Friedman Cali AMBZHH+HT – Sound & Praxis
Erlenkorpus und geschraubter Ahornhals, eigentlich ja ein Garant für einen knackigen und brillanten Ton mit jeder Menge schnellem Attack und dem gewissen Biss. Doch die Friedman Cali AMBZHH+HT lässt das Ganze etwas gediegener angehen und kommt eher aus der Tiefe, dafür aber mit jeder Menge Druck und einem ganz hervorragenden Sustain. Das wiederum ist eine Bestätigung der Erwartung, die an eine Gitarre mit String-through-Saitenführung gestellt wird. Exakt dieser warme und voluminöse Grundsound der Konstruktion wird nahezu eins zu eins von den beiden Humbuckern an den angeschlossenen Verstärker portiert, wobei der Classic-Humbucker am Hals noch mal eine ganze Spur mehr „vintage“ klingt als sein eher moderner tönender Kollege am Steg.
Darüber hinaus scheint die Schaltung einen „Treble-Bleed“ zu besitzen, denn das Signal verliert auch beim Zurückregeln des Volume-Potis in keiner Weise an Frequenzgang und Dynamik. Somit kann man die Pickups mit ganz unterschiedlichen Nuancen fahren, was das Fehlen der Singlecoil-Sounds zumindest etwas verschmerzt.
Die Bespielbarkeit ist hervorragend und entspricht voll und ganz den Erwartungen an ein Instrument dieser Preisklasse. Darüber hinaus hat man sich schon nach wenigen Minuten an das natürliche Spielgefühl der Halsrückseite gewöhnt, es fühlt sich schlicht sehr vertraut und sehr persönlich an. Das liegt aber nicht nur an der leicht schwarz eingefärbten Halsrückseite! Ebenfalls Bestnoten kann man für die Intonation vergeben – egal, ob am ersten oder am letzten Bund gegriffen, Akkorde oder Voicings klingen stets rein, klar und absolut frei von jeglichen Artefakten.
Kommen wir zu den Klangbeispielen, für die folgendes Equipment benutzt wurde: Orange Micro Dark Amp – Hughes & Kettner 1×12″ Celestion-V30-Box – AKG C3000 Mikrofon – Logic Audio.
In Klangbeispiel 1 hören wir einen High-Gain-Sound, eingespielt mit dem Front-Humbucker. Hals-Pickups neigen speziell bei hoher Zerrung gerne zum Matschen, das wissen wir alle. Hier aber braucht man sich keine Sorgen zu machen, der Ton ist zwar fett, dabei aber alles andere als matschig.
Wir schalten den Dreiwegeschalter ganz nach hinten auf den Steg-Pickup und hören einen Riff mit mittlerer Verzerrung. Der Ton ist auch hier sauber und artikuliert, obwohl ich ehrlich gesagt schon etwas mehr Biss erwartet hätte. Beide Classic-Pickups in der Friedman Cali AMBZHH+HT erscheinen da recht zahm und könnten tatsächlich PAFs aus einer alten Paula sein.
In Klangbeispiel 3 hören wir einen Leadsound mit beiden Pickups am Start.
Trotz der fehlenden Singlecoil-Option ist die Cali durchaus auch für unverzerrte Sounds zu gebrauchen, der resonante, warme und sustainreiche Grundsound besitzt genügend Charakter dafür. Im vierten Beispiel nun der Klang des Steg-Humbuckers und unverzerrtem Orange Micro Dark.
Abschließend ein weiterer Cleansound, eingespielt mit beiden Pickups und etwas zurückgenommenem Volume-Regler ohne Verluste in Klang und Dynamik.
Ich weiß auch nicht – wahrscheinlich bin ich da spießig. Ich finde es echt cool, wenn Gitarren seit 20 Jahren in Gebrauch sind und abgeschrubbt sind, wenn sie eine echte Patina haben. Aber eine Gitarre kaufen, die bewusst auf alt gemacht ist, das würde ich dann doch nicht machen … Das ist einfach Fake. Ich frage mich echt, wer dann solche Teile für den Preis kauft.
Insbesondere die beiden clean Klangbeispiele klingen sehr schön ranzig, gefällt mir, obwohl mir dabei eher die 70ger in den Sinn kommen als die 80ger.
Scheint eine richtig gute Gitarre zu sein. Nur das künstliche Altern hätte man sich sparen können, auch wenn es hier im Gegensatz zur Xotic zugegebenermassen mit einem gewissen Witz gemacht ist.
Muss ein Jazzer gewesen sein, der die Gitarre „geaged“ hat. Wenn das eine Gürtelschnalle erledigt haben soll, hing die Gitarre im Rechten-Arm-90-Grad-Winkel … ;-) Das ist Bandschleifer angesetzt und mit dem Schraubendreher etwas nachgehakelt, echte gealterte Gitarren haben die Verschleisspunkte anders positioniert … nichts für ungut …
Wah, selbst wenn mir der Klang genügte und ich soviel Kies übrig hätte, wüsste ich nicht, ob ich mich mit dieser – tatsächlich mehr als „runtergerockt“ wirkenden – Gurke auf die Bühne traute: wo dann für alle der Eindruck entstünde, ich pflegte mein Griffbrett nicht und spielte das abgegriffenste der Welt. Selten ein scheußlicheres Aging gesehen. Für wen werden solche Abnutzungsvortäuschungen überhaupt veranstaltet – für eine Klientel, die nur so tun kann, als hätte sie irgendwas hinter sich (oder noch vor)?
Und dann dieser – den Hörbeispielen nach zu urteilen – mäßige, matte Sound. Da macht ja meine alte Chica (ein eher schlichter Strat-Nachbau, den mir einst ein Kumpel bastelte) noch mehr her, von meinen teureren Lieblingen ganz zu schwelgen (die aber jeweils deutlich unter 1.000 Euro zu haben waren, andererseits eh keine Strats sind).
Aber auch schön, sich nicht nach jeder Luxuswumme sofort die Finger schlecken zu müssen, haha!
Toller Bericht… vielen Dank dafür….