Synthorama - Museum für Vintage Synthesizer
Für viele Elektronikmusiker sind Vintage-Synthesizer die heißesten Objekte der Begierde. Entsprechende Wucherpreise von Online-Vintage-Händlern beweisen dies immer wieder. Denn nur wo eine immense Nachfrage besteht, kann auch das Angebot so schwindelerregende Höhen erreichen.
Abhilfe schaffen inzwischen diverse Software-Varianten von analogen Klassikern wie MOOG Modular, OSCar oder CS80. Aber letztendlich ist eine Software doch nur schlechtes Analog-Methadon, das dem wirklich hochgradig Analogsüchtigen keine Heilung verschaffen kann.
Es gibt einen Ort, an dem auch weniger betuchte Synthetiker die echten analogen Schätze erleben können. Erleben im realen – nicht virtuellen – Sinne. Sehen, fühlen und vor allem HÖREN.
Im Synthorama – Museum für Synthesizer in Luterbach in der Schweiz hat Synthesizer-Fan und Museumsbesitzer Martin Hollinger eine umfangreiche Sammlung von elektronischen Musikinstrumenten zusammen getragen, die in Europa wohl einzigartig ist.
Immer wieder haben wir mit AMAZONA.de über diese wunderbare Synthesizer-Oase berichtet, die Liebhaber aus der ganzen Welt anlockt. Ganz aktuell ein illustres Grüppchen uns gut bekannter Enthusiasten, die offensichtlich viel Spaß hatten. Vor allem aber hat uns Peter M. Mahr zahlreiche Bilder von ihrem Ausflug mitgebracht, die Sie nun alle hier in diesem Artikel sehen können. Danke Peter :-)
Für Interessenten, die ebenfalls einen Besuch planen, möchten wir hier ein paar Informationen an die Hand geben in Form von „FAQs“:
– Muss man sich ankündigen für einen Besuch oder ist das Museum immer geöffnet?
Das Museum ist derzeit jeden ersten Samstag im Monat von 10.00 bis 16.00 geöffnet. Ein vorherige Kontaktaufnahme und Anmeldung empfiehlt sich dennoch. Daneben gibt es, speziell für Gruppen, nach vorheriger Absprache die Möglichkeit, auch außerhalb dieser Zeiten Zugang zum Museum zu erhalten.
– Liegt das Sxnthorama sehr abgelegen?
Luterbach liegt in der Nähe von Solothurn und somit verhältnismäßig zentral [wenn man nördlich der Alpen wohnt :-)]
– Kostet das Synthorama Eintritt?
Der Eintrittspreis pro Person und Tag beträgt SFr. 14,- (Studenten SFr. 10,-), für Gruppen ab 8 Personen je SFr. 10,- (Studenten SFr. 7,50). Es ist nicht erlaubt, im Rahmen des regulären Eintrittspreises Klänge in irgendeiner Art zu sampeln oder abzuspeichern.
– Wie viel Zeit hat man bei seinem Besuch?
Wenn man um 10.00 Uhr eintrifft und gleich loslegt … sechs Stunden.
– Darf man die Exponate anspielen?
Ja. Deshalb empfiehlt sich die Mitnahme eines eigenen Kopfhörers. Die meisten Instrumente sind abspielbereit. Es kann aber sein, dass eines einmal einen Defekt hat. Dann gleich Martin mitteilen, der sich darum kümmert. Bei unserem Besuch war aber z. B. der E-mu Modular nicht anspielbereit. Sollte man also wegen eines einzigen Instruments hinfahren, wie z. B. dem E-mu Modular oder dem ARP 2500, wäre es evtl. ratsam, vorher Rücksprache zu halten.
Interview mit dem Kurator des Museums: Martin Hollinger
Kurz vor Release dieses Reports, hatten wir Gelegenheit, mit Martin Hollinger ein Interview zu seinem Museum zu führen.
Peter:
Martin, seid wann bist du der Welt der Oszillatoren und Filter verfallen?
Martin:
Schon in der Kindheit interessierte ich mich für Synthesizer. Meine erste Theremin kaufte ich 1972, einen Bausatz „Moog Melodia“. In der Schule hatte ich 1974 den ersten Vortrag über diese Instrumente. Dafür baute ich meinen ersten, einfachen Synthesizer, welchen ich der Klasse auch vorführte. Um an Tastaturen zu gelangen, zerlegte ich damals zahlreiche Klaviere
Später begann alles 1987 mit dem Kauf meines ersten Synthesizers, einem MOOG Opus 3, den ich definitiv zum Zwecke des Musizierens anschaffte. Danach kamen der Micromoog und der Moog Liberation hinzu. Nachdem ich dann Schritt für Schritt die meisten Moog–Modelle mein Eigen nannte, weitete sich meine Sammelleidenschaft auf andere amerikanische Synthesizer-Marken wie ARP, Oberheim und Sequential Circuits aus. Darauf folgten dann die japanischen und später auch die europäischen Instrumente.
Peter:
Wie ist es dir gelungen, eine so umfangreiche und nahezu vollständige Sammlung von Instrumenten zusammenzustellen?
Martin:
Einen großen Teil der Sammlung habe ich in den USA gekauft. Ab 1990 bin ich regelmäßig nach Florida gereist, um dort zum einen meinem Hobby, dem Skateboard fahren, nachzugehen – aber auch um Synthesizer einzukaufen. Ich bin dort tagelang durch die Pfandhäuser und Second Hand-Geschäfte gezogen und habe dort viele interessante Instrumente gefunden. Seinerzeit noch zu sehr niedrigen Preisen, die heute nicht mehr vorstellbar sind. Ab 1997 war ich auch sehr häufig in Los Angeles und habe dort die teilweise sehr weiten Wege nur mit dem öffentlichen Bus oder auch mit dem Skateboard zurückgelegt. Ich erinnere mich, dass ich einmal in einem Pfandhaus einen wunderschönen Jupiter-6 gefunden habe. Leider hatte ich an diesem Tage keine Transportkapazität mehr, um das Gerät mitzunehmen. Als ich am anderen Morgen wieder hingefahren bin, war das Gerät leider weg. So fehlen mir bis heute Jupiter-6 und auch Jupiter-8 in meiner Sammlung.
Inzwischen wurde aber der Vintage-Markt in den USA von japanischen Käufern leergefegt. Die Geräte wurden sehr oft nur zu Spekulationszwecken eingekauft und verschwanden dann in irgendwelchen Lagerhäusern. Sehr schade.
Peter:
Wie viele Geräte kann man in deinem Museum anschauen und auch anhören?
Martin:
Insgesamt habe ich 220 Synthesizer und 90 Drum-Machines ausgestellt. Darüber hinaus sind noch rund 155 weitere Synthesizer, 50 Drum-Machines und ungefähr 80 Electro-Harmonix-Effekte eingelagert, für die ich leider keinen Ausstellungsplatz mehr habe. Alle Geräte sind funktionstüchtig und mit einem Kopfhörerverstärker verbunden, so dass man die Instrumente auch ausprobieren und hören kann. Ich habe rund zwei Jahre an der Einrichtung der Ausstellungsräume gearbeitet. Tische bauen und aufstellen, Kopfhörerverstärker bauen und installieren und natürlich alle Geräte technisch und optisch in einen präsentationsfähigen Zustand versetzen. Am 27.5.2000 schließlich wurde das Museum eröffnet. Es gab ein Konzert mit Bernd Scholl und drei Monate später mit eines mit Thomas Gruberski vor einem Publikum von 7 Leuten (lacht!).
Peter:
Das heißt, das Besucherinteresse lässt zu wünschen übrig? Das kann ich gar nicht glauben.
Martin:
Tja, das ist ein Problem. Das Museum ist, außer im Januar, an jedem ersten Samstag im Monat von 10 – 16 Uhr geöffnet. Ich habe etwa 80 Besucher im Jahr. Zwei Drittel der Besucher kommen aus der Schweiz und das verbleibende Drittel aus Deutschland. Leider habe ich keinen eigenen Internetauftritt. Einen ersten Überblick und Informationen findet man unter der Seite meiner Wohngemeinde.
Peter:
Martin, welche von den bei dir ausgestellten Geräten sind denn aus deiner Sicht die Highlights der Ausstellung?
Martin:
Nun, neben den Moog Modularsystemen ist da sicher der GLEEMAN Pentaphonic Clear zu nennen. Ein sehr seltenes Modell im Acryl-Look. Interessant ist auch der EMS Sequencer aus dem Fundus von Jean Michel Jarre. Ein technischer Leckerbissen ist der Analog-Vocoder von Moog im Schrankformat. Auch dieses Gerät ist voll funktionstüchtig. Mein persönlicher Lieblingssynth ist der Moog Liberation. In meinem Studio benutze ich neben dem Liberation einen Moog Taurus, von Roland die Modelle D-50 und Jun- 60, den Moog Opus 3, einen Fairlight IIi, einen Fairlight 3und ein System 700 von Roland.
Peter:
Welche Instrumente fehlen dir denn noch in deiner Sammlung?
Martin:
Also neben den bereits erwähnten beiden Jupiter Modellen suche ich noch den Fugue und das Piano Forte von Sequential Circuits und den Centaur von ARP. Vom Centaur gibt es leider nur zwei Stück weltweit – da ist es wohl aussichtslos, auf eines dieser Geräte zu hoffen. Hinzu kommt, dass durch die Verbreitung des Internets die Markttransparenz so groß geworden ist, dass die Beschaffung rarer Instrumente schwierig geworden ist und die Preise unrealistische Höhen erreicht haben. Es gibt in England Instrumentenauktionen, auf denen noch echte Raritäten angeboten werden. Da bin ich dann auch recht wachsam, ob noch etwas Interessantes für mich dabei ist.
Peter:
Ich sehe hier auf deinem Tisch großformatige Pläne, die doch sehr stark an die Bedienoberfläche eines Modularsystems erinnern. Verrätst du uns, was es damit auf sich hat?
Martin:
Ich entwickle seit gut 2 Jahren ein voll-modulares Synthesizersystem mit analogem Signalfluss und digitaler Hardware. Das System besteht aus einem modularen Synthesizer und einem Matrix-Sequencer mit 10.000 (kein Tippfehler) Steckpunkten. Die Klangerzeugung wird vierstimmig polyphon sein und verfügt über 4 VCOs mit parallelen Ausgängen für jede Wellenform; vier verschiedenen Kurvenformen fürs Glide. Als besonderes Highlight kann die Anstiegs- und Abfallzeit des Sägezahns moduliert werden.
Die Audioübertragung zwischen jedem einzelnen Modul erfolgt immer analog! Um dieses Konzept zu realisieren, kommt also eine große Zahl von AD/DA-Wandlern zum Einsatz. Das ist der große konzeptionelle Unterschied zu anderen Systemen, bei denen alle Module durchgehend auf digitaler Ebene arbeiten und erst das komplett aufbereitete Signal wieder DA-gewandelt wird. Ich will den analogen Schmutz haben und baue ihn bewusst ein. Hinzu kommen acht VCFs, acht AHDSR-Hüllkurven, 8 VCAs, 3 LFOs, ein Rauschgenerator mit echtem (!) weißen Rauschen und ein doppelter Ringmodulator.
Das Ganze wird mit 2x 10 HE Synthesizer und 1x 10 HE Matrix-Sequencer recht groß ausfallen. Der Matrix-Sequencer wird mit diversen Features zur vollkommen freien und hochgradig flexiblen Gestaltung von Sequenzen ausgestattet.
Ich zeigte den Synthesizer zum ersten Mal an einem Synthesizertreffen in Zürich im Herbst 2010 und danach vier Mal hintereinander an der Musikmesse in Frankfurt. Das Interesse an diesem Instrument hielt sich leider in Grenzen. Seit Februar 2011 steht ein Exemplar in einem Musikstudio in der Nähe von Basel.
Peter:
Wir danken Martin Hollinger herzlich für das Gespräch!
Das Synthorama on YouTube
Peter Mahr hat seine Aufnahmen zusätzlich zu einer schönen „Dia-Show“ zusammengestellt und klanglich mit einem Minimoog untermalt.
https://www.youtube.com/watch?v=nxXMMxNTSEA&feature=youtu.be
Also da gehen jedem Synthi Fan die Augen über,bei diesem irrsinnigen Angebot an verschiedensten analogen Synthis.Ich werde da bestimmt irgend wann mal hin fahren und mir die Instrumente anschauen bzw.antesten.Der Bericht hat mich doch sehr neugierig gemacht.
Ich war leider erst 2 mal im Synthorama, hab aber vor am 5.12. wieder hinzugehen. Ich kann das Synthorama für jeden Fan nur weiter empfehlen, wobei leider nicht alle Synthesizer ausgestellt werden können.
Tolles Museum, tolle Sammlung. Aber nun an einem ersten Samstag im Monat um 10:00 in Luterbach aufzuschlagen, ist schon etwas speziell. Das Museum hätte mehr als 80 Besucher im Jahr verdient, aber dann müsste es wohl flexiblere Öffnungszeiten bieten. Wenn man an den Geräten erstmal anfängt rumzuschrauben, sind doch 6 Stunden praktisch gar nichts. Nett finde ich, dass ausgerechnet der Opus 3 Martins erster Synthesizer war und er ihn auch im Studio noch einsetzt – trotz Fairlight :-)
Das Paradies gibt es wirklich. Oja. : D
Tolles Museum, war schon einige Male dort. Lohnt sich wirklich, gerade weil man alle Geräte spielen und ausprobieren kann. Wo kann man sich sonst einfach mal an einen ARP2500 setzen?
Witzig war, dass die 5 Herren zur gleichen Zeit wie ich da waren.
Mein nächstes Reiseziel!
ein traum, aber ich finde einfach keinen flug zum luterbach-international-airport.
Grossartig! Was für eine geschmackvolle Sammlung. Man muss es dem Sammler wirklich hoch anrechnen, dass er den geneigten Besucher die empfindlichen Schätze auch spielen lässt. Das ist eine Reise wert. Da werde ich definitiv demnächst vorbei schauen.
Vielen Dank für den ausführlich bebilderten Bericht!
Was für eine Sammlung! ich will gar nicht wissen, wieviel Geld da drinsteckt. Dabei ist es hoch anzurechnen, dass Besucher die Teile auch spielen dürfen.
Super interessant, besten Dank für den Artikel. Falls ich mal in der Schweiz sein sollte, wäre das Synthorama auf jeden Fall einen Besuch wert. Allerdings bin ich ein absoluter Noob, was Musik anbetrifft, dennoch faszinieren mich die Geräte. Als ich mir die Fotos angesehen habe, fiel mir auf, dass nur die „nackten“ Geräte ausgestellt sind. Von einem Museum würde ich mir jedoch mehr Informationen wünschen, also etwa auf einer entsprechenden Tafel dargestellt alle Daten zum jeweiligen Gerät, technische Daten, Baujahr, Bands, die es verwendet haben, usw., und Hinweise, was es besonders macht etc.. Genau diese Informationen könnte man dann auch auf eine Website packen – das wäre eigentlich die erste Baustelle, das Museum muss unbedingt in Marketing „investieren“ bzw. es werden sich doch ein paar Enthusiasten finden, die dabei helfen können? Es muss ja kein teurer Web-Auftritt sein, aber eine Website ist doch schnell erstellt, auf der alle relevanten Informationen verfügbar sind (Anfahrt, Eintritt, Geschichte – die Grundlage könnte beispielsweise dieser Artikel darstellen). Wenn dann noch Informationen zu den Exponaten und jeweils ein paar Fotos hinzu kommen, wäre es perfekt. Die Initiative finde ich jedenfalls bewundernswert und wünsche den Betreibern den Erfolg, den sie verdienen.
Beste Gruesse,
Ralf
Für mich bitte PS-3200 und 3300, den Synergy und das Roland 700, danke.
Letzten Samstag war ich dort, sehr interessant und beeindruckend. Mit Martin Hollinger haben wir auch über seine Eigenentwicklung gesprochen, den Airböurne Synthesizer, ein massives Teil mit einem gross ausgebauten Matrix-Sequencer. Leider scheint keiner dieses Instrument zu kennen, es gibt keine interessanten Videos dazu und keine Website. Martin ist ein höchst talentierter Entwickler und mit seinem Museum ein Sponsor aller Synth-Enthusiasten, aber Marketing und Promotion scheinen ihm gar nicht zu liegen. Ich habe ihm angeboten, gratis eine simple Website für seinen Synth zu erstellen und mein Freund Marco Papiro hat dazu seine Dienste als Grafiker angeboten, aber leider ist unser Vorschlag auf kein Interesse gestossen. Schade für die riesige Entwicklungsarbeit, die in dem Instrument steckt.
Hi! Das ist jetzt aber mal ein blödes Gewinnspiel. Oh, bitte Suzie lass mich nicht den Modular gewinnen, die Restaurierungskosten kann ich unmöglich stemmen. Oder könnte ich den vielleicht dann gegen einen aktuellen Korg tauschen? Der hat auch mehr Stimmen.
-Ein toller Bericht, auch weil ich einige Synth damals neu beim Händler gesehen habe. Aber, mal ganz ehrlich, so schön die auch sind, so sind sie auch ständig defekt. Das würde ich mir heute nicht freiwillig antun. Deswegen kann ich auch den Hype um diese alten Kisten nicht verstehen. Sorry!
Bleibt gesund!
gruß
Tom
….also wenn den EMU Modular keiner will ich hätt den gerne!!!!!