich bin zwar selbst absolut kein Löter, verwende aber einige DIY-Kästchen und gebendete kleine Synthies, die von Leuten gebaut wurden, die das besser können als ich.
Macht immer wieder Spaß die Dinger einzusetzen und die sind auch für manche klangliche Überraschung gut.
Vielen Dank für diesen objektiven Beitrag.
Ich kann mich noch sehr gut an meine erste Erfahrung mit Circuitbending erinnern.
In den Achtzigern konnte ich mir von Casio den VL Tone kaufen.
Nachdem ich die von Werk aus implementierten Funktionen ausgereizt hatte(eben
auch die Moeglichkeit ueber die Eingabe einer Zahlenfolgen neue Klaenge zu erzeugen),
öffnete ich eines Tages diese fuer mich damals geheimnissvolle Maschine
und…schaffte es auch auf der Platine zwei Punkte zu finden,um ein Poti anzulöten.
Damit ließ sich die gesamte Tonhöhe hoch oder auf grobe Koernung regeln,geil.
Circuitbending kannte ich damals noch nicht,aber ich probierte damals schon
Meine Klangwelt zu erweitern indem ich bsp.auch den Motor meines Tapedecks regelbar machte (Kraftwerk in mehrfacher Geschwindigkeit aufnehmen und dann
in normaler Geschwindigkeit abspielen)schoen.
Möge uns die kindliche Neugier ein treuer Begleiter bleiben…
@Bernd-Michael Land:
Danke sehr :)
@ Circuitspirit:
Toll gesagt, das mit der kindlichen Neugier. Nicht ohne Grund bekommt man (eventuell) als Erwachsener Kinder. Sie sind der Spiegel und die Chance, all das Gute der Kindheit, das man in der Pubertät im ganzen Sack mit über Bord geworfen hat, wieder zu entdecken und somit den Kreis zu schließen und als alter Weiser / alte Weise sterben zu können (grob und humorvoll gesprochen) :D
Leider ertappen sich viel zu wenige Eltern selbst dabei, wie sie die wertvolle Neugier ihres Kindes, die so unglaublich viel Potential hat, zur Seite schieben, weil die Fragen langweilig scheinen oder das Smartphone die Zombi-Angel auswirft.
Das mit den regelbaren Tapedecks, also etwas in mehrfacher Geschwindigkeit abzuspielen und in normaler wieder zu geben, habe ich schon mit meinem Hirn versucht. Hirn-Bending. Hat nicht geklappt und empfehle ich auch nicht nachzuahmen. Nun leiert es :D
@GioGio Das mit dem Tapedeck bringt mich auf eine Idee.
Aber für Software.
Da gibts das kostenlose Programm PaulStretch X (auch als VST)
das Audio über 1 Trillion mal langsamer abspielen kann.
Gut für Flächen und Ambient.
Aber man überlege, etwas sehr lang zu stretchen und wieder in nem Sampler zusammen zu drücken, auf Länge einer Kick oder was Percussives,
um dann Drums draus zu machen.
Wie es hochaufgelöst klingt ? Habs noch nicht probiert ^^
http://hypermammut.sourceforge.net/paulstretch/
Danke für den schönen Artikel! Ich habe es leider nicht so mit dem Lötkolben (schon ausprobiert), daher ist das eher nix für mich. Aber sehr spannend zu lesen. Auch einen Artikel über die Musique Concrete fände ich spannend.