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Workshop: Pedale für Keyboarder, Teil 3: Rotary Speaker & Distortion

Rotation und Verzerrung

25. Mai 2017

Beitragsbild

In dieser Folge unserer Artikelserie „Stompbox Effekte für Keys“ schauen wir uns die beiden Typen Rotary Speaker und Distortion an. Sollten Sie die beiden bisherigen Folgen verpasst haben, hier sind die Links zu den Artikeln

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Grundlegende Hinweise zu Bodentretern finden Sie im Teil 1 „Chorus & Flanger“, und zwar in der Einleitung des Artikels.

Rotary Speaker und Distortion

Rotierende Lautsprecher? Verzerrung? Ja, beides sind Klassiker unter den Effekten für Keyboards. Ersteres wurde speziell für Orgel erdacht, und den Verzerrer (= Distortion) hat man heimlich den Gitarristen gemopst. Beide Effekte zusammen sorgen jedenfalls für enorm kraftvolle und lebendige Sounds, die man von Hammond malträtierenden Keyboardern wie Jon Lord und Brian Auger kennt. Wegen des Erfinders nennt man die an Mobiliar erinnernden Systeme, bestehend aus Lautsprechern und Verstärker, im Szenejargon gelegentlich Leslie. Und weil man diese Rotary Speaker Cabinets, so heißen die eigentlich, gerne auch in kompakt hat, kriegt man so was mittlerweile auch als Bodentreter. Distortion kann man für alle möglichen Sounds verwenden, einfach immer dann, wenn es eine etwas krassere Gangart werden soll.

Effektauswirkung auf den Klang

Was tut so ein Rotary Speaker, und was ein Verzerrer?

Wie Sie das von den bisherigen Folgen dieser Artikelserie bereits kennen, lassen wir zunächst am besten die Effekte mit kurzen Audio Tracks für sich selbst sprechen. Zuerst kommt jeweils der trockene Klang, anschließend der mit Effekt angereicherte.

E-Orgel trocken:

 

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E-Orgel mit Rotary Speaker Effekt:

 

E-Gitarre Sample (clean) trocken:

 

E-Gitarre Sample (clean) mit Distortion Effekt:

 

Der Rotary Speaker

Schwergewicht: Rotierende Lautsprecher im großvolumigen Gehäuse, eingebauter Verstärker. Werbung aus den Anfangstagen der Rotary Speaker Cabinets von Leslie.

Schwergewicht: Rotierende Lautsprecher im großvolumigen Gehäuse, eingebauter Verstärker. Werbung aus den Anfangstagen der Rotary Speaker Cabinets von Leslie.

Wie Delay und Chorus arbeitet ein elektronisches Rotary Speaker Effektgerät mit Signalverzögerung. In diesem Fall wird auf den Doppler-Effekt in Verbindung mit Vibrato gesetzt. Heraus kommt eine sehr charakteristische Schwebung, die mit zwei Geschwindigkeiten operiert: Langsam und schnell. Zusätzlich ergibt sich mittels Umschaltung von langsam auf schnell und wieder zurück jeweils ein Beschleunigungs- und Abbremsverhalten der virtuellen Schallabstrahler. Und das obendrein unterschiedlich für Basslautsprecher und Hochtöner. Da es früher zunächst nur die mechanischen Rotary Speaker Cabinets vom Erfinder Leslie gab, führte das in der Folge zur unterschiedlichen Herangehensweise bei den verschiedenen Herstellern. Und dann nochmals variierend innerhalb des Produktportfolios. Damit wurden Bedarf und Vorlieben der Musiker individuell bedient. Rotary Speaker Cabinets werden auch heute noch hergestellt.

Bei den elektronischen Clones finden sich daher häufig Parameter für genau diese Varianten. Sie können dann die Slow und Fast Geschwindigkeiten innerhalb eines gewissen Bereiches selber definieren, oft auch die Anlauf- und Abbremszeiträume bestimmen.

Mit all dem lässt sich eine Menge anfangen, sei es als grundsätzliche Klangmodulation oder auch für Dynamikeffekte. Außerdem hat man Einfluss auf die Intensität, indem der trockene Signalanteil in gewünschtem Verhältnis gemischt wird. Und das funktioniert sogar in Stereo.

Da die frühen Rotary Speaker Cabinets mit Röhrenverstärkern betrieben wurden, konnte man beim Vollgas geben (= maximale Lautstärke) Klangverzerrungen erreichen. Und zwar welche, die sich musikalisch nutzen lassen. Manche aktuellen elektronischen Clones bilden auch diesen Effekt nach. Oder man greift zusätzlich zum weiteren Bodentreter: dem Verzerrer. Mehr dazu weiter unten.

Generell ist damit erklärt, was man damit anstellen kann. Doch halt, es muss nicht immer Orgel sein! Erinnern wir uns an Rick Wright, Keyboarder von Pink Floyd. Deren Songklassiker „Echoes“ beginnt mit einem Klavierton, und der sowie die folgenden wurden über ein Leslie wiedergegeben. Das sollte Anreiz genug sein, diesen Effekt auch mit vielen anderen Sounds zu benutzen.

Aktuelle Referenzmodelle

Wie Sie bereits bei den mechanischen Vorbildern bemerkt haben, hat jeder Hersteller so seine eigenen Rezepturen für Rotary Speaker. Der Markt hat jedoch nicht ganz so viele Bodentreter im Angebot, wie das bei den Effektgeräten der beiden vorangehenden Folgen (1: Chorus und Flanger, 2: Delay/Echo und Phaser) der Fall ist. Daher haben wir diesmal nur zwei Modelle verschiedener Hersteller herangezogen, um Ihnen das nahezubringen.

Electro Harmonix Lester K

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Als alter Hase im Effektgerätegeschäft ist eine Rotary Speaker Stompbox für Electro Harmonix obligatorische Pflicht. Das kompakte und recht leichtgewichtige Gerätchen bietet alle Grundfunktionen, die man dafür braucht: Output Volume, Regler für Slow und Fast Tempoabstimmung an den eigenen Geschmack, Balance für das Verhältnis Tief- und Hochtöner sowie einen Drive Regler, mit dem die Übersteuerung eines Röhrenamps in beliebiger Intensität eingestellt wird.

 

EHXXLesterXKXDraufsicht

Etwas simpel sind die Schalter für Effekt Bypass und die Geschwindigkeitsumschaltung Slow/Fast und umgekehrt geraten. Der Drive Effekt geht als recht passabel gelungen durch, vor allem, wenn man sorgsam die Parameter justiert. Hohe Ansprüche an authentischen Röhrenamp Overdrive werden allerdings nicht ganz erfüllt. Aber es braucht auch nicht jeder dieses Feature beim Rotary Speaker Effekt, denn manchen Keyboardern genügt der cleane Sound voll und ganz. Mit 195,- Euro ist man dabei, das Netzgerät wird mitgeliefert. Wer etwas mehr ausgeben will, schaut sich das Modell Lester G an, das eigentlich für den Einsatz mit Gitarre gedacht ist. Es verfügt nämlich über einen zusätzlichen Kompressor, der den Drive etwas vielseitiger einstellbar macht. Nächstes Plus ist Acceleration, wodurch Anlauf- und Abbremsgeschwindigkeit regelbar sind. Gerade bei diesem Feature gibt es bei den Keyboardern besonders dann unterschiedliche Wünsche an diese Laufzeiten, wenn Fast und/oder Slow nicht dauerhaft eingesetzt werden, sondern gerade der Wechsel zwischen diesen beiden Geschwindigkeiten als Dynamikelement dient.

Neo Instruments Ventilator II

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In Kennerkreisen hat sich dieser Rotary Speaker Effekt längst als richtig brauchbare Alternative zum mechanischen Leslie herumgesprochen. Der Hersteller hat dafür das Modell Leslie 122 emuliert, in einigen Aspekten auch das 760er. Das Gehäuse ist außerordentlich massiv und wiegt ordentlich was. Alle Drehregler sind versenkt eingebaut, so dass man es beruhigt mit Füßen treten kann, ohne sich unabsichtlich sorgsam vorgenommene Einstellungen zu versauen. Die sind nämlich umfangreich und teils sehr sensibel bei der Detailjustierung von Rotationstempo, Balance, Acceleration und Level. Dazu kommt eine ausgefuchste Overdrive Simulation, die in mehreren Elementen steuerbar ist: Drive, Mix Distortion Low und Mix Distortion High.

 

NeoXVentilatorXIIXDraufsicht

Dazu gibt es die Fußschalter Slow/Fast, Stop und Bypass, einen weiteren für Remote Funktion kann man rückwärtig anschließen. Dort sind auch die Stereo Ein- und Ausgänge zu finden. Und der Eingangspegel lässt per Schalter wahlweise Low und High zu. Der Hersteller liefert eine umfangreiche deutsche Bedienungsanleitung mit ausführlichen Angaben zu sämtlichen Möglichkeiten, die der Ventilator II zu bieten hat. Man muss 369,- Euro dafür hinlegen, was der Leistung völlig angemessen ist. Das erforderliche Netzteil ist inklusive.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    TobyB RED

    Hallo Klaus,

    sehr genial, die Soundbeispiele sind wieder grosses Kino.
    Das dreigestrichene Echolot von Pink Floyd ist für mich genauso wichtig wie die Sequenz von „On the run“ oder der Seagull Wah Wah auf Ummagumma. Man muss nicht viel Equipment auffahren um seinen Sound zu finden, nur wissen wie ich dahin kommen kann.

  2. Profilbild
    costello RED

    Vom Neo Ventilator hätte ich früher geträumt: dieses wunderbare „wub-wub-wub“ eines aus der Nähe mikrofonierten Leslies, herrlich. Ich hab’s – wie an anderer Stelle schon mal berichtet – mit Small Stone und genau dem hier vorgestellten orangefarbenen Boss DS 1 nachgebaut und das Ergebnis war gar nicht übel. Auch dem Ventilator 2 ist ja in Ergänzung zum Drive des Vorgängermodells noch ein Distortion-Effekt spendiert worden. Ich muss vielleicht mal meinen Neo 1 mit dem DS 1 kombinieren :) Ansonsten möchte ich mich Toby anschließen: auch der dritte Teil ist wieder super interessant und hat tolle Soundbeispiele. Danke!

  3. Profilbild
    iggy_pop AHU

    Hammond-Orgeln wurden schon vor den 40er Jahren unters Volk gebracht. Hammonds hatten ihre eigenen Lautsprecherkabinette, die aber ziemlich bieder und nicht besonders imposant von den klanglichen Möglichkeiten her waren — als Don Leslie seine Produkte auf den Markt brachte, versuchte Hammond sogar zu Anfang, diese Fremdprodukte zu boykottieren — vergeblich, wie wir heute wissen. Und Gottseidank.

  4. Profilbild
    Organist007 AHU

    ich hatte vorerst den dynacord rotor, später rotosphere von H& K, Digitech RP und Ventilator 1.
    nun bin ich beim GSI BURN gelandet und SEHR zufrieden….ich denke bei dem Sound bleibe ich.

  5. Profilbild
    k-langwerkstatt

    Wenn ich im Studio meine Hammond A100 aufnehme, benutze ich meistens den Venti1. Super Teil! Im Vergleich zu meinem Leslie 247 ist es superschnell einsatzbereit und die Mikrofonierei entfällt, ausserdem hab ich keine Übersprecher von anderen Instrumenten. Ich würde mir keinen Blindtest zwischen Ventialtor und Leslie zutrauen. Das klingt schon richtig gut.

  6. Profilbild
    Florian Anwander RED

    Hallo Klaus,

    wiedermal ein prima Artikel und aussagekräftige Klangbeispiele. Danke dafür!

    Was die Leslie-Emulationen angeht, bin ich auch seit Jahrzehnten (Huch! Bin ich alt geworden…) auf der Suche. Der NeoVenitlator ist schon wirklich ziemlich gut – wenn es um Aufnahmen geht. Aber sobald man das in einem Club neben einem echten Rotationslautsprecher hört, verblasst er leider. Was mich letzthin aber wirklich umgeblasen hat (auch fast im wörtlichen Sinne) ist das Motion Sound Pro 3. Das ist quasi ein mechanisches Leslie im Aktentaschenformat, mit einer wirklich ordentlichen Verzerrerstufe vorne dran. Die Wirkung im Raum ist immer noch unübertroffen.
    Das ganze gibts sogar als Modell R-3 als Rackeinheit mit eingebauten Mikrofonen, aber da das in einem geschlossenen Rack-Gehäuse sitzt, ist der eigentliche Witz schon wieder durch.

    Gruß
    Florian

  7. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Die meisten Distortion-Effekte klingen für mich am Synthesizer eher nur noch kaputt. Trotzdem habe ich welche gefunden, die für mich sehr gute Ergebnisse liefern.
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    Der bisher beste ist für mich der EHX Muff Overdrive. Das Teil soll für Gitarristen nahezu unkalkulierbar sein, da es auf feine Nuancen im Spiel mit krassen Klangänderungen reagiert. Am Synthesizer (bei mir ein Little Phatty) macht er aber einen sehr guten Job, in dem er den Sound anrauht, ohne in völlig zu zerfetzen.
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    Dann bin ich großer Fan vom Dark Matter von tc.electronic, der den breiten 70er-Jahre-Verzerrersound produziert, und ihn auch auf Synthesizer legen kann.
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    Als Überraschung hat sich der hier erwiesen: Ein Behringer TO100. Den Overdrive habe ich mal für 10 Euro (Neupreis!) en passent mitgenommen. Der TO100 macht ein schönes bluesiges Kratzen auf den Synthesizersound.

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