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Feature: Thrash Metal – Equipment, Bands und Geschichte

(ID: 243119)

Natürlich war der Thrash Metal nicht das Genre, das die Deutungshoheit auf den Amp behielt. Als der Amp in seiner damaligen Form 1981 auf den Markt kam, hatte sich die darin verarbeitete Technik in den späten 60ern und 70ern so bewährt, dass man sie über weite Teile beibehielt und lediglich optische Neuerungen wagte, wie eine Überarbeitung des Panels und Designs. Die 50 und 100 Watt starken Topteile, die dann 1983 folgten, waren so was wie der „To-Go-Amp“ der damaligen Szene, speziell die Modelle 2205 und 2210 der Lead Series. Die 2203er Heads wurden von Hannemann und King gleichermaßen bei den Aufnahmen von „Reign in Blood“ verwendet.

Alle Modelle dieser Reihe zündelten ihre Verzerrung durch Dioden, was in einen noch härteren und treibenderen Distortion-Sound resultierte und sich in der Thrash Metal Szene allmählich großer Beliebtheit erfreute. Ähnlich verhielt es sich auch mit der Marshall JMP Reihe, die in den Anfangszeiten von Anthrax zum Einsatz kam, wie der 1976 Marshall JMP, durch den unter anderem auf der „Fistful of Metal“ Scott Ians Riffing gejagt wurde.

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Ein weiterer Name, der mit den Anfangszeiten des Thrash Metals eng verbunden ist, lautet Peavey. Die 5150-Reihe, die in enger Zusammenarbeit mit Eddie van Halen entstand, war aufgrund ihres ungemein saturierten und crunchigen Distortionsounds über alle Genregrenzen hinweg beliebt. In der Thrash Metal Szene fanden die Bandit Models ein Zuhause – der Solo Series Bandit und Solo Series Bandit 65 waren zwei Combo-Amps, die in jeder zweiten Garage der Bay Area anzutreffen waren. Mit ihren 80 Watt besaßen sie zwar nicht die ideale Live-Tauglichkeit, aber es handelte sich um zugängliche, leicht zu handhabende Combo-Amps, die sich hervorragend für den Proberaum eigneten.

Thrash Metal

Namen wie Mesa Boogie oder auch Orange suchte man in den Anfangszeiten des Thrash Metal noch vergeblich. Erst Anfang der 90er und vor allem in der Hand von Metallicas James Hetfield und Kirk Hammett fand der Mark IV von Mesa Boogie Verwendung. Der deutsche Amp-Hersteller ENGL wiederum fand in den Anfangszeiten der deutschen Thrash Metal Szene eine Anhängerschaft. Vorreiter wie Mille Petrozza von Kreator und auch die Jungs von Destruction schwörten in den späten 80ern unter anderem auf den zweikanaligen Vollröhren-Amp Modell Straight, der 1985 auf den Markt kam und sofort durch seinen hoch verzerrten, sägenden Sound auf sich aufmerksam machte.

Midscoop vs. Tube Screamer

Wie alle anderen Strömungen besitzt auch der Thrash Metal Klassiker, die ihren Sound maßgeblich prägte. Ein solcher Meilenstein ist und bleibt Master of Puppets von Metallica. Ganze Bände wurden über die Entstehungsgeschichte dieser Mammut-Scheibe geschrieben, über Hetfields Inspirationen für sein Riffing, über Ulrichs reduziertes, aber höchst effektives Spiel, über den ganzen Aufnahmeprozess und die Dramen dahinter. Schaut man sich jedoch die Entstehungsgeschichte genauer an, stößt man auf eine bedeutende Fußnote.

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Auf „Kill ‚em all“ und „Ride the Lightning“ wurden noch hauptsächlich Marshall Amps wie der JCM 800 genutzt. Doch Cliff Burtons Fixation auf Mesa Boogie sprang alsbald auf seine Kollegen über und ehe man sich versah, standen bei den Studiosessions für Master of Puppets auch in den Gitarrenkabinen ein paar Boogies. Diese brachten etwas mit, was die Marshalls bis dato nicht hatten: grafisch ablesbare Equalizer. Als dann der richtige Gitarrensound für den Mix gesucht wurde, brach man mit der Tradition des mittenlastigen Thrash-Sounds und hob Höhen und Tiefen an, während die Mitten herabgesetzt wurden – der Midscoop hatte seinen Weg in den Thrash Metal gefunden. Auf den EQs sah das wie ein V aus und diese Konfiguration kam auf Master of Puppets so gut zur Geltung, dass sich eine neue Norm etablierte. Bei den damaligen Aufnahmen lagen die Mitten bei mickrigen 750 Hz. Was das bewirkte? Die Durchschlagskraft der Stakkatobetonungen im Riffing wurde erhöht – der „Headbanger„-Effekt quasi, von dem der Thrash Metal Groove so zehrt.

Doch es gab Bands, die das Ganze anders sahen. Ob es an diametral entgegengesetzten Philosophien lag oder nicht (Metallica und Slayer sind Zeit ihrer Karrieren nie wirklich warm miteinander geworden), sei dahingestellt, aber der andere Thrash Metal Gigant dieser Tage, Slayer, konnte dem Midscoop (zumindest in den späten 80ern) zunächst nichts abgewinnen. Auf der „Diabolus in Musica“ in den 90ern wagte man sich verstärkt der Reduktion der Mitten zu, aber auf der „Reign in Blood“ beispielsweise waren die Betonungen oberer Mitten noch zentral (vor allem deutlich hörbar auf den Klassikern „Angel of Death“ und „Piece by Piece„). Offiziell bestätigt wurde es seitens der Band nicht, aber dass der klassische Ibanez Tube Screamer bei den Aufnahmen zum Einsatz kam, wird bis heute angenommen – zumindest für den Boost der Mitten im Zerrkanal.

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Ob Mittenbetonung oder Mittenbeschneidung – beide Ansätze im Thrash Metal haben ihre Verfechter, wobei sich speziell im Neo Thrash Metal die Orientierung am Midscoop durchgesetzt hat. Besonders deutlich wurde dies in der Welle des Swedish Death Metal Mitte der Neunziger, die von Genrefetischisten aufgrund des verbreiteten Einsatzes von Growls im Death Metal verortet wurden, vom Riffing her aber ganz klar vom Thrash inspiriert wurden. Bands wie Soilwork oder In Flames haben speziell in ihren jüngeren Werken einen Sound mit wenigen hohen Mitten etabliert, ein Ansatz, der von Metal Giganten wie Meshuggah auf die Spitze getrieben wurde.

B.C. Rich, EMG, Seymour Duncan – eine Frage des Pickups

Was sind die bevorzugten Gitarren des Thrash Metals gewesen? Nun, die Antwort auf diese Frage ist unmittelbar mit der Frage nach den Pickups verbunden. Der Thrash Metal brachte schillernde Figuren hervor, ohne Frage, Gitarristen, deren Spielweise und Riffs maßgeblich prägten, wohin die Reise der Band ging. Doch in Verbindung mit diesen Persönlichkeiten fielen bestimmte Namen immer wieder.

Zwei Hersteller von Pickups sind in der Thrash Metal-Historie allgegenwärtig: EMG und Seymour Duncan. EMG besaß mit den Typen EMG 81 und 85 eine Kombination, die speziell Mitte der 80er auf fast jedem zweiten Thrash Metal Album zu hören war. Carcass, Testament, SOD – früher oder später kam jede Thrash Metal Band mit ihnen in Berührung. Heutzutage werden sie zum Beispiel in Signatureform von Zakk Wylde angepriesen. Eine damals gängige Kombination in diesem Zusammenhang, ja man möchte fast sagen „Zweckehe“, war der martialische Nimbus der Jackson-V-Gitarren mit den EMG 81s und 85s – eine andauernde Liebesaffäre auch für Metallica Frontmann James Hetfield oder Scott Ian von Anthrax. Auch Eric Peterson und Alex Skolnick kommen auch in ihren Signature-Gitarren ohne EMG-Pickups nicht aus.

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Ist das der alleinige Thronanwärter für die meistgenutzte Gitarren/Pickup-Kombination des Thrash Metals? Bei Weitem nicht! Vor allem Slayers Jeff Hannemann und Axtwalze Kerry King schwörten auf B.C. Rich und speziell Kings Auftreten ist fest mit dem Anblick der B.C. Rich Gitarren verschmolzen. Einen uneingeschränkt guten Ruf genießt die Soundqualität dieser Pickups jedoch definitiv nicht – speziell die BDSM-Pickups gelten als äußerst matschig und undifferenziert im Sound, eine „Qualität“, die sich ein Kerry King jedoch gerne zunutze machte und immer noch macht.

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Da genießen die Seymour Duncan Pickups einen weitaus besseren Ruf. Speziell das Seymour Duncan Distortion Set ist immer noch ein Favorit für Pickups im Metalbereich und tief im Soundkorsett des Thrash eingebettet. So sehr, dass Dave Mustaine von Megadeth seine Signature Thrash Factor Humbucker bekommen hat, die seinem auf der „Rust in Peace“ genutztem Seymour Duncan JB Set nachempfunden sind. Von modernen Iterationen schreckt Seymour Duncan ebenfalls nicht zurück: Die Seymour Duncan Blackouts finden bei neuen Bands der härteren Gangart Verwendung und werden beispielsweise von Mick Thomson von Slipknot genutzt.

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Speziell im modernen Metal haben viele andere, unbekanntere Namen in Sachen Pickups inzwischen Akzente setzen können. Einen fast schon legendären Status haben die Nailbomb Pick Ups von Bare Knuckle erreicht. Einige Größen aus dem Djent und Technical Death Metal schwören auf deren Alnico V Magnet Model, ebenso der Drop‘ n Gain Pickup von Lace, der bei einigen Doom Metal Bands zum Einsatz kommt.

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Insgesamt lässt sich das Paradox des Metals im Thrash Metal besonders gut nachvollziehen. Für Außenstehende wirkt es so, als hätte man es hier mit ewiger Stagnation zu tun, doch es verhält sich dann doch komplizierter, als es zunächst ausschaut. Die entscheidende Frage lautet nämlich: Wie schafft man es, den traditionellen Geist einer musikalischen Kraft, die in ihrem Entstehen von milieuspezifischen Bedingungen abhängig war, weiter zu entwickeln, ohne sie an den modernen Zeitgeist zu verraten? Die Energie des Thrash Metal ist einzigartig und kam trotzdem Ende der 80er an ihre Grenzen. Abgelöst vom nihilistischen Zeitgeist des Grunge fand man sich Mitte der 90er dann wieder, als sich New Metal oder Swedish Death Metal Formeln in Sachen Sound und Riffing ausliehen und in etwas Neues verwandelten.

Und die Technik ging mit, auch wenn auffällig ist, dass viele Gitarristen im modernen Metal auf klassische Pickup-Kombinationen schwören und diese mit neuester Amp-Technik garnieren. In gewisser Weise wird der Formel, die in den 80ern gefunden, also immer noch nachgejagt und gleichzeitig Tribut gezollt, indem man versucht, der Idee dieser durchschlagenden Brutalität den perfekten Sound zu geben, wie zuletzt Gojira, Vektor oder Meshuggah bewiesen haben. Selbstredend darf man gespannt sein, wohin die Reise des Thrash Metals weiterhin geht.

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Forum
  1. Profilbild
    iggy_pop AHU

    Von Uneingeweihten auch gerne mal Trash Metal genannt… da war dann gleich von vorneherein jeder Versuch zum Scheitern verurteilt, ihnen den Irrtum zu erklären.

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