Ein Guide durch Deutschlands Musikinstitute
Auch wenn es gute Lehrbücher zum Selbstlernen und einen Haufen Online-Tutorien gibt, sind Musikschulen in Deutschland weiterhin aktuell und die wichtigste Instanz, wenn es um Musikerausbildung geht. Sowohl als Startpunkt für junge Interessierte, als auch für lernwillige Fortgeschrittene und für die Aus- und Weiterbildung als professioneller Musiker sowieso. Selbstverständlich habe auch ich über lange Jahre verschiedene Musikschulen besucht, nur leider nicht mit meinem heutigen Hauptinstrument. Das wiederum hätte ich mir wahrscheinlich ohne die genossene Vorbildung niemals erfolgreich selbst beibringen können.
Warum aber überhaupt teuren Unterricht an einer Musikschule nehmen, wenn es Millionen Lehrvideos im Internet und recht günstig zu erwerbende Lehrbücher gibt? Nun, der Knackpunkt heißt Feedback. Selbst das hochwertigste Tutorial-Video führt nur dazu, dass ich nachmache, was mir vorgemacht wird – das aber nicht unbedingt auf korrekte Art und Weise. Ich spreche aus leidvoller eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass sich ohne einen Lehrer, der auf die Finger guckt und sofort korrigiert, sehr schnell schlechte Gewohnheiten einschleifen, die man dann nur sehr schwer wieder los wird. Ein guter Lehrer geht individuell auf die Bedürfnisse seines Schülers ein und hat ein Interesse daran, diesen möglichst schnell weiter zu bringen, ein Video will nur angeklickt werden, der Rest liegt beim Schüler selbst.
Das soll nicht heißen, dass Videotutorien wertlos sind – sie können vielmehr extrem hilfreich sein. Einen Lehrer können sie aber nicht voll ersetzen, das sollte jedem klar sein. Lasst euch das von jemandem gesagt sein, der einen Großteil seiner instrumentalen Fähigkeiten eben aus Büchern und von Videos erworben hat (der Rest kommt vom Musizieren mit guten Musikern, der Lernfortschritt dadurch kann gar nicht überschätzt werden.)
Wohin wende ich mich jetzt aber, wenn ich ein Instrument erlernen oder bereits erworbene Vorkenntnisse unter Anleitung vertiefen möchte?
Öffentlich rechtliche Musikschulen in Deutschland
Der Begriff „Musikschule“ ist zunächst einmal nicht geschützt. Wenn ich mich nicht gerade in Bayern aufhalte – das ist nämlich die Ausnahme von der Regel – darf ich theoretisch ohne Weiteres mein Wohnzimmer zur Musikschule erklären und dort Unterricht geben, wie stümperhaft er auch sein mag, solange ich das als Gewerbe anmelde und versteuere. Möchte man sichergehen, Unterricht nur von studierten Musikern zu bekommen, kann man sich an eine öffentlich-rechtliche Musikschule wenden. (In Bayern dürfen nur solche den Titel „Musikschule“ tragen.) Solche Schulen gehören zum öffentlichen Bildungsangebot, sind meist staatlich subventioniert und in den meisten Städten und Landkreisen vorhanden. Ob es in der Nähe eine gibt, findet man über die Website des Verbands deutscher Musikschulen e.V. heraus, in dem diese organisiert sind.
Theoretisch sollte die Tatsache, dass nur studierte und damit entsprechend qualifizierte Musiker an solchen Schulen unterrichten dürfen, sowie die Rahmenlehrpläne und Richtlinien des VdM ein gewisses Qualitätsniveau sicherstellen. Im Großen und Ganzen ist das auch der Fall, blind verlassen sollte man sich darauf aber nicht. Auch studierte Leute können einfach schlecht in ihrem Job sein, wie überall anders auch. Obendrein müssen viele Musiker unterrichten, um einen Lebensunterhalt zu verdienen, ob sie wollen oder nicht – und nicht jeder, der selbst gut spielen kann, kann auch gut unterrichten! Damit gilt sowieso für jede Art von Musikschulen in Deutschland oder auch den Privatlehrer: Wenn man das Gefühl hat, da stimmt was nicht, der Unterricht macht keinen Spaß, man kommt nicht weiter: Das kann durchaus am Lehrer liegen und nicht nur an der eigenen Unfähigkeit oder Wahl des falschen Instruments! Vor allem dadurch, dass Musikunterricht hochindividuell gestaltet sein muss, um erfolgreich zu sein, ist dazu auch nicht jeder Lehrer für jeden Schüler gleich geeignet.
Private Musikschulen in Deutschland
Wo wir jetzt klargestellt haben, dass man immer Pech haben und sich einen ungeeigneten Lehrer angeln kann, wenden wir uns den Musikschulen in Deutschland zu, die nicht öffentlich-rechtlich und im VdM organisiert sind, den privaten Musikschulen. Auch diese können staatlich zertifiziert sein und müssen sich somit an ähnliche Richtlinien halten wie die öffentlich-rechtlichen Schulen, Pflicht ist das aber nicht. Natürlich gelten hier die Grundsätze des Marktes, „money talks and Bullshit walks“. Soll heißen, eine Schule, die schlechten Unterricht anbietet, sollte sich eigentlich nicht lange halten können. Soweit die Theorie, der allerdings zwei Faktoren gehörig in die Suppe spucken: Erstens muss für eine Abwanderung der Schüler an eine bessere Schule erst mal eine solche vorhanden sein, was außerhalb der Ballungsgebiete oft nicht der Fall ist. Zweitens ist es gerade im Bereich des Jugendmusikunterrichts für junge, unerfahrene Schüler und deren ebenfalls meist unerfahrene Eltern oft gar nicht so einfach, die Unterrichtsqualität zu bewerten!
So oder so bieten viele private Musikschulen in Deutschland ein den öffentlich-rechtlichen Schulen vergleichbares Lehrangebot an oder gehen sogar darüber hinaus. So gibt auch es auf ein bestimmtes Instrument oder Instrumentengattung oder auf bestimmte Musikrichtungen spezialisierte Schulen. Ein Teil der privaten Schulen ist im Bundesverband der freien Musikschulen organisiert.
Durch die staatliche Subventionierung und Kontrolle können öffentlich-rechtliche Musikschulen in Deutschland oft Vergünstigungen für junge Schüler anbieten und können auch für Unterricht für Erwachsene nicht jeden beliebigen Preis aufrufen. Das gilt für freie Musikschulen nicht. In der Regel werden sich durch die Konkurrenzsituation die Preise im ähnlichen Rahmen halten. Ausnahmen gibt es aber sowohl in Form günstigerer Angebote (besonders von Instrumentenherstellern angegliederten Schulen) als auch in die andere Richtung, wenn eine große Nachfrage nach einem bestimmten (eventuell auch qualitativ besonders guten) Angebot oder einem bestimmten Lehrer den Preis nach oben treibt.
Erwähnt sei auch, dass vor allem private Musikschulen in Deutschland, wie auch selbstständige Lehrer, inzwischen oft Fernunterricht anbieten. Sei es der Anfänger, der auf dem Land wohnt und partout keinen Lehrer zum Erlernen eines Instruments findet oder der schon semiprofessionelle Gitarrist, der Weiterbildung bei einem bestimmten Lehrer sucht, der aber am anderen Ende der Bundesrepublik wohnt – Musikunterricht über Skype ist inzwischen eine durchaus gute Lösung, eine halbwegs brauchbare Internetverbindung vorausgesetzt.
Beispiele und Angebote
Suchen wir doch mal ein paar konkrete Beispiele heraus, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität, das würde den Rahmen sprengen. Von meinem Wohnsitz Darmstadt muss man gar nicht allzu weit fahren, um zu einem typischen Beispiel einer größeren privaten Musikschule zu kommen, der Future Music School in Aschaffenburg. Aschaffenburg? Die ethnische Zugehörigkeit dieser Stadt ist ja unter Hessen, Bayern und Franken stark umstritten, aber offiziell gehört sie eindeutig zum Freistaat Bayern. Private Musikschule, da war doch was – dürfen die sich da überhaupt so nennen? Nun, anscheinend reicht die englische Übersetzung des Wortes „Musikschule“ aus, um das Gesetz zu umgehen!
Unter dem Dach der Future Music School vereinigen sich laut Eigenaussage drei eigentliche Musikschulen. Angeboten werden Instrumental Training und Vocal Coaching, also normaler Gesangs- und Instrumentalunterricht, ein Professional Programm, das der Ausbildung zum Berufsmusiker als Vorbereitung auf die staatliche Prüfung dient und die Band Experience, in der Ensemblespiel gelehrt wird. Letzteres verbreitet sich in den letzten Jahren stark und ist auch an staatlichen Musikschulen des Öfteren zu finden. Bandunterricht, zu meinen Jugendzeiten hätten wir uns totgelacht, aber an sich ist die Sache gar nicht so dumm! Immerhin stellt so ziemlich jeder in seiner ersten Schülerband fest, dass so eine selbst organisierte Probe auch nicht so einfach ist, wie es zunächst scheint, also warum nicht anleiten lassen? Ich habe definitiv in meinem Leben zu viel Zeit in (auch zum Teil von mir selbst) schlecht organisierten und geführten Proben verloren, um so was zu verteufeln.
Weiterhin wirbt die Future Music School damit, nur Profimusiker zu beschäftigen und lockt mit Workshops mit bekannten Heroen der modernen Musik. Bass-Workshop mit Jonas Hellborg? Check. Gitarrenunterricht bei Guthrie Govan als Gastdozent? Gerne doch! Benny Greb für die Drummer gefällig? Die Liste kann sich sehen lassen!
Was direkt auffällt und dieser rote Faden zieht sich quasi durch ganz Deutschland: Die privaten Musikschulen in Deutschland und in diesem Falle auch die Future Music School sind oft klar auf Pop, Rock und Jazz ausgerichtet, während sich ein Großteil der klassischen Ausbildung an staatlichen Musikschulen findet. Instrumentalunterricht bietet die Future Music School an Bass, Gitarre, Klavier, Schlagzeug, Percussion, Saxophon, Klarinette und Querflöte an. Bei der direkten staatlichen Quasikonkurrenz, der Städtischen Musikschule Aschaffenburg, findet sich hingegen eine lange Liste an Instrumenten, die von Akkorden über Eufonium, Fagott und Horn zu Oboe und Violoncello reicht. Man kann auch hier Gitarre und Schlagzeug lernen, aber die Prioritäten sind bei beiden Schulen klar gesetzt, was sich auch schon am Design der Webpräsenzen zeigt. Die Future Music School will modern und flippig wirken, die städtische Musikschule kommt gedeckt und seriös daher. Was einem besser gefällt? Geschmackssache.
Da bietet sich doch ein Preisvergleich an – die Städtische Musikschule finanziert sich nur zu 40 % aus Unterrichtsgebühren, der Rest sind Spenden und öffentliche Gelder, während die Future Music School salopp gesagt „ihre Kohle selber verdienen muss.“ Das scheitert aber direkt schon einmal dran, dass die Future Music School ihre Preise gar nicht veröffentlicht, sondern man per Telefon anfragen muss, was aufgrund der bayrischen Sommerferien nicht möglich war. Eine halbe Stunde die Woche Einzelunterricht am Instrument kostet an der städtischen Musikschule dagegen ganz pauschal 791,- Euro pro Jahr, wenn man in Aschaffenburg wohnt, und 1187,- Euro, wenn man von außerhalb kommt. Die Differenz erklärt sich über die Förderung aus städtischen Geldern (49 % des gesamten Schulbudgets.)
An der Yamaha Music School in Hamburg – richtig, eine einem Musikalienhersteller angegliederte private Schule – kosten 30 Minuten Einzelunterricht am Instrument 1116,- Euro pro Jahr. Das entspricht fast genau dem Satz für Auswärtige an der Städtischen Musikschule in Aschaffenburg. Die wird noch mit einem Anteil von 11 % Mitteln des Freistaates Bayern gefördert, der auch Auswärtigen zugutekommt. Die private Herstellermusikschule ist also günstiger! Teurer wird es erst in der fortgeschrittenen Ausbildung (Kollegstufe, Vorbereitung auf Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen), wo für 45 Minuten 1980,- Euro im Jahr aufgerufen werden, was über dem staatlichen Satz von 1779,- Euro (samt 11 % Förderung) liegt.
Was bietet mir die Yamaha-Bude denn für den Preis eigentlich? Nun, mitten in Hamburg gelegen, handelt es sich hier um eine ziemlich große Schule und entsprechend sieht das Angebot aus. Über musikalische Früherziehung und andere Angebote für Kinder, Bandworkshops, Ensembles, Chöre und Instrumental- und Gesangsunterricht ist hier fast alles dabei. Fast alles? Nein, keine Streicher oder Blechbläser! Auch hier ein eindeutiger Fokus auf Gitarre, Bass, Schlagzeug, Klavier, Gesang und Sax. Woran das liegt? Nun, im Bereich der klassischen Musik sind die staatlichen Musikschulen die etablierte Macht am Markt, und da macht es von privater Seite wenig Sinn, gegen anzustinken. Wenn man sich mal die ellenlange Liste an angebotenen Instrumenten an unserem staatlichen Beispiel, der städtischen Musikschule Aschaffenburg, anschaut – für das alles professionelle Lehrer verfügbar zu haben, das ist ohne Zuschüsse kaum machbar. Das klassische Orchester verlangt aber nach dieser Vielfalt an Instrumenten, während Pop und Rock da in der Regel doch eher mit überschaubarem Arsenal auskommt. Obendrein halten sich die meisten Musikschulen ein beträchtliches Arsenal an Leihinstrumenten, was gerade bei den Preisen, die für gute Streichinstrumente aufgerufen werden, auch sinnvoll ist. Es ergibt wenig Sinn, als Anfänger beispielsweise direkt eine fünfstellige Summe für ein gutes Cello auszugeben und die inzwischen erhältlichen Billiginstrumente aus Fernost sind erstens meist nicht sonderlich gut und zweitens auch noch gar nicht so lange erhältlich.
Dafür, und das ist auch meine Erfahrung aus Unterricht an einer „klassischen“ Musikschule, haben die Staatlichen zu lange gebraucht, auch Popularmusik anzubieten. Lange ließ man sich vielerorts allenfalls mal zu Exkursen in den Jazz hinreißen oder der klassische Gitarrenlehrer gab auch – oft schlechten – Unterricht an der E-Gitarre. Obendrein erachtete der deutsche Staat bis vor nicht allzu langer Zeit auch Populärmusik überhaupt nicht im gleichen Maße für förderungswürdig wie klassische Musik. In diese Marktlücke stießen die privaten Musikschulen und haben sich da festgesetzt. Die Nachfrage nach qualifiziertem Unterricht in dem Bereich ist auch nach wie vor hoch, entsprechend brummt das Geschäft.
Ein weiteres Modell in diesem Geschäft sind inzwischen auch Franchiseunternehmen. In vielen Städten gibt es zum Beispiel Filialen der Modern Music School. Die Kette hat lustigerweise sogar Außenposten im Iran und den Emiraten! Auch die bietet qualifizierten Instrumentalunterricht, Ensembleeinheiten und professionelle Fortbildung an, aber auch hier eisenhart auf die klassischen Rockinstrumente fokussiert. Entsprechend wird der Laden von Größen wie Ableton, Vic Firth, Hughes & Kettner und Roland gesponsert. (Preise müsste man rausfinden)
Mal die Filiale in Frankfurt ausgecheckt – o.k., der Gründer und Leiter ist Diplom-Geografiker, hat aber laut Eigenaussage 25 Jahre Unterrichtserfahrung. Hier könnte man jetzt natürlich meckern, der Mann würde an staatlichen Schulen nicht unterrichten dürfen – aber mal ehrlich, professionellen Status kann man sich auch anders als durch Studium erarbeiten. Auf Nachfrage per Mail wurde mir mitgeteilt, dass Lehrer an der Modern Music School weitgehend intern ausgebildet werden, mit international anerkannten Abschlüssen. Ab 2018 wird die ganze Sache mit dem englischen Level 4 akkreditiert, was einem Bachelor of Education entspricht.
Weiterhin lockt die Modern Music School – und das in allen Filialen – mit anfangs kostenlosem Unterricht, während zum Beispiel die Future Music School auf ihrer Seite ablehnt, verteufelt und mit dem Hinweis, man beschäftige nur teure Profis, quasi als amateurhaft abtut. Von Lockangeboten kann man halten was man will, aber man kauft hier auf jeden Fall nicht die Katze im Sack. Preisliste online gibt es keine, aber auf Nachfrage wurden mir als Standardangebot für 30 Minuten Einzelunterricht die Woche 1188,- bis 1308,- Euro pro Jahr genannt, abhängig von der Vertragslaufzeit. Man bevorzuge jedoch Kleingruppenunterricht, der für 45 Minuten wöchentlich ab 948,- Euro zu haben ist.
Während staatlich geförderte Musikschulen in Deutschland vereinfacht gesagt in jedem Mauseloch existieren – okay, die Leute auf dem Land in Ostfriesland oder Brandenburg mögen das mit Recht anders sehen – haben private Schulen, die sich komplett aus Unterrichtsgebühren finanzieren, die Angewohnheit, sich hauptsächlich in den Ballungsgebieten anzusiedeln. Das ergibt auch Sinn, schließlich sind da die meisten Kunden. Damit hat der angehende Musiker auf dem Land aber leider das Problem, kaum eine Wahl zu haben und wie erwähnt lässt das popularmusikalische Angebot gerade an kleinen öffentlich-rechtlichen Musikschulen in Deutschland hin und wieder zu wünschen übrig. Was nun?
Wie erwähnt gibt es an vielen größeren Privatschulen Fernunterricht per Skype oder mit eigens entwickelten Fernunterrichts-Tools. Noch weiter geht da die New Music Academy, die sehr stark auf Fernunterricht setzt und den sogar nach den Kriterien der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zertifizieren lässt. Trotzdem unterhält die Schule auch noch physische Filialen in Offenbach und Wiesbaden, in denen Instrumentalunterricht gegeben wird – 30 Minuten die Woche für 900 Euro im Jahr und damit relativ günstig! Auch hier aber nur Gitarre, Bass, Klavier, und Gesang, dieses Mal noch erweitert um den Kurs „Tontechnik für Musiker.“ Gerade der klingt recht interessant – nicht jeder Musiker muss ein guter Tontechniker sein, aber ein Grundwissen um die Thematik erspart einem gerade am Anfang der Bühnenkarriere bei den ersten Gigs und Aufnahmen jede Menge Blut und Schmerzen.
Rhythmik und Harmonielehre werden laut Eigenaussage an der New Music Academy für wichtig befunden im Rahmen der ganzheitlichen Ausbildung am Instrument mit Praxisbezug gelehrt. Damit unterscheidet sich die Eigenpräsentation deutlich vom Munich Guitar Institute (MGI), das ein weiteres interessantes Beispiel darstellt. Hier sind „die Inhalte […] ausschließlich für die Verwendung in der Spielpraxis ausgewählt und frei von unnötigem „theoretischem Ballastwissen“. Das treibt natürlich jeden Jazzpolizisten sofort auf die nächste Palme und auch ich habe mit der Aussage so meine Probleme, was aber nicht weiter ausschlaggebend ist.
Das Munich Guitar Institute ist, wie der Name vermuten lässt, gänzlich auf Gitarrenunterricht spezialisiert und in diesem Bereich vor allem auf die Ausbildung professioneller Musiker. Filialen gibt es in München und Köln. Hier werden Intensivkurse, Ausbildungen zum Live- und Studiogitarristen (leider ohne staatlichen Abschluss) sowie Vorbereitungskurse auf das Musikstudium angeboten. Anfängerunterricht gibt es nicht, ganz im Gegenteil, der angehende Schüler muss einen Aufnahmetest bestehen. Der scheint zwar sogar für mich als „Fast-Nicht-Gitarristen“ halbwegs machbar zu sein, beinhaltet aber auch schon etwas Theorie.
Klickt man sich etwas durch die Lehrgänge am Munich Guitar Institute, wird auch schnell klar, dass der Seitenhieb gegen das „theoretische Ballastwissen“ nur auf sehr hohem Niveau ernst zu nehmen ist. Hier ist keineswegs die Rede davon, Musiker zum „ich-hab-keine-Ahnung-was-das-ist-aber-klingt-geil-Rocker“ auszubilden (nichts gegen die, ich bin ja selber zum Großteil einer), es gibt sogar Kurse zu Fusion und Bebop samt theoretischem Hintergrund. Es ist also eher davon auszugehen, dass dem angehenden Jazzer hier nicht bis zum Erbrechen Mozart reingepeitscht wird, sondern direkt bei Miles Davis losgelegt wird und alle Theorie im gitarristischen Kontext vermittelt wird. Nun, damit kann ich mich dann auch schon eher anfreunden!
Vergleicht man die Kosten am MGI mit den anderen Musikschulen in Deutschland, muten die 4580,- Euro für das ganze Jahr geradezu astronomisch an. Allerdings geht es hier auch nicht um 30 Minuten Unterricht, sondern um einen kompletten 8-Stunden-Tag die Woche, unterrichtet in Kleingruppen. Damit sieht der Preis schon wieder vergleichsweise günstig aus. Die Zielgruppe ist aber auch so klar umrissen, angehende Profigitarristen und sonst nichts. Einzelunterricht bei den Dozenten des MGI ist auch möglich, die Preise dürften da je Lehrer unterschiedlich sein.
Ein vergleichbares staatlich gefördertes Institut, wenn auch nicht gar so spezialisiert wie das MGI, wäre zum Beispiel die Akademie für Tonkunst in Darmstadt. Die bietet als öffentlich-rechtliche Musikschule neben Anfängerunterricht (der hier mit 600,- Euro / Jahr überraschend günstig zu haben ist) ein berufsakademisches Musikstudium (somit als auch eine nicht-universitäre Ausbildung zum professionellen Musiker) und Aufbaustudiengänge zur Vorbereitung auf Universität oder Konservatorium. Wieder fällt auf, dass hier stark auf klassische Musik gesetzt wird.
Noch eine gute Infoseite:
Deutsches Musikinformationszentrum:
(Auch viele Statistiken)
http://www.miz.org
Hi Folks,
wir haben unsere beiden Söhne an unterschiedlichen Musikschulen – öffentlich und privat. Warum?
Unser älterer ist Drummer und wurde von seinem vorherigen (studentischen) Lehrer an dessen früheren Lehrer an der Kreismusikschule vermittelt – und der gilt hier im Kreis schicht als der beste, ist menschlich klasse und „liefert“ auch amtlich.
Allerdings entpuppte sich die Kreismusikschule als sehr unflexibel, und der Versuch anstatt der für Drummer sehr kargen 1/2h Stunde Unterricht eine 3/4h buchen zu können, erwies sich als Kampf mit den Windmühlen – da hilft auch nicht, für mehr Unterricht einfach mehr bezahlen zu wollen… Der Lehrer schaffte es dann letztendlich über eine jährliche „Begabtenprüfung“ zu regeln.
Bei unserem jügeren Sohn schlug die fehlende Flexibilität der Kreismusikschile dann besonders heftig zu. Ein 10-jähriger, der unbedingt E-Bass spielen will? Unmöglich, und ohnehin muß man an der Kreismusikschule in jedem Fall mit der klassischen Gitarre starten, bevor man dann irgendwann auch mal an die dicken Saiten darf.
Kurzum, hier erwieß sich die private Musikschule als flexible Alternative. E-Bass für junge E-Bass Enthusiasten? Kein Problem und sehr gut möglich. 3/4h statt 1/2h? Kein Problem, bei entsprechendem Mehrpreis auch gern mehr. Flexible Band Workshops und Auftritte: klar doch!
Gruß, Carsten
@Metaphistopheles Also, meinen Sohn hat der Unterricht damals an einer Musikschule ziemlich abgetörnt, so dass er erstmal für einige Jahre (trotz Begabung) überhaupt kein Interesse mehr an einem Instrument hatte. Die Keyboardlehrerin ging wohl lieber in aller Regelmäßigket während des Unterrichts einen rauchen, anstatt den Kids etwas zu vermitteln. Phlegmatischer, lustloser Unterricht, ohne auch nur den Ansatz zu zeigen, irgendwo was rauszukitzeln oder fördern zu wollen. Schade!
Nun ja, gute / schlechte Lehrer gibt es wohl hüben wie drüben.
Den Vogel abgeschossen hatte für unseren älteren die „Musikalische Früherziehung“ der Kreismusikschule.
Und was lernen die Kinder im Kindergarten-Alter als erstes, um musiklisch zu werden? Noten lesen…
Aber wir haben dann gekontert: Statt als Hausaufgabe „Gitarre“ den Joghurt-Becher mit Gummibändern zu basteln, gab’s dann den aus einer Holzschachtel für Teebeutel, einem Stück Sperrholz, zwei Gitarrensaiten mit zwei angefeilten Zahnstochern als Bünde, den „Bordunator“ samt Pickup und 6.3mm Buchse zum Anschluß an die gute alte „Metal Screamer“ Tretmine, für Kinder, die 2 Saiten mit 2 Bünden treffen können, um die beliebten 3-Powerchords-Songs in amtlicher Lautstärke erschallen zu lassen. :-))) Rache kann ja soo süss sein an solchen „Lehrern“…
Wäre toll, wenn ihr nach und nach einzelne Musikschulen vorstellt. Mich würde vor allem Gesangsunterricht interessieren.
@lena Ich greif das wieder auf und gebs weiter.