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Vintage Guitar Classics: Hoyer Telecaster 1980 E-Gitarre

Die teutonische Tele aus Tennenlohe

7. Januar 2023

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Nachdem mein Artikel über die japanischen Fender Rosewood Tele  so gut ankam, hier noch ein Nachschlag zum Thema: Es geht um die schöne, circa 1980 in Deutschland gebaute Hoyer Telecaster. Eine Vintage-Gitarre made in Germany!

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Hoyer Gitarren

Ohne Frage war dieses Modell nach Stratocaster und Les Paul und vermutlich noch vor SG, ES-335, Firebird & Co., der beliebteste amerikanische E-Gitarrenklassiker aller Zeiten, der weltweit gerne und oft kopiert wurde. Und das nicht nur in Japan, Korea und China. Bereits in den 1970er-Jahren waren auch deutsche Hersteller am Thema und so gab es Telecaster-Kopien von Framus, Höfner, Klira und Hoyer. Während diese Fender-Interpretationen der erstgenannten Hersteller eher rustikal ausfielen und vom Original abwichen – die Framus 5/350 und Höfners Modell 175 und der Tele-Bass 186 hatten ganz eigene Pickups und Hardware – ging Hoyer einen Schritt weiter. Man setzte auf eigene Designs, orientierte sich an der Mode der 1970er-Jahre und hatte auch einen Blick auf die Arbeit amerikanischer Instrumentenbau-Avantgardisten wie Alembic und Veillette-Citron geworfen, die mit durchgehenden Hälsen, ergonomischen Bodys und ausgefeilter Elektrik neue Wege gingen.

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Geschichte der Firma Hoyer

Die Firma Hoyer wurde 1874 in Schönbach/Egerland gegründet – im heutigen Tschechien. Nach 1945 zog das Unternehmen nach Tennenlohe bei Erlangen, wo Arnold Hoyer sich erst mit sehr guten Konzertgitarren und dann ab ca. 1950 vor allem mit originell designten Schlaggitarren, also dicken Archtops, einen Namen bei Musikern machte. Mit dem Modell 25 gab es eine Archtop-E-Gitarre mit eingebautem Röhrenverstärker und Lautsprecher, mit der Fantastik (Modell 55) auf den ersten Blick eine Gitarre für Kirchenorganisten.
1967 übernahm Hoyers Sohn Walter das Unternehmen und setzte zeitgemäß auf Semiakustik- und Solidbody-E-Gitarren.

VINTAGE GUITAR CLASSICS Hoyer Katalog

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Hoyer Eagle, Black Lady, Foldaxe & Co.

Im Jahr 1977 schied Walter A. Hoyer als letzter Familienangehöriger aus der Firma aus. Unter neuer Führung setzte man jetzt verstärkt auf Originalität und höchste Fertigungsqualität: Es entstanden die Hoyer-Eagle-Modelle, der Taurus Bass, die Black Lady, die megarare White Lady und die berühmte Foldaxe, ein Kult-Objekt, nicht nur als Instrument, auch in puncto Design: eine Reise-Gitarre zum Zusammenklappen und das funktionierte ohne Verstimmung! Markenzeichen wurden die durchgehenden Hälse und hochwertige amerikanische Tonabnehmer von DiMarzio.

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Ende der 70er-Jahre wurde dann die Hoyer Eagle vorgestellt, deren Kopfplatten-Enblem bis heute an einen Reichsadler aus der Nazi-Zeit erinnert – etwas unsensibel. Akzeptablere nationalistische Tendenzen befriedigte die HG 651 mit ihrem rechteckigen Korpus (à la Bo Diddley), der mit einem Flaggenmotiv nach Wahl lackiert wurde. Ende 1987 stellte Hoyer die Produktion ein, der Markenname tauchte aber immer wieder auf, seit 2009 hat die britische Firma Ritter die Markenrechte übernommen und lässt in Asien produzieren.

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Hoyer Telecaster

Zurück in bessere Zeiten: Hoyer war immer recht schmerzfrei, was die eigenen Klassiker-Kopien anging und so war auf einer Hoyer Paula wie der 5060 auch schon mal „Les Paul Custom“ auf dem Trussrod-Cover (der Halsspannstab-Abdeckung) zu lesen. Wie Ibanez in Japan begann auch Hoyer dann Mitte/Ende der 70er-Jahre mit der Entwicklung eigener Modelle, die in puncto Ästhetik mehr als originell waren und bis heute unerreicht sind, was die Verbindung von Harmonie und Funktionalität im europäischen Gitarrenbau angeht.

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Nach den frühen Telecaster-Kopien mit Schraubhals, die bereits Ende der 60er hergestellt wurden, produzierte Hoyer dann von ca. 1980 bis ’85 ganz eigene Tele-Modelle Es gab die „Telecaster“, die „Black Lady“ (schwarz und mit auffälligem Binding) die u. a. Peter Maffay und Ex-Nena-Begleiter Carlo Karges spielten, und später war noch eine „Telecaster Black Star“ im Portfolio.

Konstruktion der Hoyer Telecaster

Bei der hier zu genießenden Gitarre handelt es sich um das Modell „Telecaster“, vermutlich gebaut um 1980. Hingucker ist natürlich der durchgehende, aus drei längs verleimten Ahornteilen bestehende, relativ schlanke Hals mit seinem relativ flachen, mit einfachem Binding eingefasstes Palisandergriffbrett mit 21 Medium-Bundstäbchen. Der geht gerade durch den schönen in Cherry-Burst lackierten Korpus, auch die Kopfplatte ist passend lackiert. Auf deren Rückseite sitzen geschlossene Schaller-Mechaniken.

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Die Saiten laufen über einen Messingsattel zu den den wuchtigen Rollen-Saitenreitern des ansonsten Tele-typischen Stegs. Ebenfalls in Chrom gehalten ist die Reglerplatte mit zwei geriffelten Potikappen und einem 3-Positions-Wahlschalter vom Les-Paul-Typ.

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

An den durchgehenden Hals hat Hoyer zwei schwere Saitenteile aus Mahagoni geleimt, die ebenfalls zweiteilige Decke besteht aus ca. 5 mm dickem Riegelahorn – sie ist mit dreilagigem Binding eingefasst. Die Saiten werden durch den Korpus geführt.
Die Gitarre wirkt sehr edel und sieht aus wie die aufgetakelte schlanke Country-Schwester einer Cherry-Sunburst-Les-Paul-Standard. Also alles ein bisschen anders, mit dem Besten aus verschiedenen Welten. Schlau!

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Vintage Guitar Classics Hoyer Telecaster 1980

Die Pickups der Hoyer Telecaster

Mit den beiden sehr kräftigen Singlecoils geht diese Tele klanglich etwas in Richtung P90 und bietet alles andere als den typischen Tele-Twang. Zwar hat sie eine Menge Brillanz, aber sie klingt dabei weder glockig noch knackig, noch so spritzig wie eine echte Telecaster – sondern wie eine dieser damals modernen Edelgitarren, die das Terrain zwischen Fender und Gibson beackerten. Wobei mir der sehr warme, vollmittige Hals-Pickup sehr gut gefallen hat, weil er diese Televariation wirklich zu einem Allrounder macht, der clean jazzen, in Mittelstellung des Tonabnehmer-Wahlschalters dezent funken und nur mit dem Bridge-Pickup ganz ordentlich abrocken kann.

Fazit: Die etwas andere Tele

Ein echter Hingucker mit Klassikerbezug, der klanglich und vom Spielgefühl sowohl Telemaniacs wie auch Paulanerinnen auf neue Wege begleiten könnte. Sofern man eine findet. Mir ist außer Suchanzeigen und einem modifizierten Linkshändermodell seit Langem keine Hoyer Telecaster der Oberliga mehr begegnet. Und nachdem ich eine dieser Schraubhals-Hoyer-Horror-Teles für knappe 1400 Euro gesehen habe, möchte ich über die Preisentwicklung der hochwertigen Hoyers gar nicht nachdenken. Die besseren Archtops dieses deutschen Herstellers, aus den 50er- und 60er-Jahren, bewegen sich mittlerweile zwischen 2000 und 5000 Euro. Und die waren auch mal wenig attraktive Flohmarktware.

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Was lernen wir daraus? Auch mal genauer hingucken, hinhören und hinpacken, wo allwissende Musikerkollegen mit mitleidigem Grinsen die Nasen rümpfen! Denn so kann man gelegentlich originelle Instrumente entdecken, bevor der nächste Vintage-Trend sie unbezahlbar macht. Viel Spaß dabei!

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Forum
  1. Profilbild
    Tai AHU

    Ich war immer Fan der Firma. Als Gitarrist mit nur einer E-Gitarre gehöre ich sicher zu den Sonderlingen. Und die Einzige ist in meinem Fall eine 50603, eine der ersten eigenen Modelle der Firma, damals um die 1200 DM. Das Problem der Firma dürfte auch der Preis gewesen sein. Die teuersten Gitarren hinter den zwei Top-Firmen Fender und Gibson. Die anderen Kopisten waren günstiger. Japan spielte in der ersten Hälfte der Siebziger noch keine Rolle.

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Tai Hallo Gaffer, als diese ersten modernen Hoyer-Modelle auftauchten, so wie deine 50603, gingen die Meinungen aber primär in puncto Design auseinander. Was in den USA mit Alembic, Carvin etc. auch nicht anders war. Die Gitarrenszene ist nun mal größtenteils sehr traditionalistisch und markenfixiert – und so hatte Hoyer gegen Fender und Gibson keine Chance. Und auch die Japaner haben ja zwischen ca. 1973 und 1978 den europäischen Markt in erster Linie mit Strat- und Les-Paul-Kopien geflutet. Klar, die haben auch nur die Hälfte oder ein Drittel deiner Hoyer gekostet.

      Ich finde es schön, dass diese ganz besonderen Instrumente von Hoyer wie auch einige von Framus und Höfner, heute auch wieder geschätzt werden.

  2. Profilbild
    Fredi

    Hallo Lothar,

    wie man an meinem Logo erkennt, besitze ich eine Hoyer 5060 LP-Kopie, die ich natürlich nie hergeben würde.

    Hoyer hatte immer einen tollen Ruf. Der oberste Gitarrenexperte eines Münchner Musikladens (beide mittlerweile in Rente) meinte einmal, als ich dort zum Testen mit meiner Gitarre aufkreuzte: „Oh, eine Hoyer! Das ist ja mal was Besonderes…“. Meine Performance war dann natürlich nicht ganz auf diesem Niveau 😉

    gaffers Anmerkung mit den japanischen Gitarren Anfang der 70er Jahre teile ich nicht. Damals gab es Aria, Cimar und auch schon Ibanez und Yamaha, die relativ gute Klone hergestellt haben. Sicher in der Qualität noch nicht vergleichbar mit den alten Gibsons und Fenders (das hat sich ja dann später massiv geändert!), aber die der neuen Exemplare der Edelmarken war ja Anfang der 70er auch nicht mehr so berauschend. Da ich damals Schüler war, habe ich mich eher an den Billig-Gitarren orientiert, und da waren die Japaner schon sehr präsent.

    Gruß
    Fredi

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Fredi Hallo Fredi, das sehe ich ähnlich – und habe Gaffer eben geantwortet. Hoyer wird wohl mehr Teles, Flying Vs und Les Pauls verkauft haben, als ihre tollen Eigenkreationen, vermute ich mal. Spezielle Designs gegen den Mainstream waren eben schon immer Geschmacksache – und da kriegst du die Menschen auch nicht mit dem Qualitätsargument. Ibanez hat es ja dann ab ca. 1978 geschafft, mit eigenen Modellen und hoher Qualität die Musikerszene zu überzeugen. OK, kopieren durften sie nicht mehr, und viele eigene Kreationen waren nicht weit von den Klassikern weg. Aber sie haben es damit in die Oberliga geschafft, so wie auch PRS.

      Grüße
      Lothar

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