Interview: Dr. Walker alias Ingmar Koch

Peter:
Du bist also der Totenkopfring-tragender-übel-angstmachender Pazifist … aber natürlich nur im Auge des Betrachters. Why soo bad? Da muss es doch eine Erklärung dafür geben – und nicht nur: Hey das ist mein Stil. Klamotten sagen auch etwas über Menschen aus, sind eine Botschaft. Bewusst oder unbewusst. Was ist deine Botschaft damit?

Ingmar:
Haha. Du willst mich auf etwas festnageln hier. Das wird aber so nicht klappen! Kennst du den mexikanischen Tag der Toten? Da geht es ja auch nicht nur um eine Verehrung des Todes und der Toten, sondern es ist eine Huldigung an das Leben. Wusstest du, dass die Verehrung von Santa Muerte eine der am schnellsten wachsenden Religionen ist? Auch da wird nicht „der Tod angebetet“, sondern es geht um unter anderem um Hoffnung und Trost für die Hoffnungslosen, die Randgruppen, die Ausgestoßenen. Am besten, ihr verlinkt dazu den englischsprachigen Wikiartikel, da die deutsche Version Schrott ist! Was für eine Botschaft sich der/die Einzelne aus den Aktivitäten von uns/von mir zieht, soll jedem Mensch selbst überlassen sein. Selbstverständlich spiele ich mit gewissen Elementen und Symbolen, Styles und Storys aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen, Märchen, Legenden, Verschwörungstheorien. Meine generelle und professionelle Übellaunigkeit hingegen ist meinem norddeutschen Temperament geschuldet.

Peter:
Schon damals hast du immer wieder Kontakt gehabt zur deutschen Synthesizer-Szene wie Waldorf, Doepfer und vor allem Jomox. Jürgen Michaelis hat seinerzeit sogar eine Dr. Walker Sonderedition seiner X-Base 09 auf den Markt gebracht. Wie kam’s dazu?

Ingmar:
Ich war und bin an der Entwicklung einiger Geräte beteiligt. Dazu muss man sagen, dass ich keinen Nagel gerade in die Wand bekomme, geschweige denn löten oder so etwas kann. Die jeweiligen Kooperationen sehen eher so aus, dass ich Hersteller, Techniker, Tüftler, Entwickler frage: „Warum gibt es eigentlich kein Instrument, das dieses und jenes kann?“ und dann kam und kommt halt häufig die Antwort: „Gute Frage! Letz fkkn do it!“ Dazu kommt, dass ich einen sehr großen Freundeskreis habe in der Musikszene. Ich kann also immer noch zusätzlich meine Freunde/Freundinnen fragen: Was haltet ihr von diesem oder jenem. Also quasi gleich noch „Marktforschung“ betreiben. Bei Jomox damals haben mich meine Freunde, die mit Jürgen Michaelis zusammengearbeitet haben, kontaktiert. Das Ergebnis der Zusammenarbeit war recht überzeugend – zumindest wenn man auf denselben Kaputtnicksound steht wie ich. :) 

Zur Zeit arbeite ich mit etlichen befreundeten Firmen zusammen an neuen Instrumenten. Z.B. mit Twisted Electrons aus Nizza, Bastl Instruments aus Brno, Erica Synths aus Riga und Error Instruments und MDLR Cases aus Holland. Ach … es sind noch eine Menge anderer cooler Projekte in der Pipeline. Genug Material, um ein weiteres Interview zu füllen – am besten nach der Superbooth2017, wo wir gleich eine handvoll neuer Instrumente vorstellen werden. :)

2010 – das Bild trägt den Namen „Arschlochbrille“ by Heike Windsberger