Kopfhörer mit Statementfarbe und tollem Klang
Der US-Hersteller Avantone Pro bringt mit dem Planar Kopfhörer einen offenen Over-Ear-Kopfhörer im mittleren Preissegment auf den Markt.
Avantone Portfolio
Monitore, Kopfhörer, Mikrofone, Verstärker und Accessoires, so steht es auf der Website umrissen, sind die Produkte, die der amerikanische Hersteller Avantone Pro zu offerieren hat. 2008 von Jon Haber gegründet, befindet sich der Firmensitz im Norden der Stadt New York, nahe der Grenze zu New Jersey. Man zählt mit einem Team von über 10 Mitarbeitern eher zum kleinen Betrieb im Mittelstand, hat das B2B-Geschäftsmodell ohne Laden für Endkunden und hat sich mit geschickter Infrastruktur und der Zusammenarbeit mit immer denselben Fabriken alle Möglichkeiten geschaffen, preisgünstig flexibel und qualitativ hochwertig anbieten zu können. Was einst 2003 im Norden von Los Angeles als Avant Electronics im Familienbetrieb begann, hat sich nun mit Avantone Pro als Global Player etabliert.
Die Philosophie „qualitativ hochwertig zu bezahlbarem Preis“ zieht sich durch alle Produkte der Firma Avantone Pro und spielt oft eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung der Kundschaft, denn viele Studios müssen in diesen Zeiten und generell seit dem digitalen Wandel in der Audioindustrie, sehr wohl auf den Geldbeutel schauen. Dasselbe Augenmerk, limitierte Budgets, haben auch Leute, die der Sparte der semiprofessionellen oder Solo-Selbstständigen Homerecording-Fraktion zuzurechnen sind, wie etwa die Gilde der Singer-Songwriter oder der Sprachschaffenden.
Kopfhörer, Bauweise und Technik
Der Name Planar lässt recht sicher auf das Innenleben des Kopfhörers schließen. Die offene Bauweise macht den Tragekomfort angenehmer, man fühlt sich nicht eingeengt und von der Welt abgetrennt. Der Einsatz von Planartechnik benötigt meist Komponenten, die in der Summe ein gewisses Grundgewicht aufweisen. Als ich den Kopfhörer das erste Mal auf hatte, dachte ich auch wegen der wuchtigen Optik spontan eher an zu viel Gewicht, doch muss man das in Relation zur verwendeten Technik und deren Komponenten sehen, um dann erneut die Messlatte anzusetzen.
Die 480 g sind vergleichsweise wenig Gewicht, wenn man zu anderen Herstellern, die mit derselben Technik produzieren, schielt. Der Einsatz der Planartechnik vereint dafür Vorzüge der Elektrostat-gefertigten Kopfhörer und Wirkungsweise dynamischer Kopfhörer. Das Avantone Pro Team hat den Planar durch jahrelang gesammelte Erfahrungen konzipiert und mit moderner Produktion realisiert. Ich gehe an dieser Stelle nicht näher auf die genaue Bauweise ein, denn es soll ja der Höreindruck entscheiden.
Mit einem Widerstand von 32 Ohm lässt sich der Avantone Pro Planar problemlos auch für mobile Einsätze, beispielsweise mit einem Smartphone, auf Lautstärke bringen.
Design, Tragekomfort und Handling
Rein optisch kommt der Planar recht wuchtig rüber. Ein Kopfhörer, der nicht mit runden oder ovalen Ohrmuscheln gebaut ist, wirkt aber vermutlich immer etwas klobig. Mich spricht dieses Design durchaus an, komponiert doch die Gesamtheit aus Form, Farbe und Größenverhältnissen eine, subjektiv empfundene, zeitlose Eleganz.
Erst auf dem Kopf passen sich die Polster perfekt an, jedoch gibt der Bügel auch deutlich Druck auf den Kopf. Daran muss man sich zunächst gewöhnen. Bei dem Gewicht von 480 g braucht es natürlich auch den Gegenpol, sonst fliegt des rote Teil gleich wieder vom Schädel und das will ja niemand. Was sich allerdings als störend erweist, ist die zwar formschöne, aber doch nicht ganz geräuschfreie Höhenverstellbarkeitslösung des Kopfhörers. Die fühlt und hört sich in den Ohren in etwa so an, als wenn sich eine steife Lederjacke durch die Körperbewegung beim Tragen bewegt. Sobald ein Sound auf dem Kopfhörer anliegt, fällt das jedoch nicht mehr ins Gewicht.
Der Bügel, also die eigentliche Oberkopfhalterung, ist aus recht feinem und optisch leicht wirkendem Metall gefertigt, dessen Kanten für meinen Geschmack etwas mehr Rundung hätten abbekommen dürfen. Die mitgelieferten Kabel zum Verstärker sind aus einer Art Gewebeummantelung, die leider nicht frei von Anfassgeräuschen ist. Das hatte ich beim beyerdynamic T1 3rd Gen auch bemerkt.
Genial ist dagegen die Möglichkeit, den Kopfhörer mit nur einem einseitig gesteckten Kabel betreiben zu können. Dabei ist es egal, ob dieses links oder rechts eingestöpselt ist.
Das Y-Kabel muss nicht zwingend genutzt werden, das schafft mehr Flexibilität am Arbeitsplatz und freut in der Folge auch den Linkshänder-Musiker. Denn wenn kein Kabel im Weg rumhängt, ist das ein deutlich angenehmeres Arbeiten.
Apropos Tragekomfort: Wer wie ich nicht ganz so filigrane Ohren hat, wird sich zuerst an die Bauart der Ohrmuschel gewöhnen müssen, denn die Längsausrichtung schafft zwar oben und unten mehr Platz, doch spart sie genau diesen im vorderen und hinteren Bereich am Ohr ein. Es ist einfach anders als bei anderen Modellen. Vergleichend möchte ich da nur die Marke Stax nennen.
Zum Test hatte ich die Red-Version des Planars bei mir, das Modell gibt es zusätzlich auch in Schwarz.
Avantone Planar Klangeigenschaften
Grundsätzlich sind Kopfhörer im mittleren Preissegment um 400,- bis 500,- Euro oft nicht mit den Flaggschiffen der High-End-Klasse zu vergleichen. Wer erst mal die Top-Referenz auf den Ohren hatte, hat dann beim Test anderer Modelle auch immer was zu meckern, sei es über die Haptik, eine ungünstige Klangformung oder einen ungewohnten Sound. Oft sind es die besser dargestellten Kleinigkeiten, die im oberen Preisbereich das Zünglein an der Waage spielen.
Avantone Pro bietet den Planar als Referenz-Kopfhörer für alle Bereiche an: Mixing, Mastering, HiFi. So muss beurteilt werden, was der rote eckige Ohrmuschelaufsatz zu bieten hat.
Der erste Eindruck: Der Avantone Planar wirkt präsent im Mittenbereich, kommt ohne schrille Höhen aus und stellt den Bassbereich gut dar. Auch ist die weiche Zeichnung ein Thema. Dieses Urteil ist selbstverständlich viel zu allgemein, deswegen kommen jetzt die ausführlichen Feinheiten. Ich versuche das immer mit meinem Höreindruck im Raum zu vergleichen, das bedeutet, dass der Rote gegen meine passiven Schwarzen in der Regie antreten muss.
Klassik Orchester: Ravel, Bolero, Einspielung Orchestre de la Suisse Romande, CD-Edition DDD
Eindruck Avantone: Der Hallraum der Aufnahme wird sehr gut dargestellt, auch die ungewollten Windgeräusche der Mikrofone sind bei sehr leisen Passagen gut zu hören. Die Panoramazeichnung des Halbovals wird detailliert wiedergegeben, Höhen und Tiefen sprechen ausgewogen an, dynamische Faktoren wie Spitzen des Blechs werden verhallt im Raum eingebettet und breiten sich am Ohr aus. Der Effekt, man säße selbst im Konzersaal, ist zwar da, aber nicht kopfumschließend vorhanden, das Panorama ist eher von Ohr zu Ohr mit Führung über den Kopfbügel wahrzunehmen. Der Track ist dadurch nicht ganz so luftig wie im Raum zu hören. Beim Tutti dürften die Bässe etwas mehr Kraft haben, sonst gefällt mir das Gesamtbild sehr gut. Die Kesselpauke am Ende hat dann wieder den Punch, den ich vorher etwas vermisst habe.
Eindruck im Raum: Das Klangerlebnis der Aufnahme über die Verdade im Raum ist natürlich anders, die Aufnahme klingt luftiger und größer dargestellt, da der Schall auch von hinten wahrgenommen wird, man fühlt sich mehr im Konzert eingebettet.
Jazz, Fusion: Marcus Miller, Panther, CD The Sun don’t lie
Eindruck Avantone: Gute Ortung von Hall und Delay Zugehörigkeiten. Satte schnelle Bässe, präsente Höhen und Mitten sind im Vergleich zum Raumklang alle etwas weicher dargestellt, die Kompression der BD wirkt zum Raumklang pappiger. Die Synthiebass-Elemente sind vom E-Bass getrennt zu orten, die Spielereien im Panorama sind fein abgestuft nachzuvollziehen. Die Snare, da sie im Mittenbereich liegt, ist zum Raumvergleich gut vorn, immer noch gut eingebettet.
Der Avantone Planar macht die Nummer schön anzuhören, im Raum klingt der Track etwas lebendiger.
Eindruck im Raum: Der Track umfließt den Hörer am Abhörplatz. Was im Tiefbass passiert, kann der Kopfhörer gegenüber dem Raum nicht zu 100 % wiedergeben.
Pop: Seal, Crazy, CD 1991
Eindruck Avantone: Analoge und synthetische Drums sind gut voneinander zu unterscheiden, Sequencer und wandernde Signale von den Keys und den Gitarren sind weich gezeichnet wahrnehmbar, die Gesangsspitzen der s-Laute sind mir über den Avantone nicht zu spitz. Die eingesetzten Mehrstimmigkeiten, die den Song so reizvoll machen, erlebt man ausgewogen. Hallräume und einzelne Modulationseffekte, beispielsweise der Gitarren sind griffig, aber weich dargestellt. Gefühlt passiert alles auf 10 Uhr 12 Uhr und 4 Uhr, genau das stellt der Raum witzigerweise auch dar. Gegen Songende kommt da noch eine sehr schöne Tiefbassdarstellung. Die geht fast bis zum Kinn runter, schön.
Eindruck im Raum: Seals Pop Masterpiece erfüllt den Raum mit sehr plastisch dargestelltem Stereobild, der Kopfhörer dürfte hier im Vergleich etwas mehr ins Detail und in die Breite gehen.
Funk, Fusion, Soul, Pop: Earth, Wind and Fire, September, CD Greatest Hits 1978
Eindruck Avantone: eine Band in Vollbesetzung mit allen Extensions, die man nur haben kann. Präzise gespielt und extrem aufgeräumt gemischt, jedoch trotzdem im Stil der Zeit oder besser gesagt zeitlos, denn der Song funktioniert noch heute ohne Remix & Co. Für den Avantone Planar Kopfhörer ist dieser Song der klare Gewinner in Sachen Hörgenuss, er stellt den Song wie ein Signal dar, dem ein ganz sanfter Opto-Kompressor zu Seite steht. Gerade aus Studiogesichtspunkten eine äußerst gelungene Soundwiedergabe.
Eindruck im Raum: Im Raum klingt die Produktion typisch Ende 70er, der Avantone macht diese gefühlt wie ein modernes Close-up Hörgefühl.
Prog Rock: Yes, State of Play, CD Talk 1994
Eindruck Avantone: Sehr gute Wahrnehmung der Hallräume und Dynamik generell. Schöner, druckvoller, stereoempfundener Tiefbassanteil. Die Snare und auch die Vocals sind kräftig vorn, aber doch weicher als im Raum. Der Chor ist sehr plastisch und herrlich differenziert zu hören. Die Nummer hat jedoch viel mehr Feinheiten in Sachen unterschiedlicher Hallfahnen anzubieten, die gehen mir durch die weiche Zeichnung etwas ab, das stellt der Raum besser dar.
Eindruck im Raum: Das Raumerlebnis der Tiefbässe ist voluminöser im Bauch zu spüren. Auch das Panorama wirkt weiter gezogen. Die Produktion ist zum Avantone Planar Vergleich dynamischer abgebildet.
Metal: Slayer, Discible 2001
Eindruck Avantone: Hier klingt der Avantone recht ausgewogen, die Gitarren sind mir etwas weit vorn, aber es ist sogar der sonst immer viel zu leise gemischte Bass gut zu hören. Ob die Mitten hier zu weit vorne sind, ist Geschmacksache, denn zu viel Mitten haben zur Folge, dass die Ohren leichter schlappmachen und man nicht in der Lautstärke hören möchte, zu der einem der Song verführt. Trotzdem sind die Instrumente, also auch alle Bestandteile der Drums, fein abgestuft zu orten, der Avantone wird sich doch nicht zum Metal-Referenz-Kopfhörer mausern?
Im Raum gehört, macht die Nummer schon noch bisserl mehr Druck. Die Nummer geht nun mal voran.
Avantone Planar 2nd Gen?
Direkt aus den USA war zu erfahren, dass Avantone Pro bereits an einer zweiten Generation arbeitet, ohne das jedoch näher zu beleuchten. Ich finde das immer eine Meldung wert, denn so zeigt die Firma eine Kontinuität und den Willen zur Weiterentwicklung. Die Marktsituation wird wohl Einfluss darauf haben, wie und wann dieses Modell in geraumer Zukunft dann zur Serienfertigung kommt.
so viel hässlichkeit für so viel Geld hab ich noch nie gesehn.
Ich würde mir so etwas nicht aufsetzen.
80er comeback ;) Zugegeben, eine eckige Form ist auch nicht meines.
Die Kabelgeräusche habe ich beim beyerdynamic DT 1770 Pro auch. Beim AKG K812 nicht. Dafür hat der AKG ein eher schwitziges Kunstlederpolster, während der AKG ein für mich angenehmeres Velourspolster hat.
Irgendwas ist halt immer.
@bluebell Mit Velourspolster meinst Du bestimmt den Beyerdynamic :-)
@SynthNerd Ja, danke. Gut aufgepasst. Der Beyerdynamic hat ein angenehmes Velourspolster.
Ich hatte bei Velours auch noch den AKG K702 im Sinn, den mein Sohn liebt. Die Polster sehen aber nach einigen Jahren sehr intensiven Gebrauchs übel aus und sind als Ersatzteil teuer.
@bluebell Ja, die Kabelgeräusche hat mein DT1990 pro auch, was für ein Produkt der Preisklasse eigentlich etwas schwach ist. Aber mein Kopf findet halt auch die Beyers am komfortabelsten…
Das Design wirkt auf mich so gar nicht „highendig“ und schreckt mich eher ab,
Werde ihn trotzdem probehören, wenn sich die Gelegenheit mal irgendwo ergibt.
Im Zeitalter des Transhumanismus bekommt der Mensch jetzt eckige Ohren verpasst ?
@tantris Eckige Gehäuse verpasst Stax seinen Kopfhörern schon seit Jahrzehnten für viel Geld. Es scheint sie werden trotzdem gekauft. Ich mags auch eher rund und nehm deshalb Beyerdynamic :-)
@SynthNerd Ich muss Samsreve leider rechtgeben. Ich habe selten ein so schlechtes Produkt erlebt. Die Bauweise ignoriert 50 Jahre Fortschritt. Das ganze ist so Blechern gebaut worden dass das landen einer Mücke ein Gewitter verursacht. Die Treiber haben wirklich nichts mit modernen Treiber gemein. Der Klang ist unverschämt breiig, langsam und verzerrt. Es gibt 20 Euro Kopfhörer die besser klingen. Normalerweise reagiere ich nicht auf solchen Tests, aber dieses Produkt verdient eine Erwähnung im Guinness Buch der Rekorde… Ich hoffe das niemand das Ding ohne reinhören anschaft…
@tantris ja, aber runde ohren hat der mensch auch nicht…eigentlich ist das rechteckige design sogar passender für das menschliche ohr, das ja deutlich höher als breit ist
„Geschmacksache“, sagte der Affe, als er in die Seife gebissen hatte.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr doch Design und Optik für ein akustisch genutztes Tool ausschlaggebend zu sein scheint.
Ich persönlich lege die Messlatte zum Gesamtpaket bei einem möglichen Kauf wie folgt fest:
1. Sound
2. Klangeigenschaften (HiFi oder Studio usw.)
3. Tragekomfort
4. Optik/Design
5. Handling im Alltag
Und allgegenwertig: Das Preis-Leistungsverhältnis.
Mal abgesehen, was wem gefällt, wenigstens bietet die Industrie verschiedene Designs an, nichts wäre schlimmer, als noch mehr Einheitsbrei ohne Auswahlmöglichkeiten.
@jochen_schnur Kommt auch immer etwas auf den Preis an, und wieviel Geld das für einen persönlich ist, oder? Bei ca 500€ für ein Produkt würde ich auch erstmal sagen: “gar nicht mal so schön” und mich nach Alternativen umgucken. Da sollte dann schon das Gesamtpaket stimmen.
Bei 100€ könnte ich leichter über derlei Geschmacksangelegenheiten hinwegschauen…
@jochen_schnur Das Design hat mich sofort angesprochen, sieht doch toll aus! :-)
Aber der Sound und Tragekomfort kommen bei mir zuerst.
Den Kopfhörer habe ich getestet. Der kann nichts. Ein Befriedigend wäre für den Soundbrei gerechtfertigt. Kann die gute Benotung nicht nachvollziehen.
Ok
Dir ist aber schon klar, dass ein abkanzeln mit gerade einmal 21 Worten und der Wertung »der kann nichts« durchaus eine Beleidigung gegenüber dem Tester darstellt? Nichts gegen freie Meinungsäußerung … aber ich finde das schon ein wenig fiese.
Ich meine, Jochen hat immerhin detailliert anhand von verschiedensten Musikstilen und dazugehörigen CDs in seinem Text heraus gearbeitet, welche Stärken und Schwächen der Kopfhörer hat. Ein einfaches »den habe ich getestet« mit abschließendem Fazit »der kann nichts« ohne auch nur mit einem Wort auf die von Dir als offenbar fatal angesehenen Schwächen einzugehen … äh … tut mir Leid. Einem hart arbeitenden Profi-Musiker mit jahrelanger Bühnen-Erfahrung und auch noch Studium … aus irgend welchen Gründen, ich weiß echt nicht warum, dem vertraue ich einfach.
Nur meine Meinung und »no pun intended«. 😉