Ganz privat bei Hans Zimmer in London
Hans Zimmer und AMAZONA.de haben bereits eine langjährige Vergangenheit miteinander. Alles begann mit einer Nachricht aus USA 2009. Dem Absender nach zu schließen, erkundigte sich damals Hans Zimmer („…meint ihr dass das Mail echt ist?…“) nach unserem persönlichen Eindruck zum Synthesizer GRP A8. Und tatsächlich stellte sich nach einigen E-Mails und Telefonaten heraus, dass hinter der E-Mail wahrhaftig der echte Hans Zimmer steckte.
Im selben Jahr ergab sich daraufhin anlässlich einer privaten USA-Reise die Möglichkeit, diesen außergewöhnlichen Komponisten, den ich als Filmmusik-Fan seit seinem Soundtrack Green Card bewunderte, persönlich kennenzulernen. Ich traf ihn damals zusammen mit meinem Sohn Maximilian in Los Angeles in seinen REMOTE CONTROL STUDIOS. Eine Abschrift des 2009 geführten Interviews, findet IHR HIER. Vier Jahre darauf wiederholten wir das anlässlich der NAMM SHOW 2013. Diesmal mit mehr Ruhe und mehr Zeit (Interview 2013 mit Hans Zimmer). 2016 kam Hans doch tatsächlich in meine Heimatstadt nach München, wo wir uns erneut trafen – diesmal aber nur kurz Backstage während seiner ersten Live-Tour. Die kräfteaufreibende Tournee, die Anspannung vor dem Auftritt und (wie wir in unserem aktuellen Interview erfahren durften), das Lampenfieber, erlaubten einfach kein längeres Gespräch. Umso aufregender und beeindruckender war schließlich die Show des Filmmusik-Komponisten, der den Sprung vom Tonstudio auf die Rockbühne mit Bravour meisterte. Springen wir nun in die Gegenwart.
London, Oktober 2021
COVID-19 hat die Welt noch immer fest im Griff
Seit gut einem halben Jahr haben wir mit Lina Schmermer eine junge Kollegin im Redaktionsteam, die noch dazu bekennender Hans Zimmer-Fan ist. Und nein, das war im Bewerbungsgespräch nicht nur ein Lippenbekenntnis (und auch kein Einstellungskriterium). Für Lina ist Hans Zimmer seit früher Jugend an der Stars der Stars unter ihren musikalischen Helden.
Und so kam es, dass wir beide vorsichtig bei ihm anklopften, ob wir trotz aller Corona-Einschränkungen nicht ein persönliches Treffen arrangieren könnten. Selbiges hatte ich übrigens auch die Jahre nach unserem letzten Treffen getan, aber vergeblich. Ich hatte gehört, dass Hans sich nun auch in London ein Tonstudio eingerichtet hatte und hoffte darauf, dass das Glück uns hold war und er sich aktuell in London aufhielt, denn an eine Reise nach USA war nicht zu denken.
Wir hatten Glück und diesmal ging alles ganz schnell. Nach ein paar Videocalls am frühen Morgen (Ich: „Schalt doch deine Kamera an.“ Er: „Ne du, lieber nicht, ich lieg noch im Bett“), hatten wir schnell einen Termin gefunden, buchten Flieger und Hotel und wollten uns auf den Weg machen, wären da nicht unzählige Corona-Bestimmungen gewesen wie z. B. zwei PCR-Tests vor Abflug nach London und vor Abflug nach München – und das obwohl zwischen Ankunft und Abflug keine 24 Stunden lagen und wir beide natürlich zweifach geimpft waren. Na egal …, auch diese Krücke (plus einiger anderer) überwanden wir – und schließlich fanden wir uns mitten in London in Soho wieder.
Und nach ein wenig Sightseeing (Linas war noch nie in der englischen Metropole), erfuhren wir, dass wir, anders erwartet, Hans nicht in seinem Tonstudio, sondern in seiner Wohnung treffen würden.
Der Maestro begrüßte uns gut gelaunt und etwas zerknittert im Bademantel. Bis drei Uhr Früh hatte die Premierenparty des neuen James Bond gedauert, entsprechend erschöpft war Hans zu diesem Zeitpunkt noch, was seiner guten Laune aber keinen Abbruch tat. Dass er den Termin mit uns nicht nur wahrnahm, sondern sich den ganzen Nachmittag für uns Zeit nahm, war vor diesem Hintergrund umso erstaunlicher. Von irgendwelchen Star-Allüren absolut keine Spur. Ganz im Gegenteil, der Mann ist nicht nur äußerst sympathisch, sondern versprüht geradezu positive Energie und menschliche Wärme.
Während sich Hans zurückzog „… ich geh jetzt erst mal in die Dusche und ihr fühlt euch wie zu Hause …“, inspizierten wir zahlreiche Kunstwerke und Skulpturen, die ringsherum die Wände schmückten. Dazu englischen Tee mit Milch und Gebäck.
Kaum war Hans zurück, lud er uns zu einem ganz außergewöhnlichen Mittagessen in eine nahe gelegenes Restaurant ein, wo man ihn bestens kannte und wir ausgesucht zuvorkommend bedient wurden. Schon hier hätte ich am liebsten den Audiorecorder laufen lassen, denn Hans ist ein toller Geschichtenerzähler und unterhielt uns mit spannenden Geschichten und amüsanten Anekdoten aus seinem musikalischen Leben.
Hans Zimmers Londoner Tonstudio
Auf dem Rückweg machten wir einen Abstecher in sein Londoner-Tonstudio. Dieses war zwar deutlich kleiner als das Mutterschiff in Los Angeles Santa Monica, aber definitiv nicht schlechter ausgestattet.
Ganz erstaunt war ich vor allem darüber, wie wenig Akustikmaßnahmen im Studio zu sehen waren. Da wurde mit kleinen Eingriffen ganz Erstaunliches geleistet. Was ich schon immer vermutet hatte, wurde hier unter Beweis gestellt: Mit entsprechender Erfahrung und guten Nahfeldmonitoren lässt sich auch unter nicht ganz optimalen Bedingungen trotzdem wunderbar arbeiten.
Das Hauptaugenmerk liegt auch in seiner Londoner Dependance ganz klar auf Hardware-Synthesizern, vor allem auf einigen beeindruckenden Modularsystemen und Vintage-Keyboards. Und wer glaubt, all diese schönen Geräte wären nur Exponate, um das Studio zu verschönern, der irrt. Hans hat aus seinem beeindruckenden Equipment-Park hier in London nur jene Klangerzeuger untergebracht, mit denen er aktuell auch tatsächlich arbeitet. Hier nun ein kurzer Rundblick:
Nach einigen akustischen Kostproben (… und Super-GAS Anfällen) verließen wir dann zum Glück dieses Schlaraffenland wieder und gingen zurück in seine Wohnung.
Mehr als ein Interview: Im Gespräch mit Hans Zimmer
Vom Super-GAS zum Super GAU. Als wir nämlich unser Equipment aufbauten, zwei iPhones mit Adapter (Empfänger) für zwei Lavalier-Mikrofone, mussten wir feststellen, dass ein iPhone System-Update dazu geführt hatte, dass alle Audio-Apps nur noch das interne Mikro erkannten, nicht aber die beiden externen Mikrofone.
Dass der Ton in den nachfolgenden Videos dennoch erstaunlich gut klingt, haben wir unseren Freunden von iZotope zu verdanken, die sich wirklich alle Mühe gegeben haben, um mit der hauseigenen Restaurationssoftware RX-9, die Audiotracks zu retten. Hier ein kleines Feature zu dieser gelungenen Rettungsaktion.
Richtig überrascht, aber vor allem überglücklich war ich, als Hans meinen Roman TURMSCHATTEN hervorholte und um eine Widmung bat. Lina hat den Moment zufällig mit ihrem Smartphone festgehalten.
Wer sich fragt, ob Hans die Musik für die anstehende Produktion der TV-Serie übernehmen wird, dem sei nur soviel verraten: Er hat zumindest nicht nein gesagt.
Ich wünsche euch nun viel Spaß bei dem nun folgenden ersten Teil unseres knapp einstündigen Gesprächs mit Hans Zimmer, der mich einmal mehr sehr beeindruckt hat. Vor allem, weil er es versteht, diese entrückte und fremde Welt Hollywoods einem ganz nahe zu bringen und das auf eine so persönliche Art und Weise, dass man den Eindruck hat, es wäre das Natürlichste der Welt, an Blockbustern mitzuarbeiten und sich den Red-Carpet mit Daniel Craig und Herzogin „Kate“ zu teilen.
Und noch ein kleiner Hinweis:
Heute in einer Woche wird Lina Schmermer an gleicher Stelle ihr Erlebnis dieses Ereignisses mit der zweiten Hälfte unserer Videos schildern.
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Und HIER gehts zu Teil 2 des Videotalks mit drei weiteren Videos. HIER KLICKEN
Mega! Ich mag ihn einfach….. ich freue mich auf den zweiten Teil!!
@calvato Danke Dir. Da gehts dann auch um Synthesizer und Clones :)
Die ausstattung des neuen Londoner Studios sieht irgendwie sehr danach aus, als ob es einige dinge aus der abstellkammer vom 2009er interview sind (eines der System 700, der CMS, der neue alte Moog (in dem Moon Modular gehause das sehr nach Ed Buller’s system aussieht).
Der VCS3 im hintergrund ist nehme ich an sein erster Synth den er kuerzlich wieder ueber RLMusic zurueckgefaut hat.
Da muesste ich ja mal wirklich versuchen aus zufall am Studio anzuklopfen und zu sehen ob er einen gewohnt unterbezahlten technischen assistenten brauchen koennte, nur schade dass ich so selten durch Soho laufe…
Aus meinem bischen an erfahrung mit Hans (online) nimmt er sich ueberraschend viel zeit fuer Synthesizer und Technik fragen/diskussionen (irgendwie muss man ja der eigentlichen arbeit ausweichen) und versucht immer so offen, ehrlich und positiv wie moeglich zu sein.
Was fuer mich mal ein echtes highlight waere, wenn ihr (oder jemand anderes) es schaffen wuerde ein sehr langteiliges interview mit Hans ueber all die interessanten sachen aus den anfaengen seiner Karriere (bevor er sich in Santa Monica niederlass) zu machen (von den anfaengen in Brighton, Buggles, Helden, Sally Oldfield bis zu Stanley Myers).
Achso, ich freuh mich schon sehr auf Teil 2.
@nativeVS Gute Idee. Notiere ich mir – sollte es eines Tages zu einem weiteren Interview kommen.
@Tyrell Das waere echt mal spannend, denn das fruehe schaffen von Hans finde ich doch sehr faszinierend (auch das Studio das er mit Stanley fuehrte, Lillie Yard). Und dann natuerlich das Helden projekt mit Warren Cann; die single ist meines erachtens nach klasse und es ist wirklich schade, dass das album nie erschienen ist (immerhin gibt es eine schlechte kassetten ueberspielung auf youtube). Sonst waere auch die Story wie er (angeblich) nie wieder einen job von der BBC bekommen wuerde wegen „First Born“ (das titelthema der serie ist meines erachtens eines seiner besten stuecke, weswegen es wahrscheinlich auch bei „Angels & Demons“ recyclet wurde).
Starkes Interview. Freue mich auf Teil 2.
P.s. : Peter – geiles Jackett !
@Larifari THX :) Jackett hab ich aus einem Schottland-Urlaub mitgebracht.
Bei Hans im Zimmer…wer wäre das nicht mal gerne?
Holy Moly, was für ein zweit Studio…. würde bei mir als Hauptstudio durchgehen.
Danke für die schöne Story
@Sven Rosswog haha… aber er lebt seinen Traum :)
Dieses große, offenbar von Peter Baumanns Projekt Elektronik System inspirierte hybride Moog/Moon Modular-System sieht aus wie das von Ed Buller.
PS: Ich sehe gerade, daß ich nicht alleine stehe mit meiner Wahrnehmung. Könnte das Zimmer-Studio also in der Nähe der Battery Studios angesiedelt sein? Dann würde auch das 700 passen (eines von den beiden, die Flood sein Eigen nennt).
Battery ist soweit ich weiss inmitten Willesden also doch etwas sehr weit von Soho weg.
Zum thema System 700 hatte er ja eins in den 70ern gekauft und ein zweites von RLMusic vor umso 15 jahren (vielleicht ist das hier aber auch schon das dritte).
Das Moog/Moon system ist tatsaechlich inspiriert von Ed Buller’s aber auch doch schon anders (nach dessen aussage siehe: https://www.musictech.net/features/interviews/producer-ed-buller-suede-white-lies/)
Nein, das Studio liegt auch in Soho. :)
Wow, vielen Dank Peter und Hans!
Superschön da mit dabei sein zu dürfen.
Es tut gut, so Menschen wie Hans zu sehen, die so sehr Mensch bleiben, trotz des Erfolgs.
Urs Heckmann und Howard Scarr hatten mir das auch über Hans erzählt, dieses völlig entspannte Umgehen mit der Welt (inklusive Lampenfieber ;-) ).
Auf der einen Seite gut für Freunde zu sorgen, aber auch klare Entscheidungen treffen zu können, wie z.B. mit Vangelis, der sich nicht auf die Struktur des Miteinander einlassen will.
Der neue Blade Runner ist für mich einer der besten Filme, die ich je gesehen habe – selten wurde die Frage, was Mensch-Sein bedeutet so genau und in so großartigen Bildern gestellt. Und dafür braucht es ein Team.
Danke!
@ThomasHelzle Vielen Dank Thomas. Übrigens kommt Hans in den folgenden Teilen nochmals auf U-He zu sprechen – vor allem auch auf Zebra. Man darf gespannt sein :)
Sehr sympathisches Interview, man merkt, dass ihr beiden euch versteht. Was das iZotope-Tool bei der Soundrestaurierung geleistet hat, ist wirklich bemerkenswert. Lassen sich damit auch verrauschte Tonaufnahmen retten?
@costello Ja, lieber Costello. Die Alternative und die Tonmeister vom ÖR schwören auf Acon Restoration Suite. Ich auch. Wenn man nicht so viel Geld investieren möchte. Es fehlt allerdings ein Batch Modus. Ich mache solche Sachen auch auf dem iPad mit Final Touch, das ist eigentlich für Mastering und Post Pro gedacht.
@costello Absolut. Wir werden demnächst die 9er Version ganz offiziell testen, aber alles was ich bisher gehört habe war pure Magie :)
Klasse :-) War eine Freude zu lesen und zu hören! Ihr hattet Spass, das sieht man.
Applaus Peter! Ein wirklich tolles Interview. Ich gebe zu keinen der angesprochenen Filme gesehen zu haben aber das hole ich bald nach. Ist schon komisch, Hans ist so stark in seinen Scores, daß ich persönlich immer von „Hans Zimmer Filmen“ rede. Interstellar fand ich allerdings ganz schrecklich, da konnte er nichts retten. Der Score führt für mich ein Eigenleben, ohne diesen überzogenen Schmarrn von Film. ;)
Eine tiefe Verneigung vor seiner Arbeit und er dabei kein bischen müde wirkt. Absolut vorbildhaft!
Was ist das eigentlich für ein ARP-Synth der wie ein B 2600 mit Potis aussieht?
Das ist ein CMS2607, quasi ein 2600 aber mit 2500 schaltungen (nicht ganz aber so ungefaehr kommt das schon hin).
https://www.discretesynthesizers.com/dsc/2607.htm
@nativeVS Danke, scheint wohl nichts für den typischen Habenwill zu sein. :)
Das Eigenleben bei dem Interstellar Score ist gewollt, HZ hatte nur Notizen von Nolan und hat dann gemacht. Im Gegensatz zu anderen Scores finde ich Interstellar klasse. Insbesonders das Time Thema. Der Film ansich wurde wissenschaftlich von Kip Thorn begleitet. Ich sehe den auf einer Stufe wie 2001 und Solaris. Man muss sich natürlich darauf einlassen. Für die im Film auftretenden Gravitationswellen gabs u.a. für Thorn einen Nobelpreis. Überliefert ist auch, dass Thorn die Prämisse an Nolan ausgab, nichts im Film dürfe physikalische Gesetze verletzen.
@TobyB Schöne Randnotiz, Toby. Teile auch deine Einschätzung des Films.
Schönes Interview, vielen Dank!
@Bernd-Michael Land dito !
Könnte stundenlang zuhören!! Freue mich auf Teil 2. Vielen Dank!!
Großartig. Vielen Dank Peter. Das Hans Zimmer an Klaus Schulze gedacht hat, berührt mich sehr.
@Bernd Kistenmacher Fan ich auch sehr bewegend und hab mir die Musik sofort besorgt :)
@Tyrell Klaus Schulze: Album: X, Track: Frank Herbert
@Tyrell Ach so, und zu hören in „Grains of Sand“ im Dune Sketchbook
@Tyrell Hier: https://youtu.be/rjQnh3XoymQ :-)
Ganz großes Kino, danke für das Interview.
Mich hätte der Einfluss von ZTT/Horn interessiert.
Hans Zimmer ist ein nationales Heiligtum, der einfluss- und erfolgreichste Hollywood-Komponist der letzten paar Jahrzehnte.
Dennoch: diese unverkennbaren Hymnen a la John Williams oder Ennio Morricone hat er leider nie geschafft.
Hans Zimmer Scores in Verbindung mit sehr gut inszenierten Blockbustern, hat mir schon des öftern eine richtig krasse Gänsehaut beschert. Leider sind moderne Filme oft mit CGI Effekten überfrachtet, so das ich viele der Filme nicht wirklich genießen kann.