Jetzt auch für Android: Cubasis 3
Für iOS schon ein „alter Hut“, aber unter Android noch recht frisch: Steinberg Cubasis 3. Endlich gibt es die Mobilversion des Sequencers aus dem Hause Steinberg auch für das Google-Betriebssystem – wurde auch Zeit. Während die iOS-Version rund acht Jahre das Musizieren auf den Apple-Geräten mit Steinberg-Produkten erlaubt, ist die Android-Version (die auch unter ChromeOS ihren Dienst tut) erst seit ca. einem Jahr verfügbar. Ein paar Unterschiede gibt es zwischen den Versionen, aber alles der Reihe nach.
Steinberg Cubasis im Google Play-Store
Wie bei Apps für Android üblich, führt der erste Weg zum Store von Google: Hier findet sich Steinberg Cubasis 3 für Android für derzeit günstige 14,99 Euro zum Herunterladen (regulärer Preis 29,99 Euro). Kaum ist der Kaufvorgang abgeschlossen, laden sich die etwas mehr als 1 GB auf das Android-Device der Wahl. Von einem Installationsprozess, wie man ihn von Desktop-Rechnern her kennt, ist nichts zu spüren – wie üblich bei App-Stores. Auch In-App-Käufe stehen bereit.
Hier gibt es dann die ersten Unterschiede zu iOS. Zur Verfügung stehen bei der Android-Version die Software-Pakete Classic Machines, FX Pack I, FX Pack II sowie Micrologue ARP. Die Waves-Plug-ins, die bei der iOS-Version angeboten werden, sucht man hier vergeblich. Schade, denn der Waves AudioTrack Channel Strip, der Waves Q10 Equalizer sowie der Waves L1 Ultramaximizer würden auch mit Steinberg Cubasis 3 für Android richtig Spaß machen. Evtl. kommt hier noch die „frohe Botschaft“, immerhin schien auch die Android-Version für längere Zeit extrem unwahrscheinlich.
In den Startlöchern mit Steinberg Cubasis 3
Der erste Eindruck von Steinberg Cubasis 3 auf Android ist durchweg positiv: Zwar dauert der Startprozess etwas, aber wer Cubase kennt, fühlt sich in der GUI von Cubasis direkt heimisch. Die Nutzeroberfläche ist dicht an dem großen Bruder orientiert. Die Bedienelemente sehen nicht nur ähnlich bzw. identisch aus, sie scheinen auch (meist) so zu funktionieren, sehr gut.
MIDI-Devices (Keyboard, Controller etc.) lassen sich (via Kabel, leider derzeit nicht via Bluetooth – Google sei dank) ebenso einbinden wie externe Audiointerfaces. Hier gibt es allerdings ein großes Aber: Unter Android sind nur Stereoverbindungen möglich, unabhängig vom Interface. Das mehrspurige Drum-Recording muss demnach der Mac oder der PC übernehmen oder es steht noch ein iPad mit Cubasis zur Verfügung. Die Reaktionszeit und Performance ist extrem von genutzten Android-Device abhängig und kann nicht pauschal beantwortet werden. Auch ist es, dank der sehr großen Anzahl verfügbarer Android-Geräten, den Entwicklern nur möglich, einen Bruchteil der verfügbaren Geräte mit Cubasis zu testen. Ein klarer Nachteil der Plattform.
Besonders wird die Kompatibilität zu ChromeOS vom Hersteller betont. Damit ist Steinberg Cubasis 3 für Android auf einem Notebook lauffähig, das nicht von Redmond oder Cupertino „betrieben“ wird – eine spannende Entwicklung.
Steinberg Cubasis 3: Einsatz der Android-DAW
Wer ein vollwertiges Cubase auf dem Tablet erwartet, wird zunächst einmal enttäuscht. Zwar ist die Bedienung von Steinberg Cubasis 3 für Android sehr nah an Cubase (Pro), was das Look & Feel angeht, der Workflow jedoch ist – an einigen Stellen – deutlich anders. Auch erscheint der Ablauf nicht in gleichem Maße intuitiv wie beim großen Bruder. Das ist zum einen der schwächeren Hardware, zum anderen dem veränderten User-Interface geschuldet: Eine Maus hat zwei bis drei Tasten und ein Mausrad. Das fehlt dem Android-Tablet natürlich. Daher entfällt bspw. auch der übliche Rechtsklick, um die Toolbox zu öffnen. Ebenso kennt Cubasis keine Effekt-Spuren, man aktiviert die entsprechenden Effekte als Send-Effekte in den Kanälen direkt. Etwas weniger übersichtlich als bei der Desktop-Variante. Wer bspw. die Arbeit mit dem Konzept „Effekt-Spuren“ gewohnt ist, wird sich entsprechend umstellen müssen. Das ist allerdings dem Medium Tablet selbst geschuldet und nicht als Fehler zu sehen.
Es gibt aber noch mehr solcher Unterschiede. Ein Sequencer ist ein komplexes Werkzeug, das hier auf eine stark vereinfachtes User-Interface trifft. Somit läuft der erste Teil des Tests etwas holprig an, die Umgewöhnung fordert ihren Tribut. Der Micrologue ARP – ein Verwandter des Retrologue – läuft auf dem Testgerät alles andere als gut. Er bringt Cubasis aus dem Tritt und sorgt auch mal für einen Absturz (hier sogar mit Totalverlust der Session). Das sollte besser gehen, vor allem vom Fehlerhandling her; bitte nachbessern (wenn es nicht am Testgerät selbst liegt), da der Rest tadellos läuft.
Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit läuft die Arbeit schon deutlich runder. Allerdings müssen die Ansprüche entsprechend angepasst werden. Kein VST-Expressions, keine VCA-Gruppen etc. Das geht meiner Meinung nach aber voll in Ordnung für eine solche App.
Wer auf die genannten Features (und einige mehr) nicht verzichten kann (oder will), wird sowieso nicht zu Steinberg Cubasis 3 oder einem anderen Sequencer für Android/iOS greifen – von daher wurde in Hamburg alles richtig gemacht, sehr gut.
Vom Timing und Reaktionsverhalten her lief der Test befriedigend bis gut (auf einem Huawei Media Pad T5). Es ist aber noch deutlich „Luft nach oben“. Das ist aber auch dem Testgerät geschuldet, da die Media Pads – bei solchen Anwendungen – wohl nicht immer die beste Wahl sind.
Um die Cubasis Session nach Cubase zu exportieren, muss für den eigentlichen Import in Cubase (jeder Version) eine Erweiterung heruntergeladen und installiert werden. Könnte man das nicht gleich inkludieren?
Außerdem ist der Export/Import nicht so recht komfortabel: Die Cubasis-Session muss via AndroidBeam, Dropbox oder USB-Kabel (…) zunächst auf den Zielrechner gebracht und dort geöffnet werden. Elegant wäre, wenn Cubasis und Cubase via USB-Kabel oder Netzwerk direkt miteinander kommunizieren könnten. Das wäre zeitgemäß und evtl. was fürs nächste Update. Auch bedauerlich ist, dass von Cubase kein Export auf das Tablet möglich ist. Es dürften die Projekte von Cubase (Pro) derart komplex sein, dass diese nicht an Steinberg Cubasis 3 für Android zu „verfüttern“ sind – eigentlich klar.
Auch der Export zu Cubase (Pro und Elements) verlief beim Test nicht reibungslos: Automationsdaten wurden nicht übernommen, die Pegelverhältnisse stimmten nicht mehr ganz und die Drum-Machine wurde bei einem Test-Export sogar gar nicht erkannt und somit ist das Projekt unter Cubase plötzlich ohne Schlagzeug. Hier ist noch Nachbesserungsbedarf.
Klanglich und in der Funktionsweise – also in den wichtigsten Kernkompetenzen eines solchen Sequencers – ist Cubasis aber über jeden Zweifel erhaben!
Zur Optimierung der Audioperformance bieten die Hamburger direkt Hilfe in einem Artikel im Nutzerforum. Das ist sehr vorbildlich. Ebenso sollte vor dem Kauf von Steinberg Cubasis 3 für Android Gebrauch von der Trail-Version gemacht werden, ob das eigene Device sich für den geplanten Musikeinsatz gut eignet.
Unterschiede zur iOS-Version von Steinberg Cubasis 3
Steinberg Cubasis 3 für Android ist nicht so umfangreich, wie die Version für die Apple-Geräte. Das hat mit der Android-Plattform selbst zu tun und kann Steinberg nicht angelastet werden. Die Preise sind ebenso entsprechend gestaltet. (Steinberg selbst stellt eine umfangreiche Vergleichstabelle online bereit). Die Audio Unit (AU) Schnittstelle steht unter Android nicht zur Verfügung. Auch Inter-App Audio ist nur auf Apple-Geräten zu finden, ebenso Audiobus. Einst wurde bei Steinberg selbst zur Tastatur gegriffen, wenn das System nicht optimal für die Audiobearbeitung geeignet schien und beispielsweise MROS oder ASIO aus der Taufe gehoben. Solche Bestrebungen wären wieder wünschenswert, kosten aber auch Arbeitskraft, Zeit und Geld.
Eine direkte Anbindung zu AudioShare bietet Steinberg Cubasis für Android auch nicht – es mangelt an einer AudioShare-Version für das Google-Betriebssystem – da gibt es Schlimmeres. Das iTunes FileSharing bleibt der iOS-Version ebenso vorbehalten wie der AirPlay-Support, auch das ist allerdings kein Weltuntergang.
Beim MIDI-Support ist Bluetooth derzeit ebenso nur in der iOS-Version zu finden. Das ist sehr schade und konterkariert den Mobile-Aspekt doch etwas, hier liegt der Spielball allerdings bei Google bzw. Android.
Generell ist der Hardware-Support in Steinberg Cubasis 3 für Android eingeschränkt (wie Steinberg auf der Website angibt). Zum Ansprechen der Hardware wird die Oboe-Schnittstelle von Google genutzt, die leider nicht so ambitioniert bestückt ist, wie man das von iOS her kennt.
Bei den In-App-Käufen sind die Waves-Plug-ins für die Android-Version nicht verfügbar. Das ist sehr bedauerlich, allerdings stehen sehr hochwertige Steinberg eigene Effekte zur Verfügung. Somit ist die Waves-Abstinenz in Steinberg Cubasis 3 für Android zu verschmerzen. Evtl. findet Waves doch noch Gefallen an Android?
In einem FAQ hat Steinberg grundlegende Fragen zur Android- und ChromeOS-Version zusammengetragen.
Das Android-Audio-Problem
Dass Android – auf der Audioseite – nicht auf Augenhöhe mit iOS ist, ist den Software-Gurus aus Hamburg nicht anzulasten. Trotzdem schränken diese Punkte den Spaß mit Steinberg Cubasis 3 für Android doch etwas ein, ja die Welt ist unfair.
Es gibt unter Android kein Inter-App Audio und kein Audiobus, auch gibt es keine (gleichwertige) Entsprechung in der Android-Welt. Hier sollte ein Hersteller in die Bresche springen und versuchen, diese Lücke zu schließen, da Google dazu anscheinend keine Veranlassung sieht.
Richtig weh tut jedoch das Stereo-Problem: So sieht Android nur einen Stereoeingang und einen Stereoausgang vor. Mehrspur-Recording ist damit nicht möglich. Um es (noch mal) klar zu sagen: Diese Limitation ist ein Problem der Android-Plattform (wie bereits ausgeführt). Selbst mit Steinberg-Interfaces bleibt diese Limitierung. Das ist ein herber Schlag für professionelles Audio auf Android! Gerade für Mehrspur-Recording (einfache Mitschnitte) könnte ein Android-Tablet mit einem entsprechenden Interface eine simple Lösung sein, leider macht das Audio-System von Android nicht mit. Samsung hatte mit SAPA (Samsung Professional Audio SDK) einen Vorstoß gewagt, allerdings war diesem Projekt (bisher) kein großer Erfolg beschieden. Android ist ein LINUX-Derivat und Audio unter Linux ist ebenfalls noch nicht sehr populär. Immerhin existiert mit der Jack-Schnittstelle eine entsprechende Audio-Lösung. Auf dieser basieren praktisch alle Audioprogramme unter Linux. SAPA stellt eine Android-Portierung dieser Schnittstelle dar. Möglicherweise wäre einer solchen Portierung mehr Erfolg vergönnt, wenn diese nicht von einem Hardware-Hersteller (und der damit verbundenen Bindung an Devices eines Herstellers) vorgenommen werden würde. Eine Steinvorlage für Google oder Steinberg (oder andere Hersteller)?
Interessant ist in diesem Kontext die Kompatibilität mit ChromeOS. Chromebooks sind nicht mit vollwertigen Linux-Notebooks vergleichbar, jedoch könnte Steinberg auf diesem Weg die Lücke zu Linux schließen und perspektivisch evtl. eine Linux-Version von Cubase anbieten. Reaper und Bitwig Studio sind schon auf Linux zu finden, Ardour ist dort sowieso zu Hause.
Gleich mal gekauft.
Ich bleibe lieber beim Original. Aber eine ganz andere Frage: Wie sieht es aus mit externen Synthesizer-Apps. Ist es so wie beim Steinberg VST-Standard das diese integriert werden oder gibt es spärlich interne Instrumente u. Effekte? Wie viele sind das in etwa?
Nachtrag: Habe es so eben gesehen. Es gibt In-App-Käufe. Spannend!
Es sind „nur“ die genannten Synthesizer und Effekte verfügbar…
Hab ich das richtig gelesen – ein (für Android eh nochmal abgespeckter) Stereo-Sequenzer ohne Mehrspurfunktion und die Audiofiles nicht aufs Gerät abmischbar, dafür hakeliger und fehlerhafter Projektexport in die (Cubase-) PC-Umgebung? Ich fürchte, aus mir wird kein Steinberg-Fan mehr. Für das Geld kaufe ich mir lieber einen guten Satz Saiten, oder zwei.
Neee… Mehtspur geht, aber „nur“ Stereo Output. Hakelig ist der Export nicht, nur unelegant. Aber über die genannten Schnittstellen problemlos machbar. Evtl. bin ich auch zu kritisch, ich finde diese ganzen Tablet–>PC Export-Optionen alle nicht sooooooooooo toll.
Der Prokeltexport war nicht fehlerhaft, sondern nicht vollständig bei den Controllerdaten (das mag bei mir Zufall gewesen sein). Ist Wortklauberei? Zugegeben ;)
Und: Geld in Saiten ist doch immer gut angelegtes Geld :-)
Ich kann mich des Gedankens einfach nicht ganz erwehren, dass das nicht die richtige Plattform für das Musikmachen ist. Zumindest noch nicht. PCs waren ja auch mal einfach unterirdisch dafür. Hat sich ja auch erledigt.
Danke für den Hinweis auf die Trial Version. Leider gibt 5 Jahre altes, extrem hochwertiges China Tablet alle längeren sounds mit gekratze aus! Was soll nur aus meiner Karriere werden? ☹️ Denke das liegt am minimal. Hauptspeicher mit 2 GB.
Zu beachten ist, dass kein einziger Hersteller von Audiointerfaces behauptet, dass seine Geräte zu Android kompatibel sind. Sind die Interfaces Class Client kompatibel sollen sie mit Android funktionieren. Eine Garantie ist das aber noch lange nicht.