Guitar Summit Reportage zu E-Gitarren
Hinter dem schönen Rosengarten Mannheims also hat sie die Pforten also geöffnet: Die diesjährige Guitar Summit, die aktuell wichtigste Gitarrenmesse Deutschlands. Die Veranstalter haben keine Mühen gescheut, ein umfassendes Programm zu bieten. Mit 25 Euro pro Tagesticket ist man gut bedient, wenn man bedenkt, dass mitunter DIY- und Gitarren-Workshops neben unzähligen Ständen angeboten werden – die perfekte Plattform für Networking und Szeneschnuppern also. Speziell die DIY-Workshops scheinen sich großer Beliebtheit zu erfreuen und waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Schade – da werde ich nächstes Jahr wohl ein bisschen schneller sein müssen.
Viele Namen – 450, um genau zu sein, übersichtlich verteilt über drei Stockwerke. Während im Erdgeschoss ausschließlich die Amp-Sektion residiert, befinden sich Gitarren und Effektpedale in den anderen drei Stockwerken. Stockwerk eins und zwei sind in erster Linie den Gitarren vorbehalten, wobei sich durchaus der eine oder andere Amp-Hersteller unter die Stände gemischt hat. Im dritten Stockwerk findet sich neben den akustischen Gitarren dann die umfassende Riege internationaler Pedal-Hersteller. Doch in diesem Teil soll uns vor allem eins beschäftigen, was es in Sachen Gitarren alles an Highlights gab.
Jetzt sind die Gitarrenbauer unterteilt in Boutique und Nicht-Boutique. In meinem Rundgang habe ich keine allzu strenge Trennung dessen vorgenommen, sondern habe mich der Reihe nach durch die Stände gearbeitet, um euch diesen kleinen Querschnitt der Guitar Summit 2019 präsentieren zu können – ein umtriebiges, enorm vielseitiges Event, das mir insgesamt gut in Erinnerung bleiben wird.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Ibanez
Der Ibanez-Stand ist, wie der Stand der meisten anderen großen Namen ebenfalls, eher eine Spiel-Lounge als ein Präsentations-Medium aktueller Neuheiten. In der Mitte vier Kemper Racks, angereichert mit einem Mini-Board bestehend aus den aktuellen Tubescreamern der Firma – et voila. Der Andrang war jedenfalls groß.
Ein kleiner Querschnitt aktueller Modelle fehlt natürlich nicht: Die Firma hat in den letzten Jahrzehnten selbstredend ein beachtliches Arsenal aufbauen können, dessen wichtigste Vertreter auch hier nicht fehlen, wobei klar scheint: Ibanez nutzt die Guitar Summit, um vorwiegend seine aktuellen Signature Modelle zu präsentieren. Nett anzuschauen, aber auch ein bisschen berechenbar.
Was besonders hervorsticht: Die Ibanez Prestige AZ2204, in feinem, hellblauem Teint, von der weltweit nur 50 Stück gebaut worden sind. Eine echte Rarität mit Seymour Duncan Pickups und Erlen-Body. Das war es dann aber auch mit den Besonderheiten des Ibanez-Booths. Arm an Überraschungen also.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Maybach Guitars
Einer der wichtigsten, deutschen Gitarrenbauer der „neueren“ Generation sind zweifelsohne Maybach Guitars. Die Firma hat viel investiert in ihre Marke – Arbeit, Prestige, Kreativität und dabei zweifelsohne an Profil gewonnen. Vor geraumer Zeit schon ist man von den größeren Händlern in den Katalog genommen worden – zweifelsohne ein wichtiger Schritt für die Firma aus Kirchheim.
Doch worauf besonders auf der diesjährigen Guitar Summit Wert gelegt wird: Zu zeigen, wie selbstbewusst man inzwischen mit der eigenen Identität umgeht. Denn Maybach sind den für jede Gitarrenfirma so wichtigen Schritt gegangen und haben ein eigenes Modell rausgebracht. Die Zeit ist reif für die Marilyn. Eigenständiges Design, ein weicher Hybrid zwischen Paula und Strat mit Amber Spirit 59 Pickups, feiner Fichtendecke und offenporigem Mahagoni. Eine Herzensangelegenheit für Maybach und ein echter Hingucker.
Auch neu, wenn auch nicht basierend auf einem völlig neuen Design: Die Little Wing, ein Paula Modell der Maybach Lester Series und Amber P 90 Pickups, am ehesten vergleichbar mit dem Goldrush Modell der Firma.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren: Strandberg Guitars
Einen anderen, durchaus bahnbrechenden Ansatz verfolgen Strandberg. Die industrial design perspective vereint einen Ansatz zwischen Ergonomie und Ästhetik, der sich distinkt von fast allen anderen Gitarrenbauern der Messe abgrenzt. Per Nilsson (der die letzten Jahre die eigentlich unmögliche Aufgabe übernahm, Fredrik Thordendal von Meshuggah in ihren Live Shows zu ersetzen), Plini oder Paul Masvidal: Strandberg Guitars werden von vielen internationalen Künstlern gerne und immer öfter genutzt. Mehrere grundlegende Modelle kommen bei Strandberg Guitars zum Einsatz, wobei die zwei wichtigsten zweifelsohne die Original und die Classic Series sind.
Die Classic Series besitzt sowohl sechs- als auch siebensaitige Modelle, deren Body zum größten Teil mit einer Kombination aus Sumpfesche und Palisander auskommt – was die Gewichtsreduktion zusätzlich ermöglicht.
Des weiteren ist die Aluminium-Hardware der Firma ebenfalls bewusst serienmäßig in sämtlichen Modellen verbaut. Auch das sorgt dafür, dass die Strandberg Guitars die Marke von 3,2 kg selten überschreiten. Darüber hinaus sorgt die Aluminium-Hardware ebenfalls für eine durchaus wünschenswerte Klangresonanz.
In der Standard Series wiederum sind über weite Teile Linde mit einer Ahorn-Decke verbaut. Auch was die Pickups angeht, arbeitet Strandberg in Eigenregie und verbaut sowohl in der Standard als auch in der Classic Series eigens hergestellte Tonabnehmer, deren Spezifikationen auf der Website entnommen werden können. Ungewohntes Gefühl, auf einer Strandberg zu spielen aber fühlt sich schon verdammt gut an – rein vom Design her ungemein zugänglich. Verdammt coole Sache.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren: Gamble Guitars & Baboushka Guitars
Auch wieder mit dabei auf der diesjährigen Guitar Summit: Die Jungs von Gamble Guitars, die in den letzten Jahren mit ihren Custom-Modellen und dem individuellen Stil inzwischen kaum aus der deutschen Gitarren-Szene weggedacht werden können. Durch die Selbstanfertigung und der individuellen Handarbeit waren die Gamble Guitars alles andere als erschwinglich. Das scheint sich der Kopf Sascha Proske auch gedacht zu haben und in den 12 Monaten vor allem daran gearbeitet, eine Gitarre fertigzustellen, die unter 2000 Euro verkauft werden kann.
Die Spade One kommt ganz getreut der Gamble Guitars Ästhetik daher und dürfte sich zwischen 1800 und 2000 Euro einpendeln. Ein nicht zu verachtender Preis-Unterschied zu den ansonsten bis zu 2700,- Euro teuren Modellen der Rockfire Serie.
Auch Baboushka Guitars sind wieder dabei, die im Zuge des 50 jährigen Woodstock-Jubiläums die Gelegenheit nicht verstreichen lassen und ihre psychedelischen, einzigartigen Top-Designs präsentieren, in denen zum Teil über zweihundert Jahre altes Kiefernholz verarbeitet ist.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Framus
Auch Framus sind auf der Guitar Summit anzutreffen. Wir haben uns in der jüngsten Vergangenheit vielen Tests der Gitarrenmodelle der Firma gewidmet – ich persönlich bin zu einem großen Fan der Marke geworden. Aushängeschild ist zweifelsohne die Panthera, deren neuestes Modell wir uns kommende Woche mit einem Test widmen werden.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Zerberus Guitars
Gitarren aus Marmor und Kalzit, die nicht mal 3,6 kg wiegen? Zerberus Guitars vollbringen bereits seit geraumer Zeit dieses kleine Bauwunder. Ebenfalls integriert sind bei den meisten Mahagoni mit Langkammern, doch worauf es vor allem ankommt, ist das der Onyx Fantastico, eine ganz besondere Form von Kalzit, die dafür sorgt, dass trotz des Verarbeitungsmaterials das Gewicht von 3,6 Gitarren nicht überschritten wird. Das eigenwillige, aber ansprechende Resonanzverhalten der Zerberus Gitarren ist nur eine der Folgen dieser individuellen Bauweise.
Doch es nicht immer der Stein und die Marmor-Decken, welche die Zerberus Gitarren besonders machen. Das Aushängeschild auf der diesjährigen Guitar Summit ist die Nemesis, die ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit vollständig und komplett aus Bambus-Holz gebaut ist – selbst das Griffbrett. Die Nemesis soll den Anfang der Green Planet Reihe machen, deren Modelle ausschließlich aus Bambus und anderem, schnell regenerierendem Material bestehen sollen – da hat wohl jemand die Zeichen der Zeit erkannt. Kammerstein Hotrails Pickups runden das Ganze ab und während Body und Bau-Features in Korea angefertigt werden, übernimmt Frank von Zerberus Guitars die Integration der Elektronik. 1800 Euro kostet die Nemesis, von denen die ersten 26 demnächst an den Mann gehen sollen.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Jens Ritter
Natürlich ist eine derartige Gitarrenmesse nicht ohne die edlen, eigenwilligen und über weite Teile zutiefst kreativen Modelle von Jens Ritter denkbar. Der gute Mann hat für die Guitar Summit seine schönsten Schätzchen ausgepackt und ein paar Worte zu der ursprünglichen Inspiration verloren, die ihn dazu anleitete, überhaupt erst zum Gitarrenbauer zu werden: „Kein Geld um ’ne Gitarre zu kaufen.“ So bodenständig das anmutet, ist die Ernte dieser gedanklichen Saat mehrere Jahrzehnte später an Extravaganz kaum zu überbieten. Ich zumindest ertappe mich dabei, die guten Stücke lange anzustarren und mich kaum zu trauen, sie zu anzufassen.
Der Princess Isabella Concept Bass ist eins der diesjährigen Aushängeschilder – wobei es schwierig ist, da einen echten Favoriten zu wählen, da alle Gitarren von Jens Ritter traditionell mit unheimlich viel Liebe zum Detail daherkommen. Gold finish mit echten Gold-Pigmenten? Kein Problem für Ritter.
Wenn es aber nach Jens geht, steht sein diesjähriger Favorit jedoch fest: Die Porsch Gitarre aus rotem Zeder die – man glaubt es kaum – nur 2,3 kg wiegt und entsprechend federleicht in der Hand liegt. Wie gesagt – gebaut aus rotem Zeder, mit einem Hals aus westindischem Mahagoni und Custom-Pickups, made by Häussel und mit Hardware und Elektronik aus bestem Hause. Ein definitives Schätzchen!
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Hapas Guitars
Ein persönlicher Favorit von mir, gleich neben dem Booth von Neural DSP, sind die Hapas-Jungs aus Berlin, die es sich auch dieses Jahr nicht nehmen lassen, auf ihrem Stand ihre bisherigen Hotseller und Neuheiten zu präsentieren. Wer sich erinnern mag: Den Anfang des Erfolges der recht jungen Firma machte die Kayzer – eine formidabel klingende Allrounder Gitarre der härteren Gangart. Ein weiterer Hotseller war zweifelsohne die Sludge, die inzwischen sogar vom Korn-Gitarristen Munkey auf der neuesten Platte Verwendung fand. Und wie viele, junge Gitarrenbauer trauen sich heutzutage was? Wenige. Man kommt also gar nicht umhin, die durchaus erfolgreichen Gehversuche der Firma sympathisch zu finden.
Das diesjährige Aushängeschild sind gleich zwei Gitarren: Die Magician, die als Sechssaiter, Siebensaiter oder Bariton rauskommt, ein regelrechtes Biest einer Gitarre, sowie die „kopflose“ Torandt, benannt nach einer indischen Legende über grausame, unlösbare Rätsel und geköpfte Männer. Hapas Guitars bleiben am Ball und die deutsche Szene ist dadurch um einen zeitgemäßen, originellen Hersteller reicher. Und es ist nicht nur der sympathische Nimbus, der einen aufgeschlossen sein lässt. Fest steht: Die Hapas Gitarren klingen tatsächlich, nun ja…geil. Wird jedenfalls Zeit, dass sich die Jungs eine anständige Web-Präsenz zulegen!
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Hagstrom Guitars
Ein weiterer Name, der auf keinen Fall fehlen darf, sind natürlich die schwedischen Hagstrom Guitars, die zuletzt mit ihrem aktuellen Aushängeschild, der Super Swede Limited bei uns im Test waren. Seit sechszig Jahren sind Hagstrom vorwiegend mit ihren Bariton- und Paula-Modellen vertreten und verlagerten zuletzt ihr Produktionsstätten in den asiatischen Raum, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Der Qualität der Hagstrom-Gitarren hat das, will man erwähnt haben, nicht immer gut getan, eine feste Bank auf dem europäischen Markt sind die Schweden trotzdem geblieben. Man ist vor allem im Hard-Rock-Bereich relevant geblieben und findet bis heute vor allem auf dem britischen Markt eine hohe Zahl an Abnehmer.
Guitar Summit 2019, E-Gitarren – Yamaha
Ähnlich wie bei Ibanez gilt auch hier – Spiel-Lounge statt klassischem Booth. Die Auswahl an den Yamaha Gitarren ist allumfassend und lückenlos, aber worauf die Firma einen besonderen Augenmerk zu legen scheint, ist die kreative Zusammenarbeit der im Jahre 2014 übernommenen Line6. Beide Firmen geben sich die Klinke gegenseitig in die Hand – während Yamaha ein traditionsreiches Fundament bildet, sind Line6 die kreativen Innovatéure der Kollaboration.
Entsprechend war der Booth auch so aufgebaut: Yamaha Gitarren, die über die Helix Floorboards von Line6 angespielt werden konnten und auf diese Art und Weise die Sinnhaftigkeit der Kollaboration zwischen den beiden Namen unterstrichen. Das Helix Floor war also von der Partie, das Helix LT sowie der HX Stomp – allesamt Geräte, auf die wir uns in der Gitarren-Redaktion freuen. Ich persönlich sehe kein Problem mit derartigen Booths – manchmal reicht es, auf das bestehende aufmerksam zu machen und einfach an der Spielfreude der Messebesucher zu appellieren.
Guitar Summit 2019 – Sennheiser
Klar, natürlich handelt es sich bei Sennheiser nicht um einen Gitarrenhersteller. Doch der diesjährige Booth befindet sich in Gitarren-Nähe und das hat den einfachen Grund, dass das diesjährige Aushängeschild zweifelsohne die XSW-D-Reihe ist, die wir uns bereits ausführlich in einem Test angesehen haben – eine Kombination aus Funkstrecke und Tuner, das als Pedalboard-Set das Kabelgewirr von früher obsolet und unnötig macht.
Die Devise ist: Verlässlichkeit um jeden Preis. Der Sound durch das Funksystem soll nie wegbrechen und im Klangcharakter keinerlei Unterschiede zur regulären Handhabe mit Kabel aufweisen. Unser Tester Axel Ritt fand, dass das auf jeden Fall gegeben war, dass der Sound komprimierter und lauter sogar noch durchkommt als auf dem herkömmlichen Wege, mit einer nicht nennenswerten Latenz von 4 Millisekunden. Eine rundum zufriedenstellende Lösung und eine Sennheiser-typische Qualitäts-Referenz für die Zukunft. Ich persönlich bin den Schritt mit derartigen Funkanlagen noch nicht gegangen und werde mich wohl noch ein paar Jährchen mit meinem Kabelgewirr abfinden müssen.
Guitar Summit 2019, Gitarren – Thomas Guitars
Zu guter Letzt machte ich einen Stopp bei Thomas Guitars, die mit ihrer dunklen Akustikgitarre aus dem legendären Tree-Holz einen echten Hingucker parat hatten. Manchmal erzählen Gitarren eben doch eine Geschichte. Die Decke der akustischen Gitarre besteht aus Fichte, die fast 3000 Jahre alt ist und unter einem Gletscher lagerte. Seltsam und nicht ganz einfach, sich das Instrument anzusehen und sich diesen Umstand bewusst zu machen.
Beim näheren Hingucken lassen sich anhand der Wachstumsringe des Baumes Witterungsverhältnisse ablesen, die zum Teil mehrere tausend Jahre lang zurückliegen. Breite und dunkle Rillen zeugen von warmen, klimatischen Bedingungen, die das Holz ausdehnten, während die dünnen Rillen von kühlen Temperaturen oder sogar Eiszeiten zeugen. Natürlich war mir die Gelegenheit nicht gegeben, das gute Stück anzuspielen – zugegeben, das hätte mich auch ein wenig nervös gemacht, aber man kommt nicht umhin sich vorzustellen, wie es wäre, eine Gitarre zum Klingen zu bringen, die aus so altem, geschichtsträchtigem Holz besteht.
Guitar Summit 2019 – ein Zwischenfazit
Es liegt auf der Hand: Die Guitar Summit 2019 hat die Lücke, welche die Frankfurter Musikmesse hinterlassen hat, mühelos gefüllt. In den Booths herrscht reges Treiben – Gespräche, Networking, Austausch, egal wo man hinschaut. Da wird einem schon ein bisschen warm ums Herz. Die Neugier ist groß, die Aufgeschlossenheit ebenfalls – mein Eindruck zumindest ist, dass die Messebesucher und Ausstellern zufrieden mit der Leistung der Veranstalter sind, welche die Lücke erkannten, die die Frankfurter Messe zunehmend hinterließ. Man hat sich alle Mühe gegeben und das Who is Who der Gitarrenwelt eingeladen – insofern chapeau und bitte weiter so. Man darf davon ausgehen, dass in naher Zukunft weitere, große Namen die bisherigen 450 Aussteller ergänzen werden.