Der Waldorf Quantum: Nach den Flitterwochen…
Nun steht mein Quantum seit Anfang Oktober 2018 bei mir im Wohnzimmer. Und noch immer bin ich beim Erstellen von neuen Klängen überrascht, was alles möglich ist. Durch die verschiedenen Oszillatorenmodele (Wavetable mit den zus. Nave Parametern, VA Wellenformen inkl. Unison und Sync ohne zweiten Oszillator, Granular/Sample, Resonator) die man für jeden einzelnen der drei Oszillatoren auswählen kann, gibt es nicht den einen Grundklang des Quantums.
Und neben den Oszillatoren gibt es dann ja auch nicht nur einen Filter, sondern sogar schon für den analogen Filter verschiedene Flankensteilheiten und Modi. Und der wahlweise davor, parallel, nachgeschaltete oder wahlweise auch an Stelle des analogen arbeitende digitale Filter erlaubt weitere Klangcharaktere. Bei den digitalen Filtern mag ich besonders den PPG Filter. Diesen hat Waldorf schon seit den PPG 2.V Plug-in Zeiten im Programm (u.a. auch später im Q und Blofeld) hat und der noch immer sehr schön und anders als ein echter Curtis Filter (u.a. microWave) oder die analogen Quantum-Filter klingt.
Mit den 6 LFOs und 6 Envelopes hat man endlich mehr Möglichkeiten als bei den meisten anderen aktuellen Synths. Und auch wenn ich noch nie 6 LFOs oder 6 Envelopes gleichzeitig sinnvoll für einen bestimmten Klang gebraucht habe, ist es beruhigend, dass nicht der Synth hier die Grenzen setzt, sondern der Nutzer.
Mittels der Modulationsmatrix kann man Klänge wirklich nicht nur individuell an Spielhilfen wie Pedale, Velocity, Aftertouch, aber auch Keyboardtracking und ähnliches anpassen, sondern den Klang auch mit diesen Funktionen gänzlich verändern. Dabei verändere ich per Keyboardtracking einige Parameter, um so auf der Tastatur einen vom Bass in die Höhen sich langsam verändernden Klang zu haben. Quasi kein Keyboard-Split sondern ein Überblenden. Und dann kann mann noch immer einen Teil der Tastatur für ein Keyboardsplitting nutzen um ein Arpeggio extra dazu spielen zu können.
Der Quantum ist zwar rein optisch nicht so wuchtig wie ein Waldorf WAVE und hat auch nur halb so viel Stimmen wie dieser in der Grundausstattung hatte, aber bietet in vielen Bereich weit mehr Möglichkeiten. Mit den beim Nave eingeführten Parametern „Spectrum“ und „Noisy“ wurden die die Wavetable-Oszillatoren außerdem erweitert. Und klanglich kommt man, sofern man es wirklich versucht, auch recht nah. Nur das grobe digitale der WAVE und microWave Wavetable Oszillatoren kann man so nicht dem Quantum entlocken. Auch wenn die gleichen Wavetables dem Quantum mitgegeben wurden. Und auch der WAVE Filter klang nicht genau so wie die Filter des Quantums. Und wie beim WAVE öfters schon in den Werks-Performances zu findende dreifache Layer gehen am Quantum nicht und würden bei den 8 Stimmen eines Quantums auch nur zweistimmig spielbar sein. Aber zum Preis eines funktionierenden WAVEs kann man sich leicht mehr als nur einen Quantum kaufen.
Ich selber vermisse, im Vergleich zum WAVE den ich über 20 Jahre lang besaß und sehr mochte, noch immer die HMT-Funktion für eine dynamische automatische Anpassung der Stimmung der Noten zu einer rein gestimmten Stimmung an Stelle der temperierten Stimmung der normalen Tasteninstrumente. Auch wenn man dieses nicht unbedingt sofort raushört, war diese Funktion für warme Pads wunderbar. Perfekte Quinten und Septimen klingen einfach ruhiger und erzeugen keine solchen unruhigen Differenz-Schwebungen wie die innerhalb eines temperiert gestimmten Akkords eines normal gestimmten Tasteninstruments. Ich würde sofort einen Aufpreis für diese Funktion zahlen. Denn diese Funktion kostete Waldorf auch bei WAVE die Zahlung einer Lizenzgebühr van Werner Mohrlok und seinen programmierenden Sohn Herwig für deren besonderen Stimmungs-Algorithmus (www.hermode.de).
Die eingebauten Effekte sind natürlich kein Ersatz für ein teures Hallgerät oder einen klassischen analogen Phaser oder ein echtes stereo Bandecho. Aber sie sind nicht schlecht. Da kenne ich viele schlechtere Effekte in anderen, teureren aktuellen Synthesizern bekannter Hersteller. Wenn man in einem richtigen Studio ist, wird man seine eigenen externen Lieblingseffekte nehmen. Aber auf der Bühne oder im kleinen Heimstudio sind diese Effekte mehr als nur gut zu gebrauchen. Und insbesondere der EQ als Effekt hilft dem Klang etwas Feinschliff zu geben, ohne als Effekt allgemein hörbar zu sein.
Rolf Wöhrmann hat auch schon viel in die neue noch nicht veröffentlichte Version 2.0 eingebaut. Version 2.0 liefert nicht nur bisher angekündigte Funktionen von Version 1 nach, sondern bieten den bisherigen Käufern zusätzliche neue Funktionen. Neben den schon häufiger zu lesenden neuen Funktionen der Oszillatoren und Filter, wurde das an sich unsichtbare eigne Betriebssystem von Rolf auch weiterentwickelt. So ist nun ein USB-Stick (FAT bzw. FAT32 formatiert) auch als Datenträger zum Austausch von eigenen Klangkreationen, Samples nun auch für Updates verwendbar. Somit ist ein Kritikpunkt von Bernd Kistenmachers Quantum Test von 2018 bald Geschichte.
Sicher gibt es für weniger Geld einen Wavetable-Synthesizer, oder Sampler, oder VA-Synth. Aber man hat hier diese Möglichkeiten in einem Gehäuse mit einer Bedienoberfläche und zur einfachen Kombination zusammengefast. Und dann noch mit verschiedenen Filtern von analog und digital. Aber in einem Gerät und mit der Bedienung und einem so schönen (für meinen Geschmack) und stabilen Gehäuse? Wohl nicht.
Die Flitterwochen sind schon länger vorbei. Und der Quantum hat sich hier bewährt. Die Freude über dieses Instrument hält weiter an. Ich freue mich außerdem sehr auf die Firmwareversion 2.0.
Ein Stimmenexpander, am besten unter dem Quantum Panel auf der Querstange montierbar, wäre eine perfekte hardwareseitige Erweiterung *träum*
Vielen Dank für diesen schönen Beitrag zu meinem Traum-Synthesizer (den man sich im Gegensatz zu dem anderen Traum-Synthesizer, nämlich dem »Wave«, sogar leisten könnte). Dem »Quantum« würde ich sogar deutlich den Vorzug gegenüber einem »Moog One« geben, einfach weil er deutlich spannender Synthese-Formen mit an Bord hat (was aber natürlich meine eigene total subjektive Sichtweise ist). Ich schrieb es schon mehrfach, aber »Waldorf Music« gehört seit Jahrzehnten zu meiner Lieblings-Synthesizer-Schmiede.
So etwas wie einen Monophonen Quantum im Stile eines Dave Smith Instruments Pro 2, das wäre auch mal was. :-)
@Flowwater Beim Moog One hat sich mit dem letzten Update auch ziemlich was am Klang getan. Solltest Du dir nochmal anhören, falls die Entscheidung wirklich ansteht. Ich fand den One ursprünglich Klanglich ähnlich abturnend wie den Quantum. Den One finde ich mittlerweile wirklich ok, wenn man mit dem Rauschen leben kann.
Vielen lieben Dank für den Hinweis. Bei mir ginge es aber eher um die generelle Vielfalt der Klänge und auch tatsächlich um den Preis. Rund EUR 2.700,00 weniger für – aus meiner privaten Sicht – deutlich mehr an Klangspektrum … das kann ich nicht außer Acht lassen. Aber der Kauf eines Quantum steht im Moment eigentlich auch nicht wirklich an. Trotzdem finde ich den Synthesizer extrem spannend. :-)
@Flowwater Was die Klangvielfalt angeht ist der Quantum vermutlich kaum zu schlagen,
vollkommen richtig.
Mir ist bei einem Synth die Qualiät des Grundklanges wichtiger, da diese dann erfahrungsgemäß bei allen Klängen durchscheint. Daher würde ich Instrumenten wie dem Waldorf Wave oder dem Quantum jeden PPG vorziehen und da dann wiederum einen 360 weit vor den späteren PPGs… aber das ist natürlich nur eine persönliche Wertung.
Danke für diesen tollen Erfahrungsbericht zum Quantum. Sehr interessant zu lesen, auch weil Du als langjähriger Wave-Besitzer Vergleiche ziehen kannst. Ich konnte den Quantum auf der Superbooth mal etwas länger ausprobieren und war von dem Instrument auch sehr angetan.
@costello Echt? Muss ich mir den Quantum vielleicht doch nochmal in Ruhe anhören. Bisher fand ich den Klang immer dünn bis anämisch und leicht anstrengend. Das sage ich als PPG Fan.
Der Quantum dünn? Ja, das kann er. Aber mit den VA-Wellenformen kann der auch ganz schön breite Klänge machen. Da gibt es sogar einige Beispiele in den Werksklängen. Aber die habe mir noch immer nicht alle angehört. Ich schraube lieber selber neue Klänge zusammen.
Manche Granular- oder Resonatorklänge sind in der Tat leicht mal systembedingt voller Obertöne und daher etwas schrill. Mit den Filtern kann man dann aber diese Klänge um so schöner filtern. Und ich benutze oft bewusst die digitalen Filter an Stelle der analogen, um die anderen Klangcharaktere der Filter auszunutzen.
Als ex PPG wave 2.x Freak habe ich mich natürlich auch an PPG artige Klänge angepirscht. Aber so ganz besonders wie die echten bekommt man es halt nur auf den echten oder dem Waldorf PPG wave 3.v hin. Das Aliasing ist einfach so klangprägend und beruht u.a. ja auch auf der besonderen Art wie die beiden PPG wave Oszillatoren zusammengeführt werden. Ich vermeide da ganz bewusst das Wort „mischen“, denn es wird eher gemultiplext.
@qwave Wave 2 und 360 multiplexen meines bescheidenen Wissens nach beide nicht und klingen durchaus nach PPG. Danach wurde der Klang mit jedem Modell dünner. Daran liegt es also nicht.
Nicht ganz richtig, Till hat schon recht, der 360 hatte mit der Ausgabe der Wellenformen, wenn er den Table durchfährt, messbare Lücken, welche die Trägheit des eingebauten VCA betreffend Klirrgrad herausgefordert haben. Das hört sich in der Praxis etwas rauer an und der Wave 2 hat das geerbt, kann das mit Filter aber ein wenig kaschieren. Mit der Einführung von zwei Oszillatoren wurde dieser „Fehler“ in der Firmware korrigiert.
Ich verstehe nicht was Du sagen willst.
Technisch ist meine Aussage korrekt weder 360 noch Wave 2 nutzen Multiplexverfahren für die Ausgabe ihrer Oszillatoren.
Beide klingen klassisch nach PPG. Beide klingen trotz stark hörbarer Parametersprünge erheblich runder und fetter als ihre Nachfolger. Mit der Meinung stehe ich nicht alleine da. Was genau ist da jetzt nicht ganz richtig? Wer ist Till?
Du bekommst eine interne Nachricht ;)
Okdok :)
Till (qwave) Kopper
Till bezieht sich auf das Handling der beiden OSC/Wave-Stränge pro Stimme beim Wave 2.2. Dort wird tatsächlich einfach zwischen beiden hin und her geschaltet bevor es auf den DAC geht. Im Waldorfschen ASIC wird dort addiert und eine Regelung der Lautstärke via Bit-Shift ist möglich.
@swissdoc Moin Swissdoc,
jup, das hatte ich auch so verstanden. Nur glaube ich nicht das dort das Geheimnis des charakteristischen PPG Sounds zu finden ist, da beim Wave 2 und Wavecomputer dieses Verfahren keine Anwendung findet. Im Quad Modus kann man ja auch dort zwei Oszillatoren stacken. Die werden dann diskret erzeugt und klingen trotzdem ganz charakteristisch nach PPG.
Ich habe mir das vor Jahren mal angesehen ich Vergleich zu Waldorf WAVE/Microwave, es aber im Detail nicht weiter analysiert. Alle klingen gut, der PPG halt mit viel Charakter.
@swissdoc Im Gegensatz zu PPGs haben mich die Waldorfs vom Klang her immer komplett kalt gelassen. Obwohl ich das alte Hartmann Design toll fand.
Bleiben mehr Waldorfs für mich, gut so *ggg*
@swissdoc :)
Gerade den „anstrengenden“ Teil finde ich interessant, hebt er sich doch vom aktuellen Analogeinerlei ab. Manchmal hilft es die Effekte zu „dimmen“ oder ganz rauszunehmen. Die können bei geballtem Einsatz schon zukleistern – das gilt aber für ziemlich alle neueren mit Effektboards versehenen Synths. Und ja: er klingt manchmal bissig in den oberen Lagen. Da muß man mit den Effekten und Filtern haushalten bzw. „nacharbeiten“.
Gemäß dem Motto „Wer hat, der kann“, empfehle ich zusätzlich den C15 von nonlinear Labs als „Komplementärsynth“. Die beiden Kisten decken für mich im Moment alles ab, was MIR an Klangfindung wichtig ist. Aber natürlich Geschmackssache. Ich finde digital geil!
Der C15 ist in der Tat grossartig. Ich hatte ihn eine ganze Weile im Studio. Bisher sind der C15 und das Continuum für mich die einzigen modernen Digitalsynths, die klangqualitativ mit den frühdigitalen mithalten können. Sie klingen zwar anders aber durchaus musikalisch. Den Quantum habe ich in diese Kategorie bisher nicht eingeordnet. Ich werde ihn, wie schon geschrieben, nochmal abklopfen.
Ich stehe auf digital. Dünn oder anstrengend würde mich aber bei jeder Art von Klangerzeugung abschrecken. Keiner meiner Digitalen klingt dünn, anstrengend oder allzu analog.
Einen Synth mit Nachbearbeitung aufzupolieren ist meiner Erfahrung nach nicht wirklich möglich. Entweder das Quellsignal klingt gut oder nicht. Daran rumzupolieren verdeckt höchstens ein wenig die Schwächen. Es ist wie mit Mikrofonsignalen: Nur wenn die Grundlage stimmt kann man in der Nachbearbeitung die Klangqualität noch steigern.
Ein guter Hall tut selbst dem besten Synth gut. Bevorzugt etwas mit Modulation.
@swissdoc Absolut richtig. Wobei natürlich auf dicker klingenden Synths auch mal ein modulationsarmer Hall die bessere Wahl sein kann.
Ich würde ihn mir anhören, bzw die installierten Klänge überhören und selber Schrauben.
Als ich meinen voller Freude angeschlossen hatte die Factory Sounds durchging, war die Enttäuschung riesig. Fast hätte ich ihn zurückgeschickt, hab dann aber doch mal die init Funktion benutzt und alles selbst erkundet.
Jetzt möchte ich ihn nicht mehr hergeben.
Ich denke, die installierten Sounds tun dem Quantum keinen Gefallen und werden ihm nicht gerecht. Diese meist kreischenden, dünnen und schrillen Klänge sind eben Nichtbezahlung einzige, was der Quantum kann. Gib ihm (und dir) eine zweite Chance.
Hab meinen Quantum seit Weihnachten und immer noch das Gefühl, an der Oberfläche zu kratzen. Die Vielfalt der Klänge überrascht jedes Mal von vorn.
Schön mal wieder etwas vom Quantum zu lesen. Das könnte ruhig öfter passieren, da der Quantum so viel zu bieten hat.
Bin als Quantum Besitzer schwer begeistert von dem Synth. Und hab auch erst nur an der Oberfläche gekratzt.
Als Waldorf-Fan der ersten Stunde (MW1) rauscht der Quantum an mir vorbei und ich kann das noch nicht mal begründen. Vielleicht liegts am Preis oder den 8 Stimmen….. Ich weis es nicht. Manchmal kann man Geschmack nicht begründen. Das soll aber die Leserstory nicht kritisieren.
Ich glaube der Quantum würde mich total in die Ecke drängen, so viele Möglichkeiten, eher unangenehm. Da hätte ich lieber 3 bis sieben dediziert Geräte, bei denen ich weiß, woran ich bin…
Tut er nicht. Ich habe – Schande über mein Haupt – bis heute noch keine Bedienungsanleitung in die Hand genommen und komme damit gut klar. Mag sein, dass ich somit ebenfalls nur Oberflächenkratzer bin (Aber lesen kann ich später immer noch, wenn ich noch tiefer einsteigen will).
Ich hab auch das Gefühl, dass ich nur die Presets durchzappen würde. Ich steh einfach drauf, wenn ich jedes Patch from scratch erstellen muss, um es dann in ein patchbook einzutragen. Daher bei mir der Matriarch.
Ein richtig gutes und ausführliches Handbuch zum Quantum so wie damals beim WAVE dabei, das wünsche ich mir trotz guter Bedienung trotzdem noch von Waldorf.
@Anthony Rother Da hat Claudius Brüse aber auch wirklich hammermassig abgeliefert. Und offen für spätere Ergänzungen.
Der schöne Bericht klingt ganz danach, als ob bald ein 002 den Gebrauchtmarkt trifft ;)
Danke.
Nein, mein Modulus / Modal 002 bleibt. Dessen Filter klingen einfach besonders. Außerdem hat der ja 12 Stimmen ;-)
@qwave Ja da kann der Argon nicht mit. oups OT Alarm.