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Beruf Gitarrist – ein Leben als Berufsmusiker

(ID: 250173)

Zu 2.) Während meiner Tage als Jungspund geisterten noch die großen Namen der Studioszene mit Hunderten von Plattenaufnahmen für die illustersten Künstler durch die Fachmagazine. Doch die Zeiten, in denen ein Steve Lukather oder Michael Landau durch großes Handwerk die rudimentären Editiermöglichkeiten einer Bandmaschine kompensierten, sind endgültig vorbei. Die Etablierung des Harddisk-Recording und gigantische Sound und Sample-Librarys erlauben es, in jeder Budget- und Mittelklasseproduktion sämtliche Gitarrenarbeit auch mit handwerklich minderbegabten Hobbyzupfern zustande zu bringen.

Für evtl. Live-Shows wird die Spur dann auch noch vom Backing Track geliefert, d. h. Handwerk ist nur noch ein romantisches Thema in der Topliga, für Künstler, die sich große Studios und gute Künstler leisten können. Selbst wenn man in der glücklichen Situation ist, auf dem letzten Album eines großen Namens gespielt zu haben, das nächste Album des Künstlers wird bestimmt wieder zwei Jahre auf sich warten lassen.

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Ähnliches gilt für die Tourmusiker Abteilung. Ein kleiner Zirkel Berufsmusiker teilt sich die gut bezahlten Jobs bei Helene Fischer, Peter Maffay o. ä., der Rest bleibt außen vor. Hinzu kommt zudem, dass man zumeist weit unter seinen Fähigkeiten spielen muss, um sich dem Gesamtkonzept unterzuordnen. Dennoch muss man die Ausstrahlung besitzen, als gäbe es nichts Schöneres, als allabendlich „Atemlos“ runterzududeln. Eine wahrhaftig harte Prüfung, nicht nur für die Psyche!

Zukunftsaussichten: Desaströs! Besser aufgrund der höheren Erfolgsaussichten Lotto spielen oder in Aktienfonds investieren!

— Wird nur noch selten aufgesucht – das Tonstudio —

Zu 3.) Sehr schwieriges Thema. Wenn ich schreibe, wie es ist, kommt garantiert irgendeiner daher und preist die neuen X/Y/Z, welche gerade in aller Munde sind, als die Bestätigung, dass man doch mit Musik viel Geld verdienen kann. Dazu ein paar kurze Eckdaten:

1.) Wirklich großes Geld verdienen nur die Künstler, welche bereits vor ca. 30 Jahren oder mehr ihren Status etabliert haben. Bands wie Kiss, AC/DC, van Halen oder selbst Iron Maiden sind seit Dekaden auf dem Markt und haben es (GANZ WICHTIG) in Abwesenheit des Internets geschafft, ihren Namen als Trademark zu etablieren. Diese Bands haben Millionen verdient und werden auch immer Millionen verdienen, bis sie tot von der Bühne fallen.

2.) Das Internet sorgt mit der ständigen, teilweise kostenlosen Verfügbarkeit jeglicher Musik oder Künstler dafür, dass mit dem Verkauf von Musik kein Geld mehr verdient wird. Die Einnahmen aus Streaming, sogar in Kombination mit Digitalverkauf oder CD-Verkauf decken bei Bands der nächstniedrigeren Kategorie nicht mal die Aufnahmekosten in einem besseren Mietstudio. Verdient wird auch bei großen Bands nur noch über Livegagen und Merchandising, wobei es sich hier logarithmisch verhält. Je bekannter die Band, umso mehr Merchandising Verkauf, was die Band wiederum noch bekannter macht.

3.) Fast immer sind alle finanziellen Zu- oder Vorschüsse, die z. B. von einer Plattenfirma kommen, in vollem Umfang mit den Einnahmen verrechenbar. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bei einer durchschnittlichen Umsatzbeteiligung von ca. 20 % jeder Bankkredit günstiger wäre und man zudem seine Rechte am Produkt behalten würde (siehe auch diesen Link!) Auch das Management inkl. aller zusätzlichen Ausgaben wie z. B. Reisekosten des Managers will vom Künstler bezahlt werden, d. h. es bleibt nur ein Bruchteil der Einnahmen letztendlich beim Künstler hängen, welche sich dann auch noch damit auseinandersetzen dürfen, wer wie viel innerhalb der Band wofür bekommt.

Zukunftsaussichten: so schlecht wie noch nie, aber immer noch besser als in 10 Jahren!

Berufsmusiker 2

— Der Sinn des Lebens Teil 3 – die Show —

Und die Moral von der Geschicht …

Würden nicht 99 % aller Gitarristen bzw. Musiker allgemein mit einem solch übermenschlichen Idealismus, gepaart mit einem ausgeprägten „Realitätsverdrängungsmechanismus“ ausgestattet sein, die Sparte „Berufsmusiker“ würde es bereits seit vielen Jahren nicht mehr geben, zumal schon heute 99,9 % aller Umsätze im Musikalienhandel von Hobbymusikern generiert werden, welche umso detailverliebter über die klanglichen Unterschiede innerhalb der Elektronenflussrichtung eines Instrumentenkabels diskutieren, im Gegenzug aber eine Gitarre nicht ohne Stimmgerät stimmen können.

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Diese ohnehin prekäre Lage wird sich aufgrund der immer perfekter werdenden Software im „Mensch perfektionieren“ oder „Mensch ersetzen“ à la „Melodyne“ noch weiter zuspitzen, sodass die letzten paar Prozent der menschlichen Leistung, die heute eventuell noch im Studio benötigt werden, in den nächsten Jahren auch dahinschmelzen werden. Live wird das Ganze dann mit Statisten besetzt, welche zum perfekten Backing-Track so posen, wie es der Fan gerne hätte.

Bereits heute kennt bei der Millenniumgeneration schon kaum einer mehr die Nachnamen der Sänger ihrer Lieblingsbands, von den restlichen Musikern nicht mal die Vornamen. Ist ja auch egal, sind ja ohnehin allesamt austauschbar. Wenn einer mal nicht kann oder keine Zeit hat, wird am MacBook einfach eine Spur mehr gemutet. Ich habe Kollegen in Bands, da fällt es bei einem großen Festival über 20.000 Fans nicht mal auf, wenn ein Musiker weniger auf der Bühne steht. Ist halt egal, Hauptsache Party …

Man kann es natürlich wie der überwiegende Teil der aktuellen Berufsmusiker machen und eine Addition aller anfallenden Leistungen in Form von Unterricht, Werbejingle Aufnahmen, Vermietung des Homestudios, 4-5 Coverbands etc. zusammenpressen und als selbstständigen Künstler verkaufen. Ob diese Arbeit allerdings auf die Dauer befriedigt, ist eine Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss.

Klar, Joe Bonamassa und Konsortien werden den Blues weiterhin auf Hochglanz polieren und dabei auch immer mit echten Musikern arbeiten, aber jenseits dieser Schnäppchen sehen die Zeiten ganz, ganz schlecht aus. Bitte nicht missverstehen, ich möchte niemanden davon abhalten, sein Glück zu versuchen, aber wie gesagt, in diesem Satz stecken die Wörter „Glück“ und „versuchen“. Sofern man auf ein regelmäßiges, wirtschaftliches Einkommen angewiesen ist, sollte man es sich gut überlegen, ob man den Weg als Berufsmusiker wirklich einschlagen will.

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Viel Glück, ihr werdet es brauchen … und sorry: Ich hätte auch lieber etwas anderes geschrieben …

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Forum
  1. Profilbild
    JohnDrum

    Danke für den Bericht.
    Was ich nicht verstehe ist, dass diese inflationären „Akademien“ permanent Musiker/ Musiklehrer auf den Markt schütten. Nur, damit hier die Lehrer überleben, erzeugen sie ihre eigenen Sargnägel= neue Generation an Lehrern!?
    Ich kenne eigentlich nur sehr gute, aber gefrustete Gitarristen, die meistens von den Musikschulen ausgebeutet werden. Man muss aber als Musiker auch als Lehrer tätig sein, um überhaupt zu überleben. Ob man dann eine vernünftige Rente bekommt? Fraglich!
    Mein Grundsatz: Mach dein Hobby nicht zum Beruf!

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Moin!
    Zwei Anmerkungen.
    1. Melodyne ersetzt gar nix. Es ist ein hilfreiches Studiotool, dass auch von PROFImusikern und professionellen Tonis eingesetzt wird, die weder sich, noch anderen irgendetwas beweisen müssen. Es hilft im besten Fall, im Studio Zeit einzusparen und ggf. bei kompositorischen Prozessen. Es gibt nicht vor, aus schlechten Musikern gute Musiker – und bestimmt nicht aus Nichtsängern Sänger – zu machen. Ein weit verbreiteter Irrglaube. Arbeite mal mit wirklich mies eingesungenen Spuren z.B. Dann wirst du sehen, dass sich das Material mit Melodyne nicht so biegen lässt, wie du es haben willst. Aus Unrat lässt sich auch mit Melodyne kein Gold generieren. Dafür ist es auch nicht konzipiert.
    Im Studio wurde übrigens schon seit jeher massiv manipuliert, das ist nix neues. Müsste spätestens seit Frank Farian bekannt sein.
    2. Konsorten sind keine Konsortien.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      natürlich macht Melodyne aus Nichtmusikern echte Musiker, aber es ermöglicht Editierungen, die den „Künstler“ in einem besseren Licht erscheinen lassen, teilweise so gut, dass er es niemals live umsetzen kann. Aber diese Software ist, wie du wahrscheinlich auch weisst, nur der Anfang.

      Die ersten Kompositionsprogramme machen bereits die Runde und es ist nur ein Frage der Zeit, bis du als Produzent deinem Rechner mitteilst, welchen Song mit welchen Sounds, mit welchen Instrumenten und in welchem Stil er errechnen und veröffentlichen soll.

      Wird noch ein paar Jahre dauern, aber ich garantiere, es wird so kommen. Am Anfang nur für ein paar ausgewählte Anwender, etwas später dann für den Massenmarkt. Das gleiche Schicksal werden auch alle anderen Kreativberufe wie Film, Malerei und Literatur ereilen. Jegliche kreative Leistung wird in Zukunft von Software erstellt werden, zumindest im Hintergrund, während für die Umsetzung ein paar gecastete hübsche Gesichter ausreichen.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        @Axel Ritt -1-
        Ja, editiert wurde doch schon im Studio immer schon so weit, dass die Qualität der Aufnahmen selten auf der Bühne erreicht wurden (oder auch gar nicht). Schon seit Ende der 60er. Liegt aber auch generell in der Natur der Sache. Zig eingespielte Spuren, gedoppelt und mit Effekten versehen lassen sich nun einmal schlecht von einer 5 Mann Combo Live umsetzen. Das war auch schon lange vor Melodyne so. Diese Perfektion wird ja in der Regel auch gar nicht beim Publikum erwartet. Und wirklich bescheidenen Sängern/Musikern ist auch mit Melodyne nicht beizukommen. Da wird im ganz anderen Stil manipuliert. Da hatten wir ja schon mannigfaltige Formen (engagierte Studiomusiker, Livegigs mit (Halb)playbacks usw.) erlebt. Wenn z.B.ein Midge Ure, ein Herbie Hancock oder ein Peter Gabriel Melodyne benutzen, dann, weil sie den Wert dieser Software im kreativen Sinne erkannt haben.
        Ich teile die düsteren Zukunftsvisionen durchaus bis zu einem gewissen Grad. Schon Formate wie DSDS usw. zeigen ja, dass die Fanbase mittlerweile schon vor dem ersten veröffentlichten Song, vor dem ersten richtigen Konzert mittlerweile stehen soll. Doch die Halbwertzeit dieser aufgeblähten Kunstprodukte wird immer kürzer. Damit lässt sich schlecht längerfristig planen.

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          AMAZONA Archiv

          -2-
          In Zeiten des „Neoliberalismus“ zielt man natürlich auf schnellen Profit, schneller als jemals zuvor, mit so wenig Risiken und Kosten behaftet wie nur möglich. Da kommt diese „Virtualisierung“ des Kulturbetriebs natürlich im Sinne der Profiteure gelegen, keine Frage.
          Bin aber skeptisch, dass künstliche Intelligenz musikalischen Zeitgeist wirklich erkennen oder erschaffen kann. Da spielen auch andere Parameter im außermusikalischen Kontext mit rein. Da ist so viel flüchtig, dass es gar nicht schnell genug erfasst werden kann, um daraus eine verlässliche „Mode“ zu schaffen.
          Nur, wie gesagt, Melodyne da als Vorboten auszumachen, halte ich, mit Verlaub, für Unsinn. Da könnten wir schon im Prinzip bei der Digitalisierung des Studios anfangen oder noch viel früher, generell bei der ersten Studioaufnahme und der Schellackplatte überhaupt. Wir haben viele, klitzekleine Schritte erlebt, die den Kulturbetrieb zum Aushungern führen. Das Problem liegt im System – nicht im technischen Fortschritt.
          Abschließend: Im Kern ist deine Vision m.M. nach aber richtig. Spezialisten werden nicht mehr wirklich gebraucht und in Sachen Veröffentlichungen haben wir ein Überangebot, bei dem fast alle auf der Strecke bleiben werden. Die besten Chancen auf ein Paar Penunsen Einkommen haben m.E. tatsächlich noch die Top 40 Mukker, die mal für irgendwelche Engagements für Stadtfeste, Möbelhauseröffnungen usw. gebucht werden, oder Straßenmukker mit großem Hut, die vielleicht mal ab und an irgendwelche CD Eigenproduktionen an Touristenorten verticken können – mal überspitzt formuliert. Das isses aber auch schon.

          • Profilbild
            TobyB RED

            Hallo Welle,

            ich glaub auch nicht das Melodyne das Problem ist. Es gibt zwar datengetriebene Ansätze per KI Musik zu komponieren, aber die Wertung und Struktur in die Komposition bringen ist eine ganz andere Kiste. Was tatsächlich eher das Problem ist, das die Popmusik kompositorisch und textlich verflacht. Und mit datengetriebener KI wird die Komposition auch nicht besser. Hinzukommt, dass die MI sich ohne Not ihr Geschäftsmodell von ein paar IT Jungs hat entreißen lassen. Die Folgen sind bekannt. Was kann man nun tun? Grundsätzlich, sollten die Streamingflatrates für den Konsumenten teurer werden, die Vergütungssätze für Youtube et al müssen rauf. Unpopulär aber ist so. Desweiteren gehören Flatrate Geschäftsmodelle auf den Haufen. Noch unpopulärer. Der Punkt ist, das Musik und Streamingmedia bei Mobilfunkern gerne das Killerverkaufsargument ist. Und man sich dort über billigen bis kostenlosen Content freut, der a) das Gerät auslutscht und b) die Bandbreite. Schlussendlich und das ist wohl noch unpopulärer wäre es vom Privaten Rundfunk/Fernsehen und teilweise ÖR nett, wenn diese ihren Auftrag zur Kulturfördung ernst nehmen würden. Hier schiele ich neidisch über den Ärmelkanal und zur BBC. Und ich meine nicht DSDS, The Voice etc. Wenn das Gesabbel nicht wäre könnte man ja Inas Nacht als Ehrenrettung für den ÖR anführen.

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        AMAZONA Archiv

        @Axel Ritt Was mich etwas überrascht ist die öfter geäußerte Gewissheit, dass „KI“ alle Kreativen bald arbeitslos werden lässt. Eine ähnlich steile These wie „Liebesroboter machen echte Liebesbeziehungen zwischen Menschen bald überflüssig“. Was wir nicht wissen: Ob die „Kreativprodukte“ von KI vom Publikum angenommen werden. Hier spielt ja auch Emotion eine Rolle und von „künstlicher Emotion“ ist eher selten die Rede. Das alles könnte sich unecht anfühlen. Außerdem gehört in vielen Bereichen ein interessantes Gesicht, ein begabter Entertainer, eine facettenreiche Projektionsfläche zum Produkt (und zwar nicht à la Milli Vanilli), denn der Laptop auf der Bühne sieht schon heute Kacke aus. Übrigens: Vintage Synths sind auch wieder interessant und DJs legen wieder Vinyl auf. Man kann solche Entwicklungen eher schlecht vorhersagen.

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          TobyB RED

          Hallo Maxi,

          um dich mal Abzuholen. Ampermusic.com . https://bit.ly/2ALGRLN Es geht im übrigen nicht um Milli Vanilli oder nicht und einen Computer auf der Bühne, sondern wie Axel ausführte das eine KI z.b. Bilder, Videos analysiert und dazu Musik vorschlägt. Siehe Adobe Premiere Pro, welches über eine API auf Amper zugreift. Ich sehs entspannt, bis dato funktionieren die „KI“ auf Datenbanken und statistischen Modellen. Und keine KI kann einen guten Song von einem fantastischen Song unterscheiden. Allerdings werden wir uns und da ist die Ökonomie der Treiber auf Fahrstuhlmusik 4.0 in TV und Kino einstellen müssen.

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            AMAZONA Archiv

            @TobyB Die technischen Möglichkeiten sehe ich schon auch. Was stört Dich mehr: Die „Maschinenmusik“ oder die schwindenden Berufsperspektiven? Von einer gewissen Rationalisierung sind die Kreativen nicht unbedingt härter betroffen als z. B. Anwälte und Steuerberater. Große Teile der Arbeitswelt durchlaufen eine Transformation. Da die Gewinner unseres Wirtschaftssystems (wie z. B. ein US-amerikanischer Online-Händler) aber auf Massenkonsum angewiesen sind, wird es eine Lösung geben. Und dann können vielleicht, sollte nur noch „die KI“ mit Musik Geld verdienen, die Musiker dank z. B. bedingungslosem Grundeinkommen sorgloser denn je ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen (mit oder ohne zahlendem Publikum, ist ja dann egal). O. k., spekulativ. Aber wer weiß?

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              TobyB RED

              Hallo Maxi,

              ich mache mir eher Gedanken um die Ökonomie und die gesellschaftlichen Implikationen. Wie woanders geschrieben halte ich Industrie 4.0 und IoT für Buzzworte und Marketingsprech. Es eine totale Digitalisierung macht keinen Sinn und ist weder ökonomisch, ökologisch und soziologisch sinnvoll. Derzeit passiert keine KI den Turing Test. Die KI die derzeit erhältlich sind funktionieren datengetrieben und an Hand von heuristischen Modellen. Anders gesagt, die Maschine ist die moderne Variante von Kempelens Schachtürken. Solange du nicht in die Box guckst, kommt dir das recht geistreich vor. Bis wir irgendwann bei AI und dem 200 Jahre Mann ankommen wird noch dauern, Data mit positronischem Hirn flog ja auch erst auf der NCC-1701-E.

              Tatsächlich haben wir derzeit das Problem, das wir in einer Aufmerksamskeitökonomie leben. Hier sind Kontakte wichtiger als Wissen. Hinzukommt die Schnarchigkeit der MI in Deutschland. Ausser DSDS, The Voice kommt da nicht viel.

              Das BGE, ok, ich bin ein Freund der Idee. Hartz I-IV halte ich für ganz üblen Mist. Der Punkt ist, das diese Prekarisierung der Arbeitswelt uns eine AfD bescherrt hat und eine unsägliche Diskussion in der Ursache und Wirkung verwechselt werden. Und Freie Berufe wie der Musiker das auch ist, können sich von dieser Prekarisierung nicht ausnehmen.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    HIer werden viele Gründe aufgezählt warum ich mich vor ca. 20 Jahren entschieden habe nicht Berufsmusiker zu werden. Ich habe heute die Freiheit mich musikalisch, ohne jeglichen finanziellen Druck, ausleben zu können. Es war natürlich noch nicht abzusehen in welche Richtung sich die Musikindustrie bewegt, aber ganz so negativ sehe ich es dann doch nicht. Musik aus der Konserve gibt es doch seit Platten gepresst werden und irgendwie getrickst wurde doch auch schon seit ewigen Zeiten. Heute sind die Möglichkeiten klar andere, aber damit fällt auch das elitäre Dasein des Berufsmusikers, dass mir zugegebener Maßen ziemlich gegen den Strich geht/ging. Vllt habe ich ja immer nur die falschen Berufsmusiker bzw. Profimusiker kennengelernt, aber diejenigen waren meist doch zu sehr von sich und ihrem Können überzeugt. Das mit der Musik kaum noch in der breiten Masse Geld verdient wird finde ich wirklich nicht dramatisch, denn man kann sein Geld auch anders verdienen und trotzdem Mucke machen. Und die, die es schaffen haben halt irgendwas besonders, anders, besser gemacht als die anderen. Oder eben einfach mehr Glück gehabt. Ich bleibe bei meinem Grundsatz: Ich mache Musik, um der Musik Willen und nicht, um damit Geld zu verdienen.

    • Profilbild
      hejasa AHU

      Ich kann mich deiner Einschätzung nur anschließen. Mir fällt dazu eine Geschichte ein. Tonstudio Maarstraße, Großstadt. Freunde spielen Platte ein, die wird veröffentlicht mit netten Cover, aber dann das Erwachen, die Plattenfirma, fing mit E an, hatte Studiomusiker den veröffentlichten Titel einspielen lassen. Das Makabre an der Geschichte, der Studiogitarist war ebenfalls ein langjähriger Freund, peinlich, er wußte von nichts.
      Was Melodyne angeht, ich habe in der ersten Version mit dem Programm gearbeitet, aber nicht als Sänger, sondern in diesem Fall als Programmer. Jemand, der wirklich stimmlich sicher ist, den ersetzt kein Melodyne, es sei denn, er will einige nette Verbiegungen haben. Und was KI betrifft werde ich in meinem Rentenalter wohl nicht mehr erleben, wie der Mensch die Robotniks auf der Bühne anhimmelt, dürfte bei persönlichem Kontakt ziemlich frostig sein, aber gut, wat kütt dat kütt, ich stehe jedenfalls nicht auf KI Getröte!

      • Profilbild
        hejasa AHU

        @hejasa Sorry Maarstraße ist nicht korrekt, es muss heißen Maarweg, idiotische KI Korrektur jedenfalls, einmal nicht aufgepasst und schon landet Mensch dort, wo er nicht hinwill.

  4. Profilbild
    Emmbot AHU

    Super Artikel Axel. Ja der Trend zu immer schlechter Bezahlung der Musiker ist deutlich erkennbar. Insgesammt sind die Aussichten ja sehr düster. Ich hoffe so dunkel wird es nicht, gehe bei den Vorraussagen dann doch n Stück mit.

  5. Profilbild
    Atarikid AHU

    Ich musste vor einiger Zeit einem jungen Menschen erklären, dass hinter dem DJ, der die Platten auflegt, andere Menschen stehen, die das kreative Material beisteuern. Was soll ich sagen? Er hat es nicht verstanden. Er hat nicht verstanden, dass die Musik nicht vom DJ stammen, sondern von Produzenten. Er war der Meinung, dass das schon seine Richtigkeit habe, dass so ein DJ Millionen verdient, denn schließlich ist ja der DJ der Quell stundenlanger Bespaßung…. Er wollte nicht einsehen, dass so ein DJ sein Geld mit den kreativen Ergüssen anderer verdient…. Weil, kommt ja vom DJ! *facepalm*
    Das ist jetzt nur ein Beispiel für die Wahrnehmung der Konsumenten. Wertschätzung für Musiker findet kaum noch statt. Gut, in dem Bereich der elektronischen Unterhaltungsmusik ist das auch kein Wunder. Wie Axel schon schreibt, ist heute jeder der einen Rechner bedienen kann, faktisch ein Musiker und Grafiker.

    • Profilbild
      TobyB RED

      @Atarikid Hallo Atari,

      wenns nicht so traurig wäre… Tatsächlich gibt es wirklich einen DJ *Facepalm*. :D Der Punkt ist und da komme ich wieder zur Medienkritik, die Musik und das Machen wird beim Konsumenten falsch dargestellt. Frag die Kids die wollen heute Popstar oder eben DJs werden. Und wenn du die damit konfrontierst, das es Arbeit und Mühe macht. Verschwindet der Kopf hinter dem Smartphone. Kulturelle Bildung hat in Deutschland einen schlechten Stand. Das Bedienen eines Rechnern ist mittlerweile nicht mehr Kernkompetenz. Ich habe hier in der Firma das bei diversen Azubi-Jahrgängen feststellen dürfen.

      • Profilbild
        Atarikid AHU

        @TobyB Hey Toby…. Ja, das Musikbusiness ist nicht der einzige Bereich in dem sich schlimme Defizite bemerkbar machen… Da kann einem wirklich Angst und Bange werden

  6. Profilbild
    Atarikid AHU

    Schlimm ist das Ganze für „richtige“ Musiker die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Livegigs spielen. Man denke an die Beatles, die irgendwann nicht mehr live gespielt haben. Projetkbands die einfach phantastische Musik „herstellen“ wird’s nicht mehr geben. Nur vereinzelnde Idealisten tun sich das am Ende noch an. Aber wird man sie jemals hören? Vermutlich nicht, weil die Vermarktungs- und Vertriebswege es gar nicht zulassen. Zuviel Müll nimmt guten Produktionen die Luft…
    Naja, man darf sich nicht beschweren, man hat doch noch Tonnen an „Four to the Floor“-Material, wer braucht da schon Gitarristen, Drummer, Bassisten und Keyboarder? Ich bin so froh, dass ich noch Kumpels habe, mit denen ich noch über alte „Krautrockscheiben“ labern kann, die sich wie Schneekönige freuen, wenn man wieder uraltes Vinyl aus dem Schrank zieht und sich an die guten alten Zeiten erinnert bevor man sich seine in die Jahre gekommene Gibson schnappt. Wohlwissend dass niemals jemand hören wird, was man da grade vor sich hinträllert….

  7. Profilbild
    tantris

    Jeder, der sich darüber beschwert, dass der Beruf des Musikers kaum noch gefragt ist, sollte mal hinterfragen, ob er seine Brötchen, sein Fleisch, seine Eier, seine Schuhe und Kleider beim Schnäppchen-Discounter kauft – made in China or Bangladesh – anstatt beim Bäcker, Metzger, Bauern, Schuster oder Schneider.

    „Geiz ist Geil“ hat uns die Werbung eingehämmert und wir haben es alle verinnerlicht. Beschweren wir uns also nicht darüber, wenn sich echtes Handwerk – ungeachtet der Branche – nicht mehr lohnt und ausstirbt. Wir haben doch alle mit unserem Kaufverhalten für die heutige Situation gesorgt.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @tantris Vollkommen richtig. Sehe ich ähnlich. Die Forderung nach Solidarität kommt ja immer erst dann auf, wenn man selbst von einer Verlustangst gepeinigt ist. Was den Musikern morgen widerfährt ist anderen Berufsgruppen ja schon immer widerfahren. Wo blieb da die aufrechte Empörung des Musikers?

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @tantris dem ist leider so. Auch wenn Loop-Libraries a la Garageband auf den ersten blick ein angenehmes Tool darstellen, es ist der Anfang vom Ende.
      P.S. In den USA sind „Alleinunterhalterkeyboards“ verboten! Warum? Weil sie im Handumdrehen mehrere Arbeitsplätze in Form von Schlagzeuger, Bassist, Gitarrist, Bläser etc. vernichten. In den Staaten sieht man nur entweder Barpianisten oder komplette Bands …

  8. Profilbild
    calvato

    So, jetzt mal meine 2Cent:
    Ich bin seit über 30 Jahren Berufsmusiker, zumindest im weitesten Sinne.
    Ich hatte 2 Tonstudios, war Arrangeur/Komponist/Produzent für große Studios & Majors, hab jahrelang Bands live gemischt, selbstverständlich in 8 Millionen Coverbands gespielt, ich unterrichte seit 20 Jahren (für eine entspanntere Nachtruhe, weil alle Fixkosten bezahlt werden können), war Begleitmusiker von größeren Acts, war bei einem großen Musical .
    Seit 15 Jahren sage ich mir ständig „Kacke, hättest du mal was „richtiges“ gelernt!“, habe ich aber nicht. Klar weiß ich, dass ich mit nem ordentlichen Hartz4-Satz nur wenig schlechter Leben würde, sparen konnte ich nie wirklich, an die Rente darf ich erst recht nicht denken.
    Aber immerhin hab ich sicher 100mal mehr erlebt und interessante Menschen getroffen als 90% der Normalos, ich kann im Grunde ein sehr zufriedenes, spannendes Leben vorweisen. Trotzdem wäre mein Traum, mir NIE WIEDER Sorgen um Geld machen zu müssen weil es ausreichend jeden Monat reinkommt. Naja, im nächsten Leben.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @calvato leider ein echter Klassiker. Du hast wenigstens den Beruf des „echten“ Musikers ausgeübt, die Zukunftsaussichten für diese Spezies sind schlechter denn je zuvor. Solange es dem Großteil der Musikfans schlicht egal ist, wie ihr Gedudel erzeugt wird und das Outfit der Musiker schon immer viel wichtig war als ihr musikalischer Output, wird die Musik der Zukunft zum Großteil aus Plug-And-Play mit Backingtracks und vorgefertigten Samples bestehen.

      Letztendlich müssen sich viele Musiker damit trösten, dass auch der Großteil des „normalen“ Arbeitnehmers immer den Traum hat, sich nie wieder Sorgen um das Geld zu machen. Einmal den Job verloren und nicht rechtzeitig zurück in ein Beschäftigungsverhältnis gefunden und es droht binnen kürzester Zeit Arbeitslosengeld 2.

      • Profilbild
        calvato

        @Axel Ritt Ja, „angestellt Beschäftigte“ haben auch ihre Sorgen und Existenzängste. Schon vor 10 Jahren hat man mir immer wieder gesagt „mach dir um deine Rente keine Sorgen, alle anderen kriegen auch keine“. Stimmt halt nicht so ganz, aber naja.

        Ich muss sagen, dass das, was du anführst („Outfit wichtiger als musikalische Kompetenz“ und „Backingtracks“) gar nicht so oft erlebt habe. Auf jeden Fall muss man sich seine Nische suchen und vermarkten (letzteres fällt mir zB immer sehr schwer), aber das klappt tatsächlich sogar ganz gut. Wir spielen zu zweit Rechnerunterstützt eine Art „Chillout“-Musik live, die auch gut von CD kommen könnte. Aber es gibt genug Leute, die lieber 2 Profis an den Instrumenten sehen als reines Playback.
        Image ist schon wichtig, ich bin auch von einem bekannten Rapper aus der Band geworfen worden, weil seine Fanbase fand dass seine Band zu alt sei.
        Je älter ich werde, desto mehr Blues mache ich, da passe ich wenigstens in die gängiugen Klischees :D

        • Profilbild
          Axel Ritt RED

          @calvato tröste dich, ich habe mal vor einiger Zeit Warner Brothers eine Band angeboten. Alle waren begeistert von den Songs, Handwerk etc., aber den Deal habe ich nicht bekommen, ich war zu alt.

          Ich war seiner Zeit 32 Jahre alt und es die interne Order, nur noch Künstler bis max. 25 Jahre zu signen …

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