Interview: Dr. Walker alias Ingmar Koch

Peter:
Irgendwann ging die Ära Air Liquide, Label und Liquid Sky zu Ende, wie kam’s?

Ingmar:
Liquid Sky gibt es nach wie vor – zwar nicht als Club, aber als Künstlerkollektiv und Labelkonglomerat und Kreativschmiede und in New York auch als Modelabel – nach wie vor. Und Liquid Sky ist nach wie vor am expandieren. Immer neue Talente kommen dazu und arbeiten kreativ mit der alten Crew. Von „zu Ende gehen“ kann also in keiner Weise die Rede sein. Nur die Form verändert sich von Zeit zu Zeit und passt sich den Gegebenheiten an. Und das ist wichtig und gut so, denn einfach sein ganzes Leben immer das Gleiche zu machen, das wäre wie bereits erwähnt, ganz, ganz gräulich!

Ich leiste heute noch Labelarbeit, aber der Musikmarkt ist ja komplett zusammengebrochen bzw. hat sich total verändert. Es macht halt nicht mehr so viel Spaß, nur noch online zu veröffentlichen. Diese ganzen Shops wie Beatport usw. sind doch echt die Pest! Deswegen habe ich für Liquid Sky Berlin ne Shoplizenz besorgt und wir veröffentlichen unser neues „Zeug“ exklusiv nur bei uns. Außerdem muss ich auch sagen, dass ich inzwischen soviele Jahre dabei bin, dass ich mir es echt verdient habe, etwas anderes zu machen: Für mich hat Radio und TV die Labelarbeit größenteils ersetzt. Radio war schon lange eins meiner Lieblingsmedien und man erreicht viele Leute relativ leicht – ohne zu reisen – aus meinem Studio heraus. Air Liquide gibt es nach wie vor. Cem und meinereiner sind nach all den Jahren immer noch beste Freunde und wir nehmen grad ein neues Album auf, was superradikal vom Sound und Message ist. Mal wieder ein weiterer brutaler Egotrip. Akustisches Steinewerfen und Barrikadenniederbrennen.

Peter:
OK – anders formuliert. Die Ära Liquid Sky Köln ging zu Ende, what happened?

Ingmar:
Köln war damals super! Ich habe mich dort zuhause gefühlt. Unsere Partys haben gerockt und der Freundeskreis war toll. Es war das zweite große Aufleben des Sounds of Cologne und wir haben natürlich unser Bestes gegeben, unseren Beitrag dafür zu leisten. Aber die Kölner Politik hat alles Erdenkliche dafür getan, es der Musik-, Kunst- und Nightlife-Szene so schwer wie möglich zu machen und irgendwann hat mich der Zorn gepackt und ich habe mir gedacht: „Macht doch, was ihr wollt! Und Tschüss!“ Ich bin dann aber nicht direkt nach Berlin gegangen, sondern erstmal nach Kreta und 2010 dann nach Berlin.

Dr. Walker On Air 2014 (Bild: bendeg)

Peter:
Auch weil Berlin das Zentrum der Techno-Welt war?

Ingmar:
Nein, in den 90ern war Köln mindestens so relevant in Sachen Techno wie Berlin. Da gab es keinen Grund für uns, neidisch nach Berlin zu schielen.