Modulationen
In Sachen Hüllkurven ist der Moog Concertmade MG-1 mager bestückt. Man muss sich mit einer begnügen und die ist nicht mal eine vollwertige ADSR: Attack und Decay, mit wahlweise zuschaltbarer Sustain. Damit das nicht zu langweilig wird, hat man dem VCA alternativ zwei andere Betriebsarten spendiert. Einerseits kann der VCA vom Tasten-Gate gesteuert werden, was der sogenannten „Orgelhüllkurve“ entspricht. Oder man schaltet ihn auf „Bypass“ für Drone Sounds. Die Hüllkurve selbst kann ordentlich schnell sein, doch nicht ganz so perkussiv wie beim Minimoog oder anderen Spezialisten der kurzen Einschwingzeiten (wie zum Beispiel Cwejman und Technosaurus). Für alle Zahlenfetischisten die offiziellen Werte aus dem Service Manual:
- Attack: 4 ms bis 4,7 s
- Decay: 10 ms bis 15 s
Kommen wir zum LFO und der bietet ein paar Besonderheiten. Der Frequenzumfang mag zwar etwas konservativ gestaltet sein, 0,3 bis 31 Hz sind nicht gerade üppig, doch für die meisten Anwendungen ausreichend. Bei den Schwingungsformen sieht es schon besser aus: Dreieck, Rechteck und Zufall (Sample&Hold)! Da kommt Freude auf, sind ja auf diese Weise Klänge möglich, für die man beim Minimoog externe Hardware bemühen müsste. Zusätzlich kann der LFO zum Triggern der Hüllkurve eingesetzt werden, was man heute „Repeat Mode“ nennen würde. Dadurch wird die Hüllkurve zum LFO, dessen Schwingungsform durch Attack und Decay geregelt wird, was beliebige Schwingungen zwischen steigendem und fallendem Sägezahn ermöglicht. Der LFO selbst ist fest mit dem Tuning der Oszillatoren und der Filter Cutoff verbunden und in seiner Stärke getrennt regelbar. Ein kleines, aber feines Detail. So kann man beispielsweise ein leichtes Vibrato mit einem starken Filtersweep kombinieren, was auf den meisten anderen (Moog) Geräten nicht möglich ist, da die Modulationsintensität jeweils gemeinsam gesteuert wird.
MG1 und Rogue
Die Firma Moog war übrigens vom Moog Concertmade MG-1 ziemlich angetan und so hat man ihn leicht abgeändert als Rogue unter eigenem Namen vertrieben. Ja, der Moog Rogue ist ein Spross des Moog Concertmade MG-1 – und nicht umgekehrt – und diesem in manchen Punkten unterlegen. Klar, der Rogue trumpft mit zwei Moog-typischen Pitch- und Modulationsrädern, sowie dem einzigartigen „Contoured Sync“ zur Steuerung des Sync-Effektes über die Hüllkurve. Ansonsten ist er die abgespeckte Version des MG-1. Schwingungsformen lassen sich nur noch für beide Oszillatoren parallel umschalten (wozu soll das eigentlich gut sein?) – gleiches gilt für den Oktavschalter. Zudem gibt es weder Ringmodulator noch Poly-Sektion.
Hier eine kleine Tabelle der wichtigsten Unterschiede beider Instrumente:
Dennoch wirkt der Moog Rogue „professioneller“. Die Moog-typischen Räder, ein paar wichtige CV-Anschlüsse und nicht zuletzt das schlichte Schwarz-Weiß-Design mit den vier magischen Buchstaben – dies macht ihn für manche Musiker zur ersten Wahl und erklärt wohl auch den leicht höheren Gebrauchtmarktpreis im Vergleich zum MG-1.
Anschlüsse
Hier wird einem wieder bewusst, für wen der Moog Concertmade MG-1 gebaut wurde. Der Audioausgang liegt als Stereo-Cinch-Buchsen vor und ist von denkbar schlechter Qualität. Zum Glück gibt es da noch den Kopfhörerausgang mit großer Klinke, der hörbar besser klingt und auch im Studio eine gute Figur macht. Einen Audio In gibt es (theoretisch) auch, doch wird das Signal nicht gefiltert, sondern direkt zum Ausgang geleitet, damit der Radio Shack Kunde zu seiner Lieblingsplatte spielen konnte, ohne ein Mischpult zu bemühen. Immerhin hat man an CV und Switch Trigger In gedacht; so lässt sich der MG-1 über ein MIDI/CV-Interface steuern.
Modifikationen
Im Netz finden sich einige Anleitungen für simple und effiziente Modifikationen des Moog Concertmade MG-1. Meist geht es dabei um einen Audio-Filter-Input und CV-Ein- und Ausgänge. Etwas Gewieftere modifizieren den LFO (damit dieser auch richtig laaaangsam schwingt), den Frequenzbereich der Oszillatoren oder verkoppeln die Polysektion mit dem Sync Eingang des zweiten Oszillators: eine Hard-Sync Orgel, die von Florian Anwander in einem Forum als „Eddy van Halen auf Moog“ beschrieben wurde.
Klang
Der Sound des Moog Concertmade MG-1 ist rau, direkt und ziemlich ungehobelt. Ein bisschen Hall tut ihm meistens gut, Chorus übrigens auch, zumindest die Leadsounds gewinnen an Wärme. Das Filter schneidet die Obertöne rund und direkt ab, bei höheren Resonanzwerten sind die typisch „schmatzenden“ Klänge möglich; die Filtersweeps klingen wie eine Reinkarnation der 70er Jahre, und die Selbstoszillation ermöglicht wunderschöne Leads und knackige Bassdrums.
Kann es der Moog Concertmade MG-1 mit einem Mini aufnehmen? Bestimmt nicht. Die Fülle eines Minimoog ist eine Klasse für sich, doch der MG-1 kommt ihm gefährlich nahe und bietet darüber hinaus Klänge, die auf dem Mini nicht möglich wären. Allen voran natürlich die Sync-Sounds, die von seidig-schimmernden Sphären bis zu schneidenden Schweißbrennern reichen. Interessant wird es, wenn man die polyphone Sektion als dritten Oszillator nutzt und ihn ein bisschen zu den anderen Oszillatoren verstimmt. Der Ringmodulator eröffnet eine eigene Klangwelt, meist klingt er nicht besonders fett, seine Stärken liegen in zarten, schillernden Klängen verschiedenster Schattierungen. Ich nutze den Ringmodulator meist, um neue harmonische Schwingungsformen jenseits der klassischen Sägen und Rechtecke zu kreieren und weniger als Geräuschmaschine. Letzteres kann er natürlich auch. Die klassischen Ringmod-Sounds à la Glocken und Gongs sind schnell eingestellt und klingen überzeugend, doch wie gesagt liegt noch viel mehr drin, sofern man sich ein bisschen damit auseinandersetzt. Mischt man den Ringmodulator mit den beiden Oszillatoren, kann es zuweilen zu Phasenauslöschungen kommen, v.a. bei Rechteckschwingungen. Der Ringmodulator macht den Sound also nicht immer fetter, sondern kann ihn auch ausdünnen; für viele ein Nachteil, ich sehe dies eher als Vorteil, denn manchmal sind gerade dies die Klänge, die man in einem bestimmten Arrangement gut gebrauchen kann.
Wer es lieber experimentell mag, aktiviert den Rauschgenerator und spielt mit der geloopten Hüllkurve rum, die synchron zum LFO mit Sample & Hold läuft. Sind Attack und Decay länger als die Triggerimpulse des LFOs, dann wird die Hüllkurve nicht bei jedem Trigger neu gestartet, sondern erst, wenn sie ihren eigenen Zyklus vollendet hat. Und dies öffnet Tür und Tor für polyrhythmische und quasi-zufällige Strukturen, die sehr musikalisch klingen können. Wer hätte gedacht, dass ein Synthesizer für den Massenmarkt so experimentell klingen kann? Wahrscheinlich ist es nicht im Sinne seiner Macher, aber der MG-1 erweist sich als äußerst flexibles Instrument, das für manche klangliche Überraschung gut ist.
YouTube-Videos
Gar nicht so einfach, gute Klangbeispiele auf YouTube für den Concertmade zu finden, aber diese beiden können wir auf jeden Fall sehr empfehlen:
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Klangbeispiele
Alle Klänge stammen ausnahmslos aus dem Moog Concertmade MG-1 und wurden von Hand (ohne Quantisierung) mit Logic 9 aufgezeichnet. Interface: Focusrite Saffire pro 24 DSP. Effekte: ein bisschen Hall und EQ, Chorus (für einige Leadsounds) und Kompressor (nur Bassdrum und Snare bei Stück Nr. 6)
den habe ich sehr geliebt. leider ging er dann irgendwann kaputt und da ich ihn nicht reparieren konnte, habe ich ihn schweren herzens verkauft. eine traurige geschichte :/
Hallo,
sehr schöne Klangbeispiele.
Endlich mal jemand, der sich ,neben Herrn Bloderer, die Mühe macht aussagekräftige Demos zu erstellen.
Vielen Dank dafür.
Hier noch ein paar nützliche Links zum MG-1:
Für mögliche Modifikationen konsultiere man die folgenden Seiten: http://www...../mg1x.html
http://fixmysynth.com/ erklärt, wie man den MG-1 vom lästigen, schwarzen Hartschaum befreit, dem LFO auf die Sprünge hilft und das Filter mit Audio- und CV-In beglückt.
Die Poly-Sync Modifikation wird in folgedem Blog von Florian Anwander beschrieben: http://www.....p?p=359998
Einbau eines Midi Interfaces: http://syn.....mate1.html
Zur Geschichte des MG-1 eine veröffentlichte Email von Paul Schreiber:
http://mac.....istory.txt
@Martin Andersson Toller Einstieg!!! Bin auf Anhieb ein Fan des kleinen MG-1 geworden!!!!
Habe eben diesen Beitrag entdeckt. Superb, die Klangbeispiele. Und eine äusserst umfangreiche Beschreibung dieses „Ami-Aldi-Moog“.
Musikalische Grüße
Onkel Sigi
@Onkel Sigi „Ami-Aldi-Moog“… schöner Name, muss ich mir merken!
Toller Bericht mit guten Klangbeispielen. Sehr lobenswert ist auch die Erwähnung der Umbauten, die ich sehr empfehlen kann! Ich habe selten ein Gerät auf dem Tisch gehabt, was sich so leicht und effektiv modden/benden lässt:
LFO bis weit in den Audiobreich (was zusammen mit dem Ringmodulator einzigartige FM-Sounds erzeugt), VCO Modulation bis zum Wahnsinn (schön bei Rechteck Welle über mehrere Oktaven), Erweiterung des Frequenzumfangs (Fusslagen 32 und 64 ohne Probleme möglich bei beiden VCO`s). Zusammen mit diesen Erweiterungen ein unglaublich guter flexibler fetter Synth. Prodigy, Rougue und ähnlich vergleichbare haben meiner Meinung nach das deutliche nachsehen…und wie schon erwähnt: nebenbei kann er klanglich auch den Minimoog gefährlich gut imitieren (so unglaublich das auch klingen mag)
Man stelle sich vor es gäbe ab nächster Woche den Moog Mother unter dem Namen AudioTec für 299,- bei Elektro Conrad :)… Das ist unvorstellbar! Umso erstaunlicher, dass es diesen tollen Synthesizer (MG1) tatsächlich mal unter ähnlichen Umständen gab… Wahnsinn! Toller Test, tolle Geschichte :)
Tolle Idee, den MG-1 jetzt nochmal zu bringen. Die Klangbeispiele sind ja sensationell.
schöner bericht. schöne sound-beispiele.
aber das ding heißt concertmate.
@mdesign Concertmate war ein Markenname. Es gab noch andere Produkte unter diesem Namen.
@Martin Andersson ok. und concertmade? ;-)
@Martin Andersson „Concertmate“ heißt „Konzertkumpel“ — das war das Label, das man bei Tandy auf alle eingekauften Fremdprodukte gepappt hat (z. B. Produkte von Casio o. ä.). Ändert nichts an der Schreibweise und der Bedeutung des Wortes als solches.
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Zumal es ja auch fett *richtig* auf dem Gerät selbst steht.
@iggy_pop ein fetter Name mit fettem Sound
Concertmate war ein Markenname. Es gab noch andere Produkte unter diesem Namen.
Das farbliche Design des Realistic (sic!) halte ich für wesentlich dezenter als das der Grandmother; es erinnert mich eher an Juno-6 -106. Ich vermute mal, dass der Rogue etwas roadtauglicher gebaut war und daher heute in einem besseren Zustand ist als sein Supermarkt-Bruder…
@Son of MooG Man kann ihn nennen, wie man will :-) Im Netz ist meistens vom „Moog MG-1“ die Rede. Aber jeder nach seiner Façon.
Deine Vermutung kann ich nicht bestätigen. Hatte eine Zeit lang einen Rogue neben dem MG-1 stehen. Gehäuse, Tasten, Schalter und Fader sind gleich. Auch das Gewicht ist in etwa gleich.
„Roadtauglich“ sind aber beide, die Plastikgehäuse sind sehr stabil. Da braucht man sich keine Sorgen zu machen.
@Martin Andersson Ok, das scheint Nick Batt zufolge auch bei der Grandmother der Fall zu sein. Wenn Moog Plastik-Gehäuse verwendet, sind diese wohl auch sehr robust.
@Son of MooG Apropos Nick batt. Bitte ein Interview mit ihm. Der hat viel zu erzählen. Von seinen Anfängen mit dem Toms Diner remix zu goldfrapp und sonicstate. Bester tester 8-)
sehr eigenständiger plastikbomber. ich mag das ding – und auch die farbgebung.
Also, wenn das stimmt mit Paul Schreiber als Konstrukteur, dann ist das DER Paul Schreiber, Kopf und Mastermind von Synthesis Technology. In der Euro- und 5U Welt eine Koryphäe. Wenn das Teil Top klingt, wundert mich das nicht. Hört mal ein MOTM Analog Modular, dann weisste Bescheid ;-)
@wirtszelle Ja, das stimmt. Das ist DER Paul Schreiber von Synthesis Technology. Unter folgendem Link erzählt er, wie er den MG-1 auf Basis eines Grunddesigns von Dr. Luce („Mr. Polymoog“) entwickelte.
https://bit.ly/2MrZWcQ
Es gibt Gerüchte, Bob Moog habe zu Beginn seine Bauteile bei Radio Shack bezogen, vor allem die im Filter verbauten Transistoren seien Ausschußware bei Tandy gewesen, die in großen Mengen billiger zu haben gewesen sein sollen.
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ConcertmaTe — Konzertkumpel/-gefährte.
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125 Hertz? Erscheint mir etwas wenig für divide-down Technologie.
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Der MG-1 war in Deutschland gar nicht erhältlich, richtig? Auf jeden Fall habe ich einen Moog Rogue und bin vom Sound und vom Synth insgesamt sehr angetan. Der Rotstift wurde an den richtigen Stellen gekonnt eingesetzt. Heute ist er ein sehr gut klingender Monosynth, mit dem man beim Jammen schnell den passenden Sound in erstaunlicher Qualität herzaubern kann.
@c.hatvani Da könntest Du Recht haben. Da Radio Shack laut Wikipedia ausschließlich in den Vereinigten Staaten präsent war, sieht es sehr danach aus, dass der MG-1 nicht in Europa vertrieben wurde.
Den Moog Rogue habe ich auch gespielt und ihn später durch den MG-1 ersetzt. Beides sind wunderbare Instrumente mit einem erstaunlichen Klangpotential, das man vor allem schnell und intuitiv abrufen kann.